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-- Hauptquelle: Markus Heiniger: Dreizehn Gründe. Warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, Limmat-Verlag, Zürich 1989
-- Webseiten
Beginn der Planung zu Selbstzerstörungen - Verdunkelung zugunsten des Reichs - Guisans Plan zu noch mehr Anpassung wird abgelehnt - obligatorischer militärischer Vorunterricht abgelehnt - englische Bomben auf die Schweiz - Bezeichnung der Betriebe zur Selbstzerstörung
Erst im Herbst 1940 beginnt die Planung, welche Betriebe bei einem Angriff von aussen von einer Selbstzerstörung betroffen sein sollen. Die Eisenbahnlinien durch Zerstörung zu blockieren bleibt 1940 völlig unmöglich (S.172). Im Oktober 1940 ergibt eine Bestandsaufnahme, dass erst etwas mehr als 1000 Sprengobjekte fertig sind. 51 befinden sich im Bau und fast 2500 existieren erst als Projekte auf dem Papier (S.172-173).[108]
Bis 1945 ist die Selbstzerstörung von fast 3000 Objekten vorbereitet ("Sprengobjekte" wie Brücken, Viadukte, Tunnels, enge Wegstellen etc.). Dazu kommen "rund 3200 Tankbarrikaden und andere Hindernisse", 290 Festungsgeschütze, 1410 Infanteriewerke und Infanteriebunker mit Panzerabwehrkanonen oder Maschinengewehren. Aber ebe, 1940 isch da no so vil wi nüüt gsii. Schritt für Schritt werden Schlüsselobjekte für die Selbstzerstörung präpariert, z.B. der Gotthardtunnel und der Simplontunnel [web01].
Das bekannteste Sprengobjekt im Zweiten Weltkrieg (und danach) waren der Gotthardtunnel, bzw. waren die Gotthardportale des Eisenbahntunnels
durch den Gotthard. Das Foto zeigt das Nordportal in Göschenen [1] Aber noch 1941 war da nichts sprengbar...
Ab dem 7.November 1940 wird auf wiederholten deutschen Druck hin auch in der Schweiz die Verdunkelung von 22 bis 6 Uhr eingeführt (S.174), um alliierten Flugzeugen bei Nacht die Orientierung auf dem Kontinent zu verunmöglichen (S.174-175).[109] Schlimmer könnte die Kollaboration nicht mehr sein, denn durch die Aufhebung der Markierung der Grenze entfällt damit jeglicher Schutz auf Neutralität. Englische Flieger können sich fortan auf "irrtümliche" Angriffe berufen (S.175).[110] Dem Volk selbst wird die Verdunkelung sogar als "einzig sinnvoller Weg einer Landesverteidigung" verkauft... (S.176). In der Folge wird die Schweiz mehrmals von englischen Flugzeugen bombardiert (S.97).
Im November 1940 schlägt Guisan wiederholt die noch engere "collaboration" mit Hilfe einer Spezialmission unter Leitung von C.J. Burckhardt vor. Aber auch Besprechungen mit Pilet-Golaz haben keinen Erfolg. Guisan kann sich nicht durchsetzen (S.204).
Im Dezember 1940 wird der militärische Vorunterricht vom Stimmvolk deutlich verworfen. Nur die Kantone Zürich, Solothurn, Basel, Schaffhausen und Genf stimmen der Vorlage zu (S.201).
Am 23. Dezember 1940, einen Tag vor Weihnachten, treffen englische Bomben Teile von Zürich: das Industriequartier, Höngg und Örlikon, bei einem Todesopfer, 11 Verletzten und Häuserzerstörungen (S.97).
Zürich, der Wipkinger Eisenbahnviadukt [2]
Die alliierten Bomben von 23. Dezember 1940 in Zürich trafen den Wipkinger Eisenbahnviadukt, bei einem Toten und mehreren Verletzten [web02]. Über diesen Eisenbahnviadukt läuft der gesamte Eisenbahnverkehr in Richtung Schaffhausen-Stuttgart und in die Ostschweiz in den Bodenseeraum bis München [web03].
Ausserdem wurde die Zahnradfabrik Maag von über 50 Brandbomben getroffen [die ebenfalls im Bereich der Bahnlinie liegt, ca. 150 Meter vom Viadukt entfernt]. Die alliierten Bomber hatten Zürich mit Mannheim verwechselt, wo die Motorenwerke getroffen werden sollten. Die Gerüchte in Zürich meinten, die Alliierten hätten den Angriff auf Zürich sorgfältig geplant, weil die Kohlentransporte aus dem Reich nach Italien über den Viadukt liefen, und weil Maag Rüstungsmaterial an das Dritte Reich lieferte [web02].
Zürich, der Wipkinger Eisenbahnviadukt auf dem bearbeiteten Satellitenfoto [3]
Dieser bogenförmig angelegte Viadukt war einer der beiden "Arme" der Eisenbahnausfahrten aus dem Hauptbahnof Zürich (auf der Karte als "Shop Ville" bezeichnet, wegen dem mehrstöckigen, unterirdischen Einkaufszentrum unter dem Bahnhof).
Normalerweise flogen die Alliierten in den Jahren 1940 und 1941 nur bei Vollmond, weil sie die Radartechnik noch nicht besassen. Wenn sich Bomberpiloten verflogen hatten, waren sie gehalten, ihre Bomben auf irgendeine zerstörerische Weise abzulassen. Die Bomberbesatzungen waren ausserdem darauf trainiert, Bahnhöfe zu treffen und die Bahnhöfe an den vielen glitzernden Geleisen zu erkennen. Es kann angenommen werden, dass die Bomberbesatzung am Ende einfach ein "auffälliges Objekt" treffen wollte, und dieser Viadukt war von oben betrachtet tatsächlich sehr auffällig.
Auf dem unbearbeiteten Satellitenfoto sieht man noch besser, wie auffällig dieser Viadukt ist:
Zürich, der Wipkinger Eisenbahnviadukt auf dem unbearbeiteten Satellitenfoto [4]
Ende 1940 beginnt der Territorialdienst der Armee damit, die wichtigen Betriebe zur Selbstzerstörung zu bezeichnen (S.171).[111] Dabei ist beispielsweise bei der Direktion von Örlikon-Bührle der Grad der Zerstörung umstritten in dem Sinn, dass "nichts übertrieben werden" solle, wobei Direktionspräsident Hans Schindler gleichzeitig vor Halbherzigkeit warnt, die sonst auf die Soldaten demoralisierend wirken würde (S.172).[112]
Die deutsche Luftflotte verliert die "Schlacht um England", und der Russlandfeldzug soll als "Blitzsieg" erfolgreich abgeschlossen werden, um mit den Rohstoffen gegen England zu gewinnen.[113]
Die deutschen Zerstörungen in England werden bis heute unterschätzt. Was die deutsche Nazi-Luftwaffe unter Göring in England angerichtet hat, wird bis heute unterschätzt und in den mitteleuropäischen Geschichtsbüchern kaum berichtet. Ganze Städte wurden ausgelöscht, die zum grossen Teil gar keine Verteidigungsanlagen hatten und niemandem etwas getan hatten. Der englische Widerstand unter Churchill gegen die Grosskotzer Göring, Goebbels und Hitler galt in der Schweiz meist als vorbildlich. Die informierte schweizer Oberschicht wusste, dass es gegen Russland ging (der "Germanenzug" ist in Mein Kampf beschrieben) und sympathisierte weiterhin mit der Wehrmacht gegen den Kommunismus ohne zu berücksichtigen, was in Polen geschah [web03].
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[108] Roesch, Werner: Bedrohte Schweiz, S.57f.
[109] Senn, Hans: Aspekte; In: Roulet/Blättler (Hg.): Etats 1985, S.72
[110] ebda., S.70
[111] Léderry, E.: Entwicklungen; In: Kurz, Hans Rudolf (Hg.): Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg 1959, S.219
[112] in: Jaun, Rudolf: Management 1986, S.361
[113] Gerlach, Christian:
Kalkulierte Morde 1999, S.1-100
Webseiten-Quellen
[web01]
http://www.festung-oberland.ch/Infrastruktur/Sprengobjekte/Sprengobjekte.html
[web02]
http://de.wikipedia.org/wiki/Alliierte_Bombenabwürfe_auf_die_Schweiz
[web03] Beobachtung Palomino
[web04]
http://www.nexusboard.net/sitemap/6365/waffenbruder-finnland-t297308/
Fotoquellen
[1] Zürich, Wipkinger Viadukt:
http://conapro.ch/chreisfoif.ch/projekte/projekte.html
[2] Zürich, Wipkinger Eisenbahnviadukt und Areal der Firma
Maag, bearbeitetes Satellitenfoto: http://maps.google.ch/
[3] Zürich, Wipkinger Eisenbahnviadukt mit Hauptbahnhof,
unbearbeitetes Satellitenfoto:
[4] Gotthartunnel, Portal des Eisenbahntunnels:
http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/536193 ;
http://de.academic.ru/pictures/dewiki/71/Gotthardbahn05.jpg