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Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg
7. Tarnfirmen - "Vorunterricht" - Nachrichtendienste - Kredite für das Dritte Reich - Internierte - Freeze - Widerstand und Zensur - Kreditmilliarde - die Schweiz von Januar bis Mai 1941
von Michael Palomino (1998 / 2004 / 2010)
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aus:
-- Hauptquelle: Markus Heiniger: Dreizehn Gründe. Warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, Limmat-Verlag, Zürich 1989
-- Webseiten
1941
Tarnfirmengründungen
1940/1941 erfolgt eine erste Welle von Tarnfirmengründungen der deutschen Nazi-Grössen in der Schweiz. Es wird allgemein zu dieser Zeit schon ein Kriegseintritt Amerikas befürchtet (S.136).[114]
Briefkastenanlage [1].
Zur Gründung einer Tarnfirma ("Briefkastenfirma") braucht es einen Briefkopf, Briefpapier, ein Bankkonto, einen Stempel, und einen unauffälligen Briefkasten, z.B. innerhalb einer grossen Briefkastenanlage. Die reichen Nazis, die jetzt schon den Zweifrontenkrieg voraussahen, gründeten in der Schweiz jetzt schon ihre Tarnfirmen, oft mit der Hilfe schweizer Anwälte...
Die Nachrichtendienste beginnen, sich in der Schweiz zu etablieren, darunter der deutsche Doppelagent Rudolf Roessler und das schweizerische "Büro Hausamann", kurz "Büro Ha" (S.144). Weitere führende Mitglieder der schweizer Nachrichtendienste sind Major Max Waibel und Major Alfred Ernst (S.145).
1940 / 1941: Luzern wird zum Nachrichtenzentrum gegen das Dritte Reich
Luzern mutierte ab 1940 zum geistigen Widerstandszentrum gegen das Nazitum (ganz im Gegensatz zu Davos, das ein Nazizentrum war). Hier sind einige Details über die Struktur der schweizerischen Geheimdienste, die gegen das Dritte Reich agierten. Die Konzentration in Luzern scheint eher ein Zufall gewesen zu sein, ausgelöst von Roessler und von Max Waibel, die beide in Luzern arbeiteten. Ein Spiegel-Artikel meint ("Zehn kleine Negerlein", 1967), die Nachrichtengruppe sei eine "geheime Rote Armee" gewesen, mit Genf und Luzern als Zentren. Deutsche Offiziere verrieten brandheisse Informationen aus der Wehrmachtsführung an schweizer und deutsche Widerstands-Nachrichtendienstler in Luzern, die die Info nach Gulag-Moskau weitergaben. Gulag-Moskau hatte die Info oft sogar vor den deutschen Generälen auf dem Tisch [web10].
Rudolf Roessler war im Ersten Weltkrieg ein jugendlicher Zugführer und machte dann die Ausbildung als Zeitungsredakteur [web01]. Bald war er dann er in Deutschland ein bekannter Literaturkritiker und Herausgeber deutscher Theaterzeitschriften in Berlin [web02] und pflegte die direkte Beziehung zur Familie von Thomas Mann in München [web10]. Roessler hatte einen sehr disziplinierten Lebensstil, und war gleichzeitig durch und durch ein Humanist [web01]. Nach Hitlers Machtübernahme wurde Roessler aller seiner Posten enthoben und flüchtete (1934 [web10]) in die Schweiz nach Luzern. In Luzern gründete Roessler den Kleinverlag "Vita Nova", der Werke deutscher Schriftsteller publizierte, die in Deutschland verboten waren [web10]. Seit 1937 war Roessler staatenlos [web11]. Roessler behielt aber seine Kontakte zu Deutschland [web02] und arbeitete ab 1939 für den Schweizerischen Nachrichtendienst (ND) unter Roger Masson [web10]. Zwei Generalstabsoffiziere Hitlers suchten Roessler im Sommer 1939 persönlich auf und verkündeten, dass Ende August Polen überfallen werde. Die Generalstabsoffiziere betrachteten Roessler als ihr "Gewissen" im Sinne, alles zu tun, damit Hitler den Krieg verliere [web10]. Roessler betrieb mit seinen Beziehungen nun einen Nachrichtendienst über die wahren Zustände im Dritten Reich und an den Kriegsfronten [web02] mit Meldungen, die direkt von Hitlers Generalstabsoffizieren stammten [web10], die an die schweizer Abwehr [web03] und nach London und Moskau weitergegeben wurden [web02]. Der Gulag-sowjetische Geheimdienstchef bewertetet des Öfteren Roesslers Informationen als "wichtig und wertvoll", und lässt auch des Öfteren direkt bei Roessler nachfragen [web10].
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Rudolf Roessler, Portrait [7]. Roessler, ein humanistischer, deutscher Literat, agierte als Scharnier für direkte Informationen aus dem Dritten Reich und gab diese an den schweizer Geheimdienst und an Gulag-Moskau weiter
Roessler war diejenige Person, die für Hausamann und den schweizerischen Nachrichtendienst gleichzeitig arbeitete. Sein Angestellter Schneider soll Roessler dazu überredet haben, dass Informationen auch nach Gulag-Moskau weitergeleitet werden sollten. Roessler bildete mit den beiden Genfer Nachrichtendienstlern Radó und Pünter ein antifaschistisches Nachrichten-Trio. Roessler lieferte direkte Informationen aus den drei Oberkommandos der Wehrmacht. Pünter lieferte Informationen von heimlichen Neo-Gaullisten in Vichy-Frankreich. Und Radó hatte seine drei geheimen Kurzwellen-Funkstationen bei Kollegen (ein geheimer Sender hinter einem Wandbild in Genf, ein zweiter Sender in einem Plattenspieler ebenfalls in Genf, und ein dritter geheimer Sender in einer Schreibmaschine in Lausanne) [web10].
Christian Schneider war ab 8 Jahren Vollwaise, schloss im Ersten Weltkrieg das Notabitur ab und wurde als junger Absolvent noch in den Krieg eingezogen. Dann studierte er Politikwissenschaften und schloss diese mit Dr.-Titel ab. Nach einer kurzen Tätigkeit als Redakteur bei der Gladbecker Zeitung zog er nach Genf, wo er 1926 bis 1939 als Übersetzer für das Internationale Arbeitsamt (IAO) tätig war. In Genf waren seine Freunde u.a. Rachel Dübendorfer und Paul Böttcher (ein kommunistisches Pärchen [web10]). Nach der Reduktion des Personals beim IAO anfangs des Krieges meldete er sich 1940 [web09] auf eine Chiffre-Anzeige von Rudolf Rössler, wo ein "Mitarbeiter mit guter Allgemeinbildung" für den Vita-Nova-Verlag gesucht wurde. Schneider wurde offiziell der Assistent Roesslers beim Vita-Nova-Verlag [web10] und erhielt regelmässig Briefe Roesslers zugeschickt. Schneider arbeitete auch für Hans Hausamanns "Büro Ha". Mit Hilfe von Dübendorfer und Böttcher in Genf konnte er militärische Nachrichten nach Gulag-Moskau weiterleiten [web09]. Schneider reiste nun wöchentlich mehrmals nach Luzern, um von Roessler neue Informationen zu erhalten [web10], die dann vom kommunistischen Gulag-Chefagenten Sándor Radó in Genf sortiert wurden. Code-Namen waren u.a. "Werther" für das OKW, "Olga" für das OKL [web09] bzw. für das "Allgemeine Heeresamt", "Anna" für "Auswärtiges Amt", Roessler war "Lucie", Schneider war "Taylor", Dübendorfer war "Sissy", Radó war "Dora", der sowjetische Geheimdienstchef in Gulag-Moskau hiess "Direktor" etc. [web10].
Hans Hausamann, der Inhaber der Fotogeschäftskette, verlegte 1940 seinen Pressedienst "Büro Ha" von Teufen [web04] in die Region Luzern in die Villa "Stutz" in Kastanienbaum [web10], um mit Christian Schneider von der Nachrichtenagentur von Rudolf Rössler direkt zusammenzuarbeiten [web04]. Das "Büro Ha" wurde nun in "Pilatus" umbenannt [web07] bzw. wurde in den Geheimdiensttexten mit dem Codewort "Pilatus" bezeichnet [web08, web10]. Hausamann hatte sich als Nachrichtendienstler gegen die Nazi-Herrschaft in Europa einen guten Ruf erworben und war inzwischen militärischer Berater der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SPS), mit Einverständnis von Bundesrat Minger. SP-Repräsentanten im Nationalrat wie Oprecht, Bringolf und Meierhans vertrauen Hausamanns Nachrichtendienst [web06]. Hausamann dirigierte etwa 80 Agenten, die u.a. direkte Informationen aus der Reichsführung SS besorgten. Hausamann belieferte damit alle Kriegsgegner des Dritten Reichs, auch den russischen Nachrichtendienst GRU [web04]. Kurze Zeit war Hausamann auch dem Schweizerischen Nachrichtendienst (ND) unterstellt. Bis 1945 lieferte Hausamann der Schweiz und Alliierten rund 30.000 Informationen [web10].
Max Waibel, geboren in Basel, hatte Politikwissenschaften studiert (Dissertation 1923) und entschied sich dann für die Militärlaufbahn, war ab 1927 Instruktionsoffizier am Waffenplatz Luzern, war ab 1935 im Generalstab, wurde 1938 an die Kriegsakademie nach Berlin geschickt [web05]. Dort absolvierte er den Lehrgang für Generalstabsoffiziere und knüpfte wichtige Kontakte [weg10]. Er kam nach Kriegsausbruch 1939 in die Schweiz zurück, wo er die Leitung der "Nachrichtensammelstelle Rigi / Luzern" übernahm. Nach der Offiziersrevolte gegen eine schweizer Kapitulation 1940 und einer kurzen Verhaftung wurde Waibel Major [web05] und baute für den Schweizerischen Nachrichtendienst einen eigenen Geheimdienst gegen das Dritte Reich auf (Deckname "Rigi") [web10], bzw. die Nachrichtendienstliche Sektion 1 (NS-1, Rigi) der schweizer Armee [web05]. Zitat Weibel: "So zog ich denn am 15. November 1939 -- es war gerade die erste Verdunkelungsübung -- sozusagen unbemerkt im (Luzerner Hotel) Schweizerhof ein und gründete mit einem Offizier und einem Soldaten als Gehilfen die Organisation". Waibel unterhielt die Spionagelinie "Wiking" mit direkten Informationen aus Hitlers Führerhauptquartier und aus anderen militärischen Kommandostellen und Reichsministerien. Einer seiner Mitarbeiter wurde Wirtschaftsjournalist J.C.Meyer, der bis Ostern 1940 Korrespondent der NZZ in Berlin war und dann ausgewiesen wurde, mit direkten Beziehungen zum "bestinformierten Journalisten" und späteren Bundesminister Ernst Lemmer [web10]. Waibel gab den Auftrag an Christian Schneider (Roessler, Büro Ha), "militärisch relevante Informationen" auch nach Moskau weiterzugeben [web05].
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Max Waibel [2], Leiter der Nachrichtendienstlichen Sektion 1 (NS-1, Rigi) der Schweizer Armee, soll Schneider den Auftrag gegeben haben, Informationen auch nach Moskau zu senden [web05].
Alfred Ernst führte im schweizerischen Nachrichtendienst das "Büro D" ("Büro Deutschland"). Seine Hauptbeschäftigung war es, deutsche Zeitungen auszuwerten. Er vertraute dabei den Informationen aus dem "Büro Ha" [web06].
Die Zeitschrift "Der Spiegel" schilderte in einem Artikel von 1972 ("Werther hat nie gelebt") die Tätigkeit von Hans Hausamann, Max Waibel und Alfred Ernst. Der Artikel handelt vom ungarischen Geheimdienstleiter Radó in Genf (Buchempfehlung: Sándor Radó: "Deckname Dora", Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart; 450 Seiten).
<Der Teufener Photohändler und Miliz-Hauptmann Hans Hausamann, ein eifernder Advokat Schweizer Wehrfreudigkeit, hatte Mitte der dreissiger Jahre unter dem Tarnnamen "Büro Ha" aus eigenen Mitteln einen privaten Geheimdienst geschaffen, der gutinformierte NS-Gegner in Deutschland als V-Männer unterhielt und auch Beziehungen zu fremden Geheimdiensten besass.Bei Kriegsausbruch wurde das Büro Ha dem offiziellen Schweizer Geheimdienst in lockerer Form attachiert: der Nachrichten-Sektion in der Generalstabsabteilung des Eidgenössischen Militärdepartements. Sie unterstand dem Oberstleutnant Roger Masson, der freilich keine allzu bezwingende Persönlichkeit war. Als eigentlicher Kopf der Sektion galt der Generalstabs-Hauptmann Max Waibel.
Deprimierende Erfahrungen als Gastoffizier auf der deutschen Kriegsschule und bei der Schweizer Gesandtschaft in Berlin, einer Hochburg eidgenössischer Hitler-Bewunderer, hatten Waibel zu einem erbitterten Gegner jeder Annäherung an das Dritte Reich werden lassen. In der Nachrichten-Sektion aber sah er eine geheime Bruderschaft der Wissenden, dazu berufen, die Schweizer Unabhängigkeit zu schützen: nach aussen gegen die Deutschen, im Innern gegen die Anpasser in Armee und Regierung.
Waibel-Kamerad Alfred Ernst übernahm die Leitung des "Büros D" im Armeestab, das alle Deutschland-Meldungen sammelte, während Waibel in dem Stabsgebäude des Territorialkommandos 8 in Luzern die Nachrichtenstelle (NS) 1 errichtete. Auch das Büro Ha zog unter dem Kodenamen "Pilatus" nach Luzern.
Luzern wurde zur eigentlichen Zentrale der Schweizer Deutschland-Spionage. Die NS 1 unterhielt in den Städten Aussenstellen, meist besetzt mit Offizieren der Grenzbrigaden" die deutsche Deserteure, Flüchtlinge und Schweizer Rückkehrer aus Deutschland vernahmen. Einige zusätzliche Informationen erhielt Waibel über eine eigene Linie, der er den Kodenamen "Wiking" gab; sie verknüpfte ihn mit einem deutschen Kameraden aus Kriegsschul-Tagen, der als Übermittlungsoffizier im Führerhauptquartier diente. Auch ein OKW-Kurier, der regelmässig zwischen Berlin und Bern verkehrte, liess manches Detail nach Luzern gelangen.
Je reichhaltiger aber die Informationen flossen, desto stärker stellte sich Waibel die Frage, wie die gewonnenen Erkenntnisse zu verwerten seien. Es genügte nicht, das Material in den Panzerschränken des Schweizer Armeestabs abzuheften. Es musste denen zugute kommen, die Hitler aktiv bekämpften: den Alliierten.
Mit den westlichen Geheimdiensten stand Waibel längst in Kontakt, aber zu dem stärksten Gegenspieler der Wehrmacht, der Roten Armee, fehlte eine Verbindung. Die Schweiz unterhielt keine diplomatischen Beziehungen zur Sowjet-Union. Waibel ahnte zwar, dass auch in der Schweiz sowjetische Agenten operierten -- er wusste jedoch nicht wo.
Da klärte ihn ein Mitarbeiter Hausamanns auf: Er kenne aus seiner Arbeit am Internationalen Arbeitsamt eine ehemalige Kollegin namens Rachel Dübendorfer, von der er annehme, dass sie für eine kommunistische Spionage-Organisation arbeite. Der Name des Informanten: Christian Schneider, Radó's V-Mann "Taylor".
Es muss ungeklärt bleiben, ob der Schweizer Geheimdienst schon damals wusste, dass Schneider auch für die sowjetische Seite arbeitete.> [web08]
Kriegsmaterial der Internierten an Hitler ausgeliefert - schweizer Clearing-Kredit bei 450 Millionen Franken - der Freeze der "USA"
Das von schweizer Militärstellen bei französischen und polnischen Internierten konfiszierte Kriegsmaterial wird Anfang 1941 von der Schweiz an Deutschland ausgeliefert (S.245).
Der schweizer Kredit wird im Rahmen des Clearing auf maximal 450 Millionen Franken erhöht. Der schweizerische Botschafter in Berlin, Frölicher, bezeichnet gegenüber Staatssekretär von Weizsäcker im Januar 1941 die schweizer Clearing-Kredite als Investition in "den deutschen Sieg".[115] Der "Auslandkredit" rangiert gemäss der "Deutschen Allgemeinen Zeitung" vom 9. Januar 1941 innerhalb der deutschen Kriegsfinanzierung nach dem Sozialprodukt und dem inneren und äusseren Volksvermögen an dritter Stelle (S.112).[116]
Am 7.Februar 1941 wird ein Kredit für das Reich für 317 Millionen Franken abgeschlossen (S.104). Gleichzeitig protestiert die schweizer Diplomatie scheinheilig gegen die eingefrorenen Vermögen in Amerika, den "Freeze". Der schweizerische Gesandte in Washington, Karl Bruggmann, äussert sich gegenüber dem amerikanischen Aussenminister Cordell Hull dahingehend,
Hull:
"dass eine deutsche Invasion nicht dermassen zerstörerisch für die Schweiz wäre wie die Blockierung ihrer 1,6 Milliarden Dollar in diesem Land [den "USA"]", sondern "dass die Auswirkung auf die Moral der Bevölkerung niederschmetternd wäre - weitaus schlimmer als eine deutsche Invasion; dass [...] wahrscheinlich Antisemitismus die erste schreckliche Folge wäre." (S.129).
Bruggmann bleibt in seinen Interventionen sehr hartnäckig und scheint weiter an sein Ziel zu glauben. (S.129)[117]
"Heer und Haus" und die grossen Zeitungen als Widerstandszentren gegen die Zensur - Gesinnungskader in der Armee - die grossen Zeitungen als Widerstand - die Kreditmilliarde und freie Devisenspitze - Italiener durch den Gotthard für die deutsche Kriegsindustrie - Tunnelportale immer noch nicht sprengbar - Hitler verliert 2 Monate mit der Besetzung von Jugoslawien und Griechenland - Transit einer deutschen Division durch das neutrale Schweden - Vorzensur gegen "Neue Wege"
Im Frühling 1941 startet "Heer und Haus" im Auftrag der "Aktion nationaler Widerstand" eine Kampagne zur "Aufklärung der Zivilbevölkerung" (S.221). "Heer und Haus"arbeitet mit den grossen schweizer Zeitungen und deren Chefredakteuren zusammen: die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) mit Chefredakteur Willy Bretscher, der Berner "Bund" mit Chefredakteur Ernst Schürch, und mit den Basler Nachrichten (BN) mit Chefredakteur Albert Oeri. Kleinere Presseerzeugnisse können sich gegen die Zensur aus Bern nicht wehren und werden unterdrückt (S.222).
Gleichzeitig bilden sich in der schweizer Armee sogenannte "Gesinnungskader der nationalen Unabhängigkeit"durch alle Parteien und Schichten (S.221).
Karl Barths Rede "Im Namen Gottes" gegen die Zensur wird verboten. 16.000 Exemplare werden illegal verteilt (S.222).[118]
Der schweizer Gesandte Frölicher in Berlin meldet nach Bern, dass das Hitler-Regime einen Milliardenkredit von der Schweiz erwarte.[119] Am 18.März 1941 erwägt der Bundesrat an der Bundesratssitzung tatsächlich einen Milliardenkredit an Nazi-Deutschland und das "Neue Europa", der nach einem "Blitzsieg" für die Schweiz seine Vorteile hätte, denn
"so würde die schweizerische Wirtschaft beim kommenden wirtschaftlichen Aufbau entsprechend zur Mitarbeit herangezogen werden." (S.104)[120]
Der schweizerische Botschafter Frölicher in Berlin während des Zweiten Weltkriegs [8]. Er meldete im März 1941, das Dritte Reich erwarte von der Schweiz einen Milliardenkredit für einen neuen "Blitzsieg" gegen Russland...
Von Frühling 1941 an wird die deutsche Kriegswirtschaft mit italienischen Arbeitern verstärkt. Mit Sonderbewilligungen fahren diese in Sonderzügen von Frühling bis Sommer 1941 durch den Gotthard (S.55).[121]
25.4.1941: Die Portale von Gotthard- und Simplontunnel sind immer noch nicht sprengbar, wie eine Anfrage des Bundesrates zeigt. Die bewilligten Sprenganlagen kosten 3,2 Millionen Franken (S.173).[122]
[Hitler lässt Jugoslawien und Griechenland besetzen. Damit gehen 2 Monate verloren, die beim Russlandfeldzug fehlen werden, und Stalin hat so 2 Monate mehr Zeit, um die Rote Armee zu reorganisieren und Industrien ins Hinterland zu schaffen. Ausserdem werden Jugoslawien und Griechenland aufgeteilt und Grenzgebiete den Nachbarstaaten zugeschlagen. Dieses Vorgehen provoziert bei vielen Jugoslawen und Griechen einen erbitterten Widerstand gegen das NS-Regime].
Schweden muss 1941 den Transit einer vollständig ausgerüsteten deutschen Felddivision von Norwegen nach Finnland zulassen. Schweden wird vom Hitler-Regime immer ultimativ erpresst. Der Schweiz passiert solches nie, weil für Truppentransporte durch die Alpen die Brennerlinie zur Verfügung steht (S.18).
Über die Zeitschrift "Neue Wege" wird im Mai 1941 die Vorzensur verhängt. Die Zeitschrift hat sich zu offensichtlich für die Demokratie eingesetzt. Der Vorwurf lautet, man müsse in der Diskussion zwischen Demokratie und Diktatur neutral sein. Der Redakteur, Theologieprofessor Leonhard Ragaz, verzichtet in der Folge auf das Erscheinen der Zeitschrift. Interessierte Leser erhalten bedruckte Blätter in geschlossenen Couverts. Ragaz beklagt, man müsse das Grundwesen der Schweiz verleugnen. Politische freie Meinungsäusserung sei nicht mehr möglich.
Die Zeitschrift "Neue Wege" [9] präsentiert einen religiösen Sozialismus [web12],
und das passte der schweizer Regierung im Frühling 1941 nicht mehr...
Ragaz:
<Der Druck von aussen und die Entrechtung der politischen Opposition von innen kennzeichnen in Wirklichkeit diese "freie Äusserung der politischen Überzeugung". Damit ist eine wesentliche Grundlage aller Demokratie zerstört und die Quelle der Wahrheit in unserem Volke verschüttet.> (S.223)[123]
[114] Perrenoud, Marc: Banques; In: Schweizerisches Bundesarchiv (Hg.): Studien und Quellen 1988, S.49
[115] Vogler, Robert U.: Wirtschaftsverhandlungen 1983, S.189
[116] ebda., S.185
[117] Durrer, Marco: Finanzbeziehungen 1984, S.45ff.
[118] Rings, Werner: Schweiz im Krieg 1974, S.272
[119] Bührle Saga 1986, S.88
[120] in: Hafner, Georg: Stampfli 1986, S.265
[121] Ochsner, Richard: Transit; In: Bindschedler, Rudolf L. u.a. (Hg.): Schwedische und schweizerische Neutralität. Basel 1985, S.218-219
[122] Roesch, Werner: Bedrohte Schweiz 1986, S.57-58
[123] Ragaz,
Leonhard:
Kampf 1941, S.62-63
Webseiten-Quellen
[web01]
http://geheimeagentin.de/index.php?option=com_content&view=article&id=61&Itemid=79
[web02]
http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Rudolf_Rössler&action=submit
[web03] http://www.hansjurt.ch/blog/?m=200812
[web04]
http://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Hausamann
[web05]
http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Waibel
[web06] http://forum.thiazi.net/showthread.php?t=27846
[web07] http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D8680.php
[web08] Spiegel vom 10.7.1972 (29/1972): "Werther hat nie
gelebt"; http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-42920274.html
[web09]
http://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Schneider_(Redakteur)
[web10] Spiegel vom 16.1.1967 (4/1967): "Zehn kleine
Negerlein";
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45441056.html
[web11] Basler Zeitung vom 2.7.1994: Peter Kamber: Spionage,
die keine war; http://peterkamber.de/files/baz/020794.pdf
[web12]
http://www.neuewege.ch/inhalt/aktuell_alt/aktuell_nr1_06.htm
Fotoquellen
[1] Briefkastenanlage:
http://de.wikipedia.org/wiki/Briefkasten
[2] Max Waibel:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-42920274.html ;
http://wissen.spiegel.de/wissen/image/show.html?did=42920274&aref=image035/0544/PPM-SP197202900770084.pdf&thumb=false
[3] Luzern, Kapellbrücke mit Wasserturm und Pilatus:
http://www.restaurant-seegarten.ch/images/luzern.jpg
[4] Rigi:
http://www.travelpod.com/travel-blog-entries/mchavez/4/1156348800/tpod.html
;
http://www.travelpod.com/travel-blog-entries/mchavez/4/1156348800/tpod.html#pbrowser/mchavez/4/1156348800/filename=rigix-a-popular-mountain-for-hikers.jpg
[5] Kriens mit Kirche und Pilatus, 1950er Jahre ca.:
http://www.wsl.ch/projects/t-rates/kriens-de.ehtml
[6] Sándor Radó, Portrait:
http://de.wikipedia.org/wiki/Sándor_Radó
[7] Rudolf Roessler, Portrait:
http://accesnomade.blog.lemonde.fr/category/militaire/
[8] der schweizerische Gesandte Frölicher in Berlin:
http://www.afz.ethz.ch/afz/newsArchivtagdetail.html
[9] Zeitschrift "Neue Wege":
http://www.neuewege.ch/inhalt/aktuell_alt/aktuell_nr1_06.htm
[10] Karte der NS-Besetzung von Jugoslawien und Griechenland:
http://de.academic.ru/pictures/dewiki/115/second_world_war_europe_1941_map_de.png