aus: Walter Wolf:
Faschismus in der Schweiz. Die Geschichte der
Frontenbewegung in der deutschen Schweiz 1930-1945.
Flamberg-Verlag Zürich 1969.
Wenn man genau
hinschaut, dann merkt man genau, dass das Dritte Reich
nichts anderes im Sinn hatte, als die Schweiz aufzulösen
und die Sprachregionen den Nachbarstaaten anzugliedern.
Das heisst: Alle nationalsozialistischen schweizer
Bewegungen waren von beiden Seiten her überflüssig, von
der schweizerisch-demokratischen Seite her, und von der
NS-Regierung in Berlin her.
Hitlers Stellung zur Schweiz und deutsche
Eroberungsabsichten
In der Hitler-Rede zum 1. Jahrestag der
Machtübernahme am 30.1.1934 erwähnte Hitler, eine Nation
sei auf der Einheit der Sprache aufgebaut. Indirekt meinte
Hitler damit, die Schweiz solle sich auflösen (S.161).
Die deutsche Propaganda verlangte, so am 15.8.1933 in der
NZZ, dass die 2,8 Mio. Deutschschweizer sich im
Grossdeutschen Reich integrieren sollten gemäss
NSDAP-Programm: "Zusammenschluss aller Deutschen zu einem
Grossdeutschland".
Karte einer aufgeteilten Schweiz gemass Sprachgruppen [3].
Gemäss dem NSDAP-Programm sollte es die Schweiz nicht mehr
geben...
Die Schweizer sollten kein Recht haben, ein eigenes Volk
oder eine eigene Nation zu sein (in: Adolf Frei: "Die
völkische Bewegung, eine nationale Gefahr", Zürich 1933).
Die Frontisten wiederum arbeiteten Hitlers
Eroberungsabsichten in die Hände, so z.B. der Basler
Lokaldichter Dominik Müller (1871-1953
[2]), alias: Paul Schmitz (S.161-162)
Dominik Müller (alias Paul Schmitz) war Lehrer, Publizist
und Übersetzer, Herausgeber der antisemitischen
Zeitschrift "Der Samstag", auch Dichter und Mundartdichter
mit Versen und Romanen. 1928 erhielt er den
Gottfried-Keller-Preis der Martin-Bodmer-Stiftung. Nach
der Publikation "Zwischen den Mächten" (1939) mit dem
Bekenntnis zum Nationalsozialismus entzog ihm die lokale
Basler Regierung (Grosser Rat) die Ehrenpension [3].
Dominik Müller alias Paul Schmitz wird offen als "Basler
Faschist" bezeichnet [4].
Konrad
Falke: Lieber die Sprache wechseln als einen "Anschluss"
hinnehmen
Konrad
Falke (Schriftsteller und Dichter [1]) schrieb am
10.9.1933 in der NZZ gegen den Anschluss:
"Sollte jemals irgendeiner Macht auf Erden der Ausspruch
zugebilligt werden, uns Deutschschweizer nur deshalb zum
Deutschen Reich zu schlagen, weil wir auch Deutsch
sprechen, so würden wir lieber diese Sprache ...
aufgeben." (S.164)
"Was dem nüchternen Schweizer ans Herz geht, das ist ...
die gemeinsam erlebte vaterländische Geschichte, niemals
ein Mythos von Rasse und Blut oder Sprache, gleichgültig,
von welcher Front und in welcher Sprache ein solcher
Sirenengesang zu uns herüberschallen möchte." (S.164-165)
Die
NSDAP Schweiz
Hakenkreuzfahnenzug der NSDAP Schweiz am Letzigrund
in Zürich, 1941 [4] |
Wilhelm
Gustloff, Portrait [5]. Der Chef der "NSDAP
Schweiz" bzw. der "NSDAP Gau Schweiz" in Davos
wollte nicht mit Schweizern kollaborieren...
|
Die NSDAP in der
Schweiz verweigerte ihrerseits die Zusammenarbeit mit den
schweizer Nazi-Gruppen: Eine Zusammenarbeit der Nationalen
Front (schweizweit ohne Zürich) mit der NSDAP Ortsgruppe
Zürich und dem Landesleiter der NSDAP Gau Schweiz, Gustloff,
kam nicht zustande. Die NSDAP lehnte auch die
Zusammenarbeit mit dem Bund Nationalsozialistischer
Eidgenossen (BNSE) unter Fischer ab (S.113-115).
Die Taten Hitlers und der
NSDAP 1934 - und die Wirkung
-- 30. Juni 1934: SA-Führer Röhm wird ermordet
-- 25. Juli 1934: Bundeskanzler Dollfuss wird von
Nazis weggeputscht
Die Machenschaften Hitlers und der NSDAP kamen durch den
Mord an Röhm und durch den Putsch gegen Dollfuss
eindrücklich zum Vorschein. Ab diesem Zeitpunkt weiss die
grosse Mehrheit der schweizer Bevölkerung, was Nazitum
heisst, und wohin die "Nationale Front" und andere
Frontparteien die Schweiz steuern wollen, in die
Willenlosigkeit und in eine Abhängigkeit von Berlin.
In der Folgezeit beklagt die schweizerische "Nationale
Front" viele Parteiaustritte und nur noch wenige neue
Eintritte (S.234).
Der Führer der "NSDAP Gau Schweiz", Wilhelm Gustloff,
wurde am 4. Februar 1936 in Davos durch den jüdischen
Studenten David Frankfurter ermordet, und seither wurde im
Dritten Reich ein Totenkult um Gustloff veranstaltet, und
auch ein Hochseeschiff nach ihm benannt [5].
Am 23. Februar 1937 sicherte Hitler Alt-Bundesrat
Schulthess zu, er werde die Neutralität der Schweiz
respektieren (S.161).
[Dies tat Hitler nicht ohne Eigennutz, denn in der Schweiz
lagen praktisch alle europäischen Vermögen. Zuerst wurden
von den SS-Leuten ("Männer in Schwarz") systematisch
jüdische Konten geplündert. Dann diente, die Schweiz als
Schwarzhandels-Drehscheibe, als Devisen-Drehscheibe
(Einschmelzen von Gold resp. Raubgold), und als
Spionage-Drehscheibe].
Österreich-Anschluss
als heilsamer Schock für die Schweiz
Im März 1938 erfolgte mit dem Österreich-Anschluss der
nächste Schock.
[Der Schock war nicht der "Anschluss" an sich, sondern der
Schock beim "Österreich-Anschluss" bestand daraus, dass
die deutsche NSDAP Österreich neu aufteilte, die alten
Strukturen Deutschösterreichs quasi "vergewaltigte", und
eine Judenhetze in Österreich organisierte, die einen
jüdischen Flüchtlingsstrom in die Schweiz provozierte mit
Zentrum in der Ostschweiz über Diepoldsau. Ausserdem
galten die Österreicher nun als "Deutsche" und wurden zur
Wehrmacht verpflichtet. Viele Österreicher wollten das
alles nicht. Ausserdem wurde im Zuge des jüdischen
Flüchtlingsstroms zwischen den rechtsgerichteten,
schweizer Behörden in Bern und den Berliner NS-Amtsstellen
der "J"-Stempel vereinbart].
Karte des Dritten Reichs mit dem Anschluss von Österreich
mit dem Slogan "Ein Volk - ein Reich - ein Führer" [6].
Da waren die Österreicher "eingereicht" und hatten
jegliche Eigenständigkeit verloren...
In der Schweiz bildete sich nun ein überparteilicher
Ausschuss
zur Verbesserung der Lebensumstände (S.324). Die Nationale
Front meinte, die Arbeiter würden sich von der SP abwenden
und so seien neue Leute verfügbar. Sie machte sich aber
falsche Hoffnungen, denn die Arbeiter hielten zur
Sozialistischen Partei der Schweiz (SPS).
Das Resultat der Ausschussarbeit ergab eine Zustimmung der
Bevölkerung zu einem kombinierten Kredit für die
Landesverteidigung und für Arbeitsbeschaffungsmassnahmen
(S.314). Die Meinung der Nationalen Front wurde
irrelevant. Die Nationale Front hatte sich durch ihr
extremes Verhalten selbst völlig degradiert (S.315).
NS-Propaganda
gegen die Schweiz
Hitlers Truppen sangen oft: "Und die Schweiz das
Stachelschwein, die nehmen wir im Rückzug ein." [5]
1940-1944
[Die Schweiz wurde nach der Besetzung der Benelux-Länder
zur gesamteuropäischen Spionage-Drehscheibe. Ausserdem
produzierte die schweizer Industrie absolut hochwertige
Waffenteile, ohne die manches in der Wehrmacht nicht
funktioniert hätte, siehe die Chronologie über die Schweiz
im Zweigen Weltkrieg: Mag-i-no-ko].
Der
letzte Schuss gegen "Wilhelm Gustloff"
Das Hochseeschiff "Wilhelm Gustloff" war am 30. Januar
1945 auf dem Weg zwischen Ostpreussen und
Schleswig-Holstein mit 9000 deutschen Flüchtlingen an Bord
. Die Rote Armee nahm keine Rücksicht, ein russisches
U-Boot torpedierte das Schiff mit drei Torpedos, das
daraufhin rasch sank. Es war der grösste Massenmord auf
See, der jemals stattgefunden hat. Das Schiff "Wilhelm
Gustloff" wird entsprechend auch als "Deutsche Titanic"
bezeichnet [5].