aus: Walter Wolf: Faschismus
in der Schweiz. Die Geschichte der Frontenbewegung in der
deutschen Schweiz 1930-1945. Flamberg-Verlag Zürich 1969.
Auseinandersetzungen um Nazis in der Schweiz nach 1945
Bringolf verlangt die
Volksabstimmung zur Ausweisung aller ausländischen Nazis
Im Juni 1945 verlangte Stadtpräsident Bringolf aus Schaffhausen
in einer Volksversammlung die Ausweisung ehemaliger Nazis
aus der Schweiz, die Ausländer sind. Es kam zu Krawallen
gegen Läden von "Fröntlern", gegen Restaurants und gegen
Wohnhäuser, aber ohne Plünderungen (in: Schaffhauser
Nachrichten, 9.6.1945) (S.391).
[1946 und 1947 mussten alle Deutschen die Schweiz verlassen.
Sie liessen sich vor allem in Grenzregionen nieder].
Die ehemaligen schweizer "Fröntler" versuchten, die
KZ-Greuel zu entschuldigen, suchten nach Entlastungsgründen
und behaupteten, die Berichte seien alle Propaganda und die
Insassen der KZs seien alle Gegner des "deutschen Volkes"
gewesen (S.393-395).
Der Zürcher Frontistenführer Tobler bekam nun
Probleme wegen seines Anwaltpatents. Die Öffentlichkeit
forderte, ein ehemaliger Frontistenführer könne nicht mehr
Anwalt sein. Es stellte sich die Frage, ob ein Freiberufler
einem Beamten gleichgestellt werden konnte. Wenn Tobler das
Patent verboten würde, dann sollte das Verbot auch für
Kommunisten gelten.
Das Obergericht Zürich entschied, Tobler habe
staatsgefährdend gehandelt:
-- Subversionsbegehren 1941 von einer kriegsführenden Macht,
die die Demokratie bekämpft und Staaten vernichtet hat
-- Verschleierung von Geldleistungen aus dem Dritten Reich
-- das Patent solle entzogen werden.
Das Bundesgericht aber fand, Tobler habe keine
Staatsgefährdung begangen. Wenn eine rechtliche Verfolgung
von Tobler angestrengt würde, dann sei dies strafrechtlich
und nicht mit einem Entzug des Anwaltpatents zu verfolgen
(S.395-397).
Die Gruppierung "Das Aufgebot" existierte noch bis 1957 noch
(S.29).
Ergänzung: Das Nazi-Bundesgericht in Lausanne ab 1945
Die Schweiz selbst wird NIE entnazifiziert. Das
Bundesgericht ist ab 1945 mit schweizer Kriegsgewinnlern
beschützte alle ehemals nazistischen Kräfte der schweizer
Oberschicht bis in den Tod bis in die 1980er Jahre. Ein
Schützer von Kriegsgewinnlern war z.B. der ehemalige
Präsident der Zürcher Börse, Georg Leuch, der ab
1945 den Posten eines Bundesrichters und Vorsitzender der
Raubgutkammer innehatte [1].
Ergänzung:
Holocaust gemäss Aktenlage
Der Holocaust an den Juden hat u.a. bestanden aus
-- Massentod im Ghetto
-- Massentod durch Massenerschiessungen
-- Massentod auf Transporten
-- Massentod in Lagern durch Seuchen, Entkräftung und
Erfrieren im NS-Bereich wie im Stalin-Bereich
-- Massentod auf Rücktransporten
-- Massentod im Bunkerbau durch Krankheit, Entkräftung und
Unterernährung
-- Massen-Seuchentod in überfüllten Lagern ohne
Nahrungsmittel März-Mai 1945
-- Deportationen 1940-1941 aus 1939-1940 sowjetisch
besetzten Gebieten, Massentod im Gulag und in Sibirien
-- heimliche Deportationen aus dem Dritten Reich in den
Gulag ("Judentransfer") und Massentod im Gulag
-- Massentod von Juden in der Roten Armee
-- ausserdem sind weltweit ca. 4 Millionen Juden zu
berücksichtigen, die erst mit den Nürnberger Gesetzen zu
Juden wurden und ab 1948 nicht mehr als Juden gezählt wurden
(siehe Holocausttabelle).
[In den 1960er Jahren wurde Deutschen wieder erlaubt, sich
in der Schweiz niederzulassen, die auch dann noch nicht
entnazifiziert war und bis heute (2015) nicht entnazifiziert
ist...]
1980er Jahre
Ergänzung:
Schweizer Historiker werden wegen Antrag auf Akteneinsicht
angeklagt
Als in den 1980er Jahren schweizer HistorikerInnen und
politische VertreterInnen Akteneinsicht in schweizerische
Dossiers der Oberschicht der 1930er und 1940er Jahre
forderten, versuchten Vertreter eben jener Zürcher
Oberschicht, der Familie Frick, die Historiker wegen
Landesverrats anzuklagen [2].
1990er Jahre
Ergänzung:
Öffnung der "US"-Archive - Öffnung der schweizer Archive
Erst mit der Öffnung neuer Archive in den "USA" ab 1997 und
mit der Öffnung der Aktenschränke der schweizer Industrie
und dem Bericht der Historikerkommission unter Bergier
wurden die Zusammenhänge zwischen der Schweiz und
Deutschland 1933-1945 in einem aktenmässig klaren Rahmen
dargestellt. Der Bergier-Bericht mit mehreren Bänden steht
in jeder schweizer Universität.