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Die nationalsozialistisch orientierten Front-Organisationen in der Schweiz 1930-1957

16. Auseinandersetzungen um die Nazis in der Schweiz nach 1945

von Michael Palomino (1998 / 2005 / 2010)

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aus: Walter Wolf: Faschismus in der Schweiz. Die Geschichte der Frontenbewegung in der deutschen Schweiz 1930-1945. Flamberg-Verlag Zürich 1969.

Auseinandersetzungen um Nazis in der Schweiz nach 1945

Bringolf verlangt die Volksabstimmung zur Ausweisung aller ausländischen Nazis

Im Juni 1945 verlangte Stadtpräsident Bringolf aus Schaffhausen in einer Volksversammlung die Ausweisung ehemaliger Nazis aus der Schweiz, die Ausländer sind. Es kam zu Krawallen gegen Läden von "Fröntlern", gegen Restaurants und gegen Wohnhäuser, aber ohne Plünderungen (in: Schaffhauser Nachrichten, 9.6.1945) (S.391).

[1946 und 1947 mussten alle Deutschen die Schweiz verlassen. Sie liessen sich vor allem in Grenzregionen nieder].

Die ehemaligen schweizer "Fröntler" versuchten, die KZ-Greuel zu entschuldigen, suchten nach Entlastungsgründen und behaupteten, die Berichte seien alle Propaganda und die Insassen der KZs seien alle Gegner des "deutschen Volkes" gewesen (S.393-395).

Der Zürcher Frontistenführer Tobler bekam nun Probleme wegen seines Anwaltpatents. Die Öffentlichkeit forderte, ein ehemaliger Frontistenführer könne nicht mehr Anwalt sein. Es stellte sich die Frage, ob ein Freiberufler einem Beamten gleichgestellt werden konnte. Wenn Tobler das Patent verboten würde, dann sollte das Verbot auch für Kommunisten gelten.

Das Obergericht Zürich entschied, Tobler habe staatsgefährdend gehandelt:
-- Subversionsbegehren 1941 von einer kriegsführenden Macht, die die Demokratie bekämpft und Staaten vernichtet hat
-- Verschleierung von Geldleistungen aus dem Dritten Reich
-- das Patent solle entzogen werden.

Das Bundesgericht aber fand, Tobler habe keine Staatsgefährdung begangen. Wenn eine rechtliche Verfolgung von Tobler angestrengt würde, dann sei dies strafrechtlich und nicht mit einem Entzug des Anwaltpatents zu verfolgen (S.395-397).

Die Gruppierung "Das Aufgebot" existierte noch bis 1957 noch (S.29).

Ergänzung: Das Nazi-Bundesgericht in Lausanne ab 1945
Die Schweiz selbst wird NIE entnazifiziert. Das Bundesgericht ist ab 1945 mit schweizer Kriegsgewinnlern beschützte alle ehemals nazistischen Kräfte der schweizer Oberschicht bis in den Tod bis in die 1980er Jahre. Ein Schützer von Kriegsgewinnlern war z.B. der ehemalige Präsident der Zürcher Börse, Georg Leuch, der ab 1945 den Posten eines Bundesrichters und Vorsitzender der Raubgutkammer innehatte [1].

Ergänzung: Holocaust gemäss Aktenlage

Der Holocaust an den Juden hat u.a. bestanden aus
-- Massentod im Ghetto
-- Massentod durch Massenerschiessungen
-- Massentod auf Transporten
-- Massentod in Lagern durch Seuchen, Entkräftung und Erfrieren im NS-Bereich wie im Stalin-Bereich
-- Massentod auf Rücktransporten
-- Massentod im Bunkerbau durch Krankheit, Entkräftung und Unterernährung
-- Massen-Seuchentod in überfüllten Lagern ohne Nahrungsmittel März-Mai 1945
-- Deportationen 1940-1941 aus 1939-1940 sowjetisch besetzten Gebieten, Massentod im Gulag und in Sibirien
-- heimliche Deportationen aus dem Dritten Reich in den Gulag ("Judentransfer") und Massentod im Gulag
-- Massentod von Juden in der Roten Armee
-- ausserdem sind weltweit ca. 4 Millionen Juden zu berücksichtigen, die erst mit den Nürnberger Gesetzen zu Juden wurden und ab 1948 nicht mehr als Juden gezählt wurden
(siehe Holocausttabelle).

[In den 1960er Jahren wurde Deutschen wieder erlaubt, sich in der Schweiz niederzulassen, die auch dann noch nicht entnazifiziert war und bis heute (2015) nicht entnazifiziert ist...]

1980er Jahre
Ergänzung: Schweizer Historiker werden wegen Antrag auf Akteneinsicht angeklagt
Als in den 1980er Jahren schweizer HistorikerInnen und politische VertreterInnen Akteneinsicht in schweizerische Dossiers der Oberschicht der 1930er und 1940er Jahre forderten, versuchten Vertreter eben jener Zürcher Oberschicht, der Familie Frick, die Historiker wegen Landesverrats anzuklagen [2].

1990er Jahre
Ergänzung: Öffnung der "US"-Archive - Öffnung der schweizer Archive
Erst mit der Öffnung neuer Archive in den "USA" ab 1997 und mit der Öffnung der Aktenschränke der schweizer Industrie und dem Bericht der Historikerkommission unter Bergier wurden die Zusammenhänge zwischen der Schweiz und Deutschland 1933-1945 in einem aktenmässig klaren Rahmen dargestellt. Der Bergier-Bericht mit mehreren Bänden steht in jeder schweizer Universität.

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Quellen
[1] In: Beat Balzli: "Treuhänder des Reichs. Die Schweiz und die Vermögen der Naziopfer: Eine Spurensuche", S.213-214.
[2] In: Markus Heiniger: 13 Gründe. Warum die Schweiz im 2.Weltkrieg nicht erobert wurde, S.134-135, 251


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