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Die nationalsozialistisch orientierten Front-Organisationen in der Schweiz 1930-1957
6. Schweizer Fronten ohne Bindung an das Ausland
"Das Aufgebot" (Lorenz) - "Katholische Front" (Weder) - "Die Neue Schweiz" (Fritz Joss) - "Bund für Volk und Heimat" (BVH) - "Heimatwehr" - "Schweizerische Faschistische Bewegung" (SFB) (Fonjallaz) - "Helvetische Aktion" - "Nationaldemokratischer Schweizerbund" (Sonderegger) - "Eidgenössische Front" (E.F.) (Frick) - Jungbauernbewegung "Bauernheimat" (Müller)
von Michael Palomino (1998 / 2005 / 2010)
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aus: Walter Wolf: Faschismus in der Schweiz. Die Geschichte der Frontenbewegung in der deutschen Schweiz 1930-1945. Flamberg-Verlag Zürich 1969.
Einleitung
Die Gründung von rechtgerichteten Sympathisanten-Bewegungen und Fronten zum Nazitum hing von den Geschehnissen in Deutschland ab. Erste Bewegungen wie die "Jungbauern" gründeten sich bereits 1927. Alle diese Bewegungen und Fronten sind als "Front" gegen die Ausbreitung des Kommunismus anzusehen. Es kann beobachtet werden, dass Gründungen, Erstarken und Niedergang eng mit den Ereignissen in Deutschland in Zusammenhang stehen. Die Bewegungen und Fronten sind also ein "Stimmungsbild" der politischen Landschaft mit vielen "Siegeshoffnungen" für die Wehrmacht mit der Hoffnung, dass der barbarische Kommunismus vernichtet werden könne.
Michael Palomino (2010)
Schweizer Fronten-Parteien und Bewegungen, die eigentständig ohne Bindung ans Ausland agierten (ohne dass diese vom Ausland aus "gesteuert" wurden)
Die katholische Bewegung "Das Aufgebot" (1933-1957)
Begründer der pollitischen Organisation "Das Aufgebot" war der Freiburger Nationalökonom Jakob Lorenz. Die Demokratie wurde akzeptiert. Für die Wirtschaft plante er, den Klassenkampf durch Korporationen und Verständigung zu ersetzen. Die Organisation sollte hauptsächlich "christlich"-katholische Werte und Grundsätze vertreten (Wolf, S.28-29).
Jakob Lorenz (auch "Köbi" Lorenz genannt [2]) war Professor für Nationalökonomie an der Universität Freiburg (Schweiz) und gab zuerst die Zeitung "Das Aufgebot" heraus und grúndete dann die gleichnamige Vereinigung. Die Schweiz sollte gemäss Lorenz antiliberal, antikapitalistisch und antisemitisch "erneuert" werden, mit einer Totalrevision der Bundesverfassung. Dabei blieben zum italienischen Faschismus und zum deutschen Nationalsozialismus erhebliche Differenzen. Im Abstimmungskampf für eine neue Bundesverfassung 1935 ging Lorenz ein Bündnis mit der "Nationalen Front" ein, aber die Abstimmung ging verloren. Die Popularität der Bewegung "Das Aufgebot" sank daraufhin rapide. Die Bewegung wurde 1939 aufgelöst, die Zeitung noch bis 1957 weitergeführt [1].
In Stichworten:
Bewegung "Das Aufgebot" (Zeitung, dann auch die Vereinigung)
Begründer: der Freiburger Nationalökonom Jakob Lorenz, Professor an der Universität Freiburg (Schweiz)
System: Demokratie Wirtschaft: Klassenkampf durch Korporationen und Verständigung ersetzen, antilibera, antikapitalistisch, antisemitisch, Totalrevivion der Bundesverfassung angestrebt
Kultur: "christliche" Werte und Grundsätze, katholisch
Vorgänge: rapider Niedergang ab 1935 nach der verlorenen Abstimmung über die Revision der Bundesverfassung, Auflösung der Organisation 1939, der Zeitung 1957 (S.28-29, [1])
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Die "Katholische Front" / "Front der militanten Katholiken" (1933-1938 ca.)
Die Weder-Brüder: Carl mit Doktorarbeit - Fridolin als Priester und Kaplan
Die beiden Brüder Carl und Fridolin Weder stammten aus Au im St. Galler Rheintal und machten beide eine stockkatholische Karriere. Carl Weders Werdegang führte über das Kollegium in Schwyz zu den Dominikanern in Rom. Er schloss mit einer Doktorarbeit über die "Unsterblichkeit der Seele" ab. In der Schweiz war er an der "Schildwache"-Bewegung beteiligt. Carls Bruder Fridolin Weder wurde 1921 zum Priester geweiht und fungierte danach in Bazenheid (bei Wil, zwischen Winterthur und Gossau) als Kaplan. Ausserdem war Fridolin Weder bei der katholisch-konservativen Zeitung "Alttoggenburger" aktiv [4].
Carl Weder, Portrait [1], Doktorand in Rom, Mitarbeiter bei der "Schildwache"-Bewegung, dann 1929 Mitbebründer der erz-katholischen Zeitung "Neues Volk" gegen den Sozialismus und Kommunismus - und er hat "durchgehalten".
Zeitung "Neues Volk" 1929 - Organisaiton "Katholische Front" (K.F.) 1933
1929 gründeten dann die beiden Brüder Carl und Fridolin Weder die parteiunabhängige Zeitung "Neues Volk" im Eigenverlag in Rorschach [4]. Darin wurde in aggressivem Stil das Gedankengut der Weders verbreitet, antisemitisch, gegen die Freimaurerei, gegen das "Gottlosentum" des Sozialismus und des Kommunismus [5].
Am 31. März 1933 gründeten die beiden Brüder Carl und Fridolin Weder, die nun in Rorschach lebten, schliesslich die politische Organisation "Katholische Front" (K.F.). Carl Weder nannte sich "Führer" der "Katholischen Front", Fridolin Weder sollte der "geistige Führer" der "Katholischen Front" sein [12], wo das stockkatholische Gedankengut auch in Reden verbreitet wurde [5]. Die "Katholische Front" fand ihre Ausbreitung in den Kantonen Sankt Gallen, Appenzell Innerrhoden und Ausserrhoden sowie im Thurgau (S.30-35), also hauptsächlich in der Ostschweiz [12].
Die Struktur sollte in Zellen organisiert sein, mit Landes- und Gauführern [5]. Die Propaganda wurde nicht durch Flugblätter, sondern durch die Zeitung "Das Neue Volk" und durch die Gauveranstaltungen verbreitet. Aktionismus war der "Katholischen Volk" ein Fremdwort [16].
Das Programm der "Katholischen Front" bzw. der "Front der militanten Katholiken" war die Rekatholisierung des "Vaterlandes". Es wurde behauptet, der Protestantismus sei eine menschliche "Erfindung" [wie wenn der Katholizismus keine menschliche Erfindung wäre]. Die "Katholische Front" und die "Front der militanten Katholiken" sahen ihre Gegner vor allem in den Kommunisten, ausserdem in den Sozialisten und im Liberalismus (S.30-35), genauer: Freisinn, Sozialismus, Kommunismus, Bolschewismus, Freimaurerei, und das Judentum (gegen Juden im öffentlichen Leben, in der Presse, an der Börse, und gegen die jüdischen Hilfswerke für die atheistischen gottlosen Strömungen Sozialismus, Kommunismus, Bolschewismus und Freimaurerei) [13]. Dem Judentum wurde ausserdemin der Zeitung "Neues Volk" über Monate hinweg eine Weltverschwörung im Sinne der "Protokolle von Zion" angelastet. Konkret genannt wurden der Völkerund, der Kommunismus, und v.a. die Freimaurerei, die zusammenarbeiten und so eine Weltherrschaft des Judentums etablieren würden (Artikel z.B. wie "Die Freimaurerei unser grösster Feind" in der Zeitung "Neues Volk" vom 11.2.1933 etc.) [14].
Zuerst wurde mit Hitler sympathisiert (S.30-35) im Kampf gegen den Kommunismus [5]. Der Text der Rede des St. Galler Gauleiters Heinrich Lüchinger-Hug zum Karfreitag von 1933, dem angeblichen Todestag eines so genannten "Jesus", von dem wir bis heute kein einziges geschriebenes Wort auf keiner einzigen Säule oder Pergament überliefert bekommen haben, beinhaltet wesentliche Punkte der Programmatik der "Katholischen Front". Das Jahr 1933 war von der katholischen Kirche zum "heiligen Jahr" erklärt worden im Angedenken, was vor 1900 Jahren geschah. Es ist eine Preisung der Entscheidungskraft, jedem diktatorischen Regime Widerstand zu leisten, im Namen des Blutes Christi, mit einer Erwähnung des neuen "Führers" der "Katholischen Front" (einer der Weder-Brüder) [11] - im Namen des "Erlöser-Blutes", das den grundlegenden Blut-Rassismus des "Christentums" darstellt, mit dem Ziel, eine "spezifisch katholische Rasse" zu bilden [13], also "perfekt-christlich":
Lüchingers Rede zum Karfreitag 1933 mit der Beschwörung der Bindung durch das "Blut Christi" und mit der Ankündigung des "Führers" Weder [2]
<Aus unserer Karfreitagstagung
Ein symbolischer Tag für unsere junge Bewegung!
Unsere Gedanken sind heute wohl besonders erschüttert, im Gedanken an den ersten Karfreitag vor 1900 Jahren.
In heiliger Erkenntnis dieses grössten und entscheidensten, das unsere Welt erlebte, hat unser Hl. Vater Papst Pius der XI. das Jahr 1933 als heiliges Jahr der ganzen Christenheit geschenkt.
Wir aber sollen und müssen dieses heilige Jahr benützen, um irgend etwas zu tun, das wir als Frucht des hl. Jahres zu Füssen des Kreuzes des Erlösers hintragen können.
Die Gründung unserer so verheissungsvollen Bewegung am 31. März, dem Vorabend der Eröffnung des hl. Jahres, stand schon unter dem lichtvollen Zeichen des Kreuzes und unser geistlicher Führer und Mitbegründer, H. H. Kaplan Weder, stellte unsere junge Bewegung: Die katholische Front unter den besonderen Schutz des kostbaren Blutes unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus.
Die Gegenwart fordert Entscheidungen.
Das Kreuz soll uns mit all den Konsequenzen, die es ausstrahlt, auf dieser Seite finden. Es sei fortan unsere letzte Entscheidung, unser Programm.
Heute, wo eine Welt von Feinden die Faust gegen eben dieses Kreuz zum Kampfe erhebt, wo Millionen Menschen es wagen, die Fahne des Antichrists zu entrollen, ist es da nicht absolute Ehrenpflicht der katholischen Männerwelt und besonders unserer Jugend, eine entschlossene, zu allem bereite, militante Gegenbewegung aus dem Boden zu stampfen?
Meine Freunde!
Wir haben gewiss genug besterfahrene und durch das Vertrauen des Volkes erwählte, kluge Köpfe, die die Gefahren der Zeit erkennen, aber wir sehen mit beklemmendem herzen, dass diese Berufenen aus irgend einer Bindung zu wenig Entschiedenes tun, und dass vielfach die schönsten Programme eben Programme bleiben.
Der so oft zitierte klassische, unerschütterliche Turm hat sein Fundament nicht in den politischen Parteien verankert, sondern er steht fest in den Grundsätzen der katholischen Weltanschauung. Der unerhörten Wucht des Ansturmes der Feinde des Christentums muss eine noch unerhörtere Wucht, noch eine mutvollere, noch eine entschlossenere, noch zielbewusstere K a t h o l i s c h e F r o n t entgegengestellt werden.
Freunde!
Stellen wir uns entschlossen und mutvoll in die Reihen der katholischen Front, in die Front des Kreuzes, der Katholischen Aktion.
Die Feinde gottes riefen vor 1900 Jahren: Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder.
Wir sind alle Zeugen, dass dieser gewünschte Fluch in entsetzlicher Weise in Erfüllung geht. Wir wollen heute rufen: Sein heilig Blut komme über uns, unsere Familien, unsere hl. Kirche und unser heissgeliebtes Vaterland und sei uns gnädig und barmherzig.
Ich freue mich herzlich, dass ich in unserer Mitte unsern erwählten Führer, den Herausgeber des "Neuen Volkes" begrüssen kann und stelle Ihnen, meine Kameraden, unsern Führer vor.
Wir wollen ihm zuerst für seine mutvolle und zielsichere Leitung dieses im Sinne der Katholischen Aktion geführten Blattes unsern herzlichsten, wärmsten Dank aussprechen. Wenn wir heute eine Katholische Front haben, dann dürfen wir in ihm und seinem hochw. Herrn Bruder die beiden Gründer und Vorkämpfer für diesen wundervollen Gedanken begrüsssen. Unser Führer wird uns mit einem Referat über Ziele und Aufgaben unserer Bewegung erfreuen.
Von entscheidender Bedeutung ist, dass wir für unsere Bewegung nicht erst unter mühsamsten Anfängen eine Press gründen müssen, sondern dass wir in der beneidenswerten Lage sind, eine schlagfertige Presse zur Verfügung zu haben im "Neuen Volk".
Die Bewegung für das "Neue Volk".
Das "neue Volk" für die Bewegung.
Gott segne unsere Tagung!
Jeden Tag etwas tun für unsere hehre Sache.
Es lebe die Katholische Front!
L.>
Den Hitler-Rassismus konnte man nicht gutheissen, aber es wurde immer wieder pauschal gegen das Judentum polemisiert, ohne zu erwähnen, dass die grosse Mehrheit der Juden arm war und die politisch-jüdischen Cliquen nur eine kleine Minderheit darstellten, siehe "Das Neue Volk" vom 22.7.1933:
<Als Christen können wir die unsinnigen Ideen gewisser deutscher Rassentheoretiker nicht gutheissen. Rassenwahn wird nicht durch einen neuen Rassenwahn bekämpft. Aber [14] was man niemandem beschneiden kann, das ist das Recht, ja sogar die Pflicht der christlichen Völker, sich zu verteidigen gegen die Missbräuche einer gewissen Kaste, die sich verbirgt unter dem Deckmantel eines 'religiösen Bekenntnisses' [Judentum], aber in ihren Endzielen nichts anderes ist, als die Pflege eines verheerenden Rassen- und Messiastraumes, zur Beherrschung der gesamten christlichen Welt, durch Bank und Börse, Weltpolitik und Handelsmacht.> [15]
Auch "jüdische Warenhäuser" wurden pauschal verurteilt, weil diese den Mittelstand schädigen würden, z.B. in einem Artikel "Der Pfarrer im Warenhaus" in "Das Neue Volk" vom 25.4.1933. Damit verbunden waren nun auch Aufrufe, nur in "christlichen" Geschäften einzukaufen ("Katholiken, macht eure Einäufe nur in christlichen Geschäften", in der Zeitung "Das Neue Volk" vom 27.5.1933, analog des Aufrufs im Dritten Reich vom 1.4.1933, nicht in jüdischen Geschäften einzukaufen [15]. [Wie sich die Mitglieder der "Katholischen Front" dann tatsächlich verhielten, wird nicht geschildert].
Am 14. Mai 1933 hielt "Führer" Carl Weder eine seiner Hauptreden mit dem Titel "Front gegen Front". Er schilderte eine Quadriga, die aus Liberalismus, Sozialismus, Loge [Freimaurerei] und Gottlosigkeit [Kommunismus] bestand, gegen die man standhalten müsse [16], und machte den Vorwurf, das sei alles jüdisch motiviert [17]. Die Israelische Kultusgemeinde (IKG) forderte Mässigung, denn solche Reden waren auch nicht mit der "christlichen Nächstenliebe" vereinbar. Bis 1934 mässigte sich dann der antisemitische Ton, nicht viel, aber doch ein bisschen, so dass die IKG auf einen Prozess letztendlich verzichtete [18].
Die Vorgänge im Dritten Reich bezüglich der Vernichtung der politischen Macht der Sozialisten und Kommunisten wurde von der "Katholischen Front" absolut gutgeheissen mit der Angabe, Hitler-Deutschland habe mit dem Verbot der Sozis und der KPD im Dritten Reich ganz Europa vor dem Bolschewismus "gerettet".. Noch im Oktober 1933 wurde das Dritte Reich dafür gelobt ("Das Neue Volk, 31.10.1933). In diesem Punkt zeigte die "Katholische Front" dieselbe Position wie die anderen Frontparteien. Die Verbrechen an den Juden in Deutschland wurden gleichzeitig relativiert [15].
Mit der Zeit wurde aber vom Dritten Reich Abstand genommen, weil Hitler ein Neuheidentum begründete und sich vom Katholizismus lossagte (S.30-35), was mit der "tiefgreifenden, religiös-sittlichen Erneuerung", die die Katholische Front anstrebte, nicht vereinbar war [5]. Im Gegensatz dazu wurde immer wieder eine Blutsideologie mit Jesus beschworen mit der Formulierung "Heiliges Blut" [8].
Die Weder-Brüder verfügten insgesamt über zwei Zeitungen ("Schildwache" und "Neues Volk") sowie über die politische Organisation "Katholische Front" [6]. Zuerst war die Zeitung "Neues Volk" bedeutend politischer ausgerichtet als die "Schildwache" [9]. Neben den Weder-Brüdern waren Albert Drexel und Alois Schenker die wichtigsten Autoren beim "Neuen Volk" Die Zeitung "Das Neue Volk" schreckte auch nicht davor zurück, Artikel von bereits verstorbenen Autoren der Zeitung "Schildwache" zu publizieren, besonders vom Gründer der "Schildwache", Robert Mäder, der auch immer wieder mit Zitaten Erwähnung fand, auch mit dem Aufruf, man solle Flugblätter mit dessen Zitaten verteilen. Oder es wurden Artikel unter den Pseudonymen "Helveticus" und "Verax" publiziert, wahrscheinlich von Josef Beck, Tehologieprofessor aus Freiburg (Schweiz), der früher bei der "Schildwache" unter selbigen Pseudonymen publiziert hatte [19].
Aber beide Zeitungen druckten mit der Zeit immer öfters dieselben Artikel ab [6], oder Autoren schrieben Artikel für beide Zeitungen. z.B. Carl Boxler, u.a. unter der Rubrik "Wir lesen die Bibel" [7]. Insgesamt wurden die Weder-Brüder als "reaktionäre Katholiken" bezeichnet, zum Beispiel vom bischöflichen KanzlerJohann Rüegg [20].
Das Blatt "Schildwache" verbreitete weiter die katholische Bluts-Ideologie [8], wurde dann aber in Deutschland 1937 verboten, was einen Rückgang der Abonenntenzahl von 6886 auf ca. 4234 zur Folge hatte, so dass der Zusammenschluss mit der Zeitung "Neues Volk" mit einer Auflage von noch ca. 3000 die einzige Lösung blieb und die Schildwache von Basel nach Rorschach "umzog". 1938 wurde die "Schildwache" auch in Italien verboten. Da die Wechselkurse des Auslands immer mehr fielen, wurden die Kunden im Ausland auch immer mehr zum Verlustgeschäft. In der Kriegszeit 1939-1945 halbierte sich die Abonnentenzahl erneut wegen dem Aufkommen vieler kleiner Lokalblättchen [10].
Die politische Organisation "Katholische Front" verschwand 1938 aus dem öffentlichen Leben [3].
In Stichworten:
Front "Katholische Front" / "Front der militanten Katholiken" (1933-1938 ca.)
Territorium: Kantonen Sankt Gallen, Appenzell Innerrhoden, Appenzell Ausserrhoden, Thurgau, unterteilt in Gaue, mit Gauleitern
Zeitung: "Das neue Volk", herausgegeben von den Gebrüdern Carl und Fridolin Weder, die dann auch die "Front der militanten Katholiken" gründen
Programm: Blut-Christi-Rassismus, Rekatholisierung des "Vaterlandes", Protestantismus sei eine menschliche "Erfindung" [wie wenn der Katholizismus keine menschliche Erfindung wäre], Antisemitismus
Gegner: Liberalismus, Sozialismus, Kommunismus, Bolschewismus, Freimaurerlogen, Freisinn, Judentum
Vorgänge: Zuerst Sympathie für Hitler - Gauveranstaltungen und Zeitungsartikel in "Das Neue Volk" - Judenhetze, Boykottaufrufe, Auseinandersetzungen mit der Israelischen Kultusgemeinde IKG - dann Abwendung von Hitler wegen der Begründung eines Neuheidentums - Sympathie mit Österreich - dann aber Abstieg der Gruppe in die Bedeutungslosigkeit 1938 wegen vieler neuer kleiner Blätter und wegen Verboten der Zeitung "Schildwache" im Ausland (S.30-35 [3-20]).
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Die politische Organisation "Die Neue Schweiz" (1933-1936)
Die Front "Die Neue Schweiz" wurde Ende März 1933 in Zürich gegründet und betrieb die eigene Zeitung "Neue Schweiz" mit dem Hauptakteur Fritz Joss, ein Berner Regierungsrat. Die Demokratie wurde akzeptiert. Das Wirtschaftsprogramm sah eine sittliche und politische Erneuerung vor. Vor allem der Mittelstand und das Handwerk sollten gestärkt werden.
Ihre Gegner sah die Organisation "Die Neue Schweiz" im Bolschewismus, in den Sozialisten und im Grosskapital.
Die Organisation "Die Neue Schweiz" vertrat den Protestantismus, verbunden mit dem Schutz von Famlilie und Kultur.
Schon Ende 1933 folgte aber eine Spaltung zwischen Theoretikern und Pragmatikern. Ab Juni 1934 wurde ein "Führer" als "oberster Landesleiter" ernannt, der Pfarrer Erwin Joss (S.35-38).
1934 erreichte die politisch konservative Organisation "Die Neue Schweiz" ihren Höhepunkt mit ca. 20.000 Mitgliedern, v.a. in der Deutschschweiz [88].
Die Gruppe hatte Berührung mit der Nationalen Front, was eine Radikalisierung in der Organisation "Neue Schweiz" zur Folge hatte und im April 1935 folgte eine Austrittswelle (S.35-38). Sämtliche Gewerbefunktionäre traten aus den Leitungsgremien zurück [88]. Im Dezember 1935 wurde das Zeitungsorgan "Neue Schweiz" eingestellt. Anfang 1936 wurde die zur Frontistenbewegung mutierte Organisation "Die Neue Schweiz" aufgelöst. Ein Rest trat zur politischen Organisation "Das Aufgebot" über (S.35-38).
In Stichworten:
Die Front "Die Neue Schweiz" (1933-1936)
Gründung Ende März 1933 in Zürich
Zeitung: "Neue Schweiz"; Hauptakteur: der Berner Regierungsrat Fritz Joss
System: Demokratie
Wirtschaftsprogramm: sittliche und politische Erneuerung, v.a. Mittelstand und Handwerk stärken
Gegner: Sozialisten, Grosskapital, Bolschewismus
Kultur: protestantisch, für Schutz von Familie und Kultur.
Vorgänge: Spaltung Ende 1933 zwischen Theoretikern und Pragmatikern - "Führer" Erwin Joss ab Juni 1934 - Höhepunkt 1934 mit ca. 20.000 Mitgliedern - Kontakte zur Nationalen Front, Radikalisierung - Austrittswelle im April 1935 - Gewerbefunktionäre verlassen die Leitungsgremien - Schliessung der Zeitung im Dezember 1935 - Auflösung der Front "Die Neue Schweiz" Anfang 1936 - der Rest tritt zu "Das Aufgebot" über (S.35-38, [88]).
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Front "Bund für Volk und Heimat" (BVH) (1933-1936)
Die Front "Bund für Volk und Heimet" wurde volkstümlich auch als "Bund vornehmer Herren" bezeichnet, denn die Gruppierung bestand aus "einflussreichen Herren". Die Gründung erfolgte Ende März 1933 in Langenthal. Die Gruppierung akzeptierte die Demokratie, den Föderalismus, und hatte auch den Patriotismus im Programm.
Wirtschaftlich stand der"Bund für Volk und Heimat" für Privateigentum, für die Förderung des Unternehmertums und der freien Berufe, für die Förderung des Bauernstands und der Bodenständigkeit.
Die Gegner sah der "Bund für Volk und Heimat" im Materialismus, Marxismus, in den Gewerkschaften und in der "Entartung" des Parlamentarismus. Es wurde eine "christliche" Kultur propagiert, mit heimatlicher Tradition.
Schon Ende 1933 erfolgte aber eine Spaltung. Eine Gruppe sympathisierte mit dem Dritten Reich und träumte von einem "Sammelbecken vaterlandstreuer Bürger". Der Traum erfüllte sich aber nicht. Im Juni 1936 erfolgte die Auflösung. Der Rest bekam die Empfehlung, dem "Schweizerischen Vaterländischen Verband" beizutreten (S.38-41).
1940 unterschrieben einige der Ex-Mitglieder des "Bund für Volk und Heimat" die "Eingabe der 200" (S.41) [mit der Forderung der Anpassung der Schweiz an das deutsche Nazi-System].
In Stichworten:
Front "Bund für Volk und Heimat" BVH (1933-1936)
Bezeichnung auch "Bund vornehmer Herren"
Gründung Ende März 1933 in Langenthal.
System: Patriotismus, Föderalismus, Demokratie.
Wirtschaftssystem: Privateigentum, Förderung des Unternehmertums und der freien Berufe, des Bauernstands, der Bodenständigkeit
Gegner: Materialismus, Marxismus, Gewerkschaften, "Entartung" des Parlamentarismus.
Kultur: christlich, heimatliche Tradition, einflussreiche Herren.
Vorgänge: Spaltung Ende 1933 - teilweise Sympathie mit dem Dritten Reich - Auflösung 1936 - Übriggebliebenen wird der Beitritt zum Schweizerischen Vaterländischen Verband empfohlen (S.38-41) - einige unterschreiben die "Eingabe der 200" (S.41).
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Die Bewegung "Heimatwehr" (1925-1933)
Die Front "Heimatwehr" wurde 1925 zum Schutze der kleinbäuerlichen Existenzen gegründet, ohne Fremdeinflüsse (S.53). Die Haupttätigkeit war im Berner Oberland. Der Grund für die Gründung der "Heimatwehr" war die Tatsache, dass die BGB (Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei [Vorfahre der SVP]) die Grossbauern bevorzugte (S.54).
Die Politik der "Heimatwehr" hatte die Leitlinie, die "Heimat" ("Heimet") zu erhalten, mit folgenden Massnahmen:
-- Zinsreduktion / Moratorium
-- stabile Abnahmepreise
-- Importregelung / Importschutz
-- Drohung mit Steuerstreik (S.54).
Zu Steuerstreiks kam es aber nicht (S.54).
Im Frühling 1933 kam die Heimatwehr unter faschistischen Einfluss (S.53), und es wurden mit der "Schweizerischen Faschistischen Bewegung" gemeinsame Aktionen unternommen. Am 17.10.1933 fand unter Fonjallaz und zwei leitenden Hematwehr-Leuten ein gemeinsames Pilgern nach Rom statt. Die nationalsozialistisch orientierten Schweizer schenkten Mussolini einen geschnitzten Bären. Im Februar 1934 erfolgte der Zusammenschluss der "Heimatwehr" mit der "Schweizerischen Faschistischen Bewegung" zur "Helvetischen Aktion".
Die "Heimatwehr" 1934-1946
Im Jahre 1934 gibt sich die Bewegung "Heimatwehr" neue Statuten mit einem klaren Bekenntnis zur Verfassung und zur Demokratie, aber gegen den unfruchtbaren Parlamentarismus (S.55). Der Einfluss bleibt meist nur auf das Berner Oberland beschränkt (S.55). 1935 hat die Heimatwehr gegen die Jungbauern keine Chance. 1936 wird die Zeitung aufgegeben. Bis 1946 bleiben nur lokale Sektionen im Berner Oberland übrig, mit einem Mandat im Berner Grossrat (S.56).
In Stichworten:
Die Bewegung "Heimatwehr" (1925-1933)
Gründung 1925 zum Schutze der kleinbäuerlichen Existenzen, die Bewegung agiert ohne Fremdeinflüsse (S.53), Haupttätigkeit im Berner Oberland. Grund: Die BGB bevorzugt die Grossbauern (S.54).
Politik: Das "Heimet" erhalten:
-- Zinsreduktion / Moratorium
-- stabile Abnahmepreise
-- Importregelung / Importschutz
-- Drohung mit Steuerstreik, aber nicht durchgeführt (S.54).
Vorgänge: faschistischer Einfluss ab Frühling 1933 (S.53) - Aktion mit der "Schweizerischen Faschistischen Bewegung" - Pilgerreise nach Rom am 17.10.1933 mit Fonjallaz - Geschenk eines geschnitzten Bären an Mussolini - Zusammenschluss zur "Helvetischen Aktion" im Februar 1934 (S.55).
Heimatwehr 1934-1946
Neue Statuten:
-- Verpflichtung zur Verfassung und zur Demokratie
-- gegen den unfruchtbaren Parlamentarismus (S.55).
Territorium: nur Berner Oberland (S.55)
Vorgänge: Niederlage ab 1935 gegen die "Jungbauern" - Einstellen der Zeitung 1936 - lokale Sektionen im Berner Oberland bis 1946, ein Mandat im Berner Grossrat (S.56).
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Die Front "Schweizerische Faschistische Bewegung" 1933
Die Front "Schweizerische Faschistische Bewegung" wurde im Jahre 1933 durch den Infanterieoberst und ETH-Dozent für Kriegswissenschaften Arthur Fonjallaz gegründet (S.57). Es konnten Sektionen in den Kantonen Tessin, Vaud, Neuenburg, Genf, Solothurn, Zürich und Graubünden gegründet werden, sowie unter dem Namen "Fascios" auch in Italien in Mailand, in Genua, in Turin, in Florenz und in Rom.
Die "Schweizerische Faschistische Bewegung" betrieb drei Zeitungen: in Zürich die Zeitung "Schweizer Faschist", in Lausanne die Zeitung "Fasciste Suisse", und in Lugano die Zeitung "Fascista Svizzero" (bis 1935) (S.61).
Das politische Programm der "Schweizerischen Faschistischen Bewegung" bestand darin, den italienischen Faschismus zu glorifizieren. Die Bewegung kooperierte mit der "Heimatwehr", mit dem Höhepukt einer gemeinsamen Pilgerreise nach Rom mit einem Besuch bei Mussolini am 17.10.1933, wo ein geschnitzter Bär als Geschenk abgegeben wurde (S.57). Im November 1933 wurde Fonjallaz aus der schweizer Armee entlassen. Im Januar 1934 bei einer faschistischen Demonstration in Bellinzona kam es zu einem Handgemenge, woraufhin der geplante "Marsch auf Bellinzona" behördlich verboten wurde (S.61).
1935 können die Faschisten im Tessin und im Wallis kein einziges Mandat mehr erobern. Die Zeitung "Schweizer Faschist" wird daraufhin eingestellt und die Partei wegen Geldmangels aufgelöst (S.61). Fonjallaz macht allein weiter und wird 1940 wegen verbotenem politischem Nachrichtendienst zugunsten Deutschlands verhaftet, 1941 zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach seiner Freilassung 1944 stirbt er [Umstände?] (S.62).
In Stichworten:
Die Front "Schweizerische Faschistische Bewegung" 1933
Gründung durch Infanterieoberst und ETH-Dozent für Kriegswissenschaften Arthur Fonjallaz (S.57)
Sektionen: TI, VD, NE, GE, SO, ZH, GR, im Ausland auch in Mailand, Genua, Turin, Florenz, Rom als "Fascios".
Zeitungen:
-- Zürich: "Schweizer Faschist"
-- Lausanne: "Fasciste Suisse"
-- Lugano: "Fascista Svizzero" bis 1935 (S.61)
Politik: Glorifizierung des italienischen Faschismus, Zusammengehen mit der Heimatwehr
17.10.1933: gemeinsames Pilgern nach Rom, Besuch bei Mussolini (S.57)
November 1933: Fonjallaz wird aus der schweizer Armee entlassen
Januar 1934: faschistische Demonstrationen in Bellinzona mit Handgemengen, woraufhin der geplante "Marsch auf Bellinzona" behördlich verboten wird (S.61).
Zusammenschluss mit der Heimatwehr zur Helvetischen Aktion im Februar 1934 (S.55).
1935 ohne Mandat im Tessin und im Wallis - Schliessung der Zeitung "Schweizer Faschist" - Auflösung der Bewegung wegen Geldmangels (S.61) - Fonjallaz agiert alleine weiter - 1940 Verhaftung von Fonjallaz wegen Nachrichtendienst für das Dritte Reich - 1941 Verurteilung zu 3 Jahren Zuchthaus - Freilassung 1944 (S.62).
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Die Front "Helvetische Aktion"
Die "Helvetische Aktion" ist der Zusammenschluss von "Heimatwehr" und der "Schweizerischen Faschistischen Bewegung" (S.55). Führer ist Fonjallaz von den Faschisten.
Gegner sind die Freimaurerei (S.54), die Zinsknechtschaft und der Marxismus.
Politik: gegen fruchtlosen Parlamentarismus, gegen volkszersetzende Parteiherrschaft, Zusammenarbeit mit der Nationalen Front je nach Kanton (S.55).
Am 5. Mai 1934 erhält die Helvetische Aktion in Frutigen 40,4%, im Simmental insgesamt 11,4.
Ende 1934 spaltet sich die Helvetische Aktion aber wieder auf wegen des Streits um die Zusammenarbeit mit Faschisten (S.55).
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Die Front "Nationaldemokratischer Schweizerbund" (1935-1943)
René Sonderegger aus Appenzell gibt 1933 in Zürich ein Buch heraus: "Die Schweiz im Umsturz". Er ist Mitglied bei der Sozialdemokratie und bei der Neuen Schweiz. Dies reicht ihm aber nicht. 1935 gründet er eine eigene Front, den "Nationaldemokratischen Schweizerbund".
Politisch nimmt der "Schweizerbund" klar Position für die Demokratie, gegen Rassenwahn, sowei gegen Unkultur und Barbarei. Bei den Wahlen im Kanton Zürich bleibt der Schweizerbund aber erfolglos und ohne Mandat. Mit der Zeit grenzt sich Sonderegger aber auch selber aus, und er kommt sogar zur Überzeugung: "Diese Republik kann Männer wie mich nicht gebrauchen". Es kommt zur Entfremdung.
Im August 1940, nach der deutschen Besetzung Belgiens, Hollands, Luxemburgs und halb Frankreichs mit Paris kippt Sonderegger. Er beginnt nun, Grundwerte in Frage zu stellen und fordert eine neue Politik mit einer Belebung des erstarrten demokratischen Systems. In seiner kompletten geistigen Verirrung sagt Sonderegger:
Sonderegger:
"Die Belebung wird erst zurückkehren, wenn Hitler der Schweiz ihren Platz im neuen Europa zugewiesen haben wird."
Hitler vernichtet gemäss Sonderegger die Scheindemokratie. Hitler ist gemäss Sonderegger "der grösste und einzig praktizierende Staatsphilosoph, welcher die Demokratie zu erwecken imstande ist."
[Damit ist Sonderegger wirklich ein Sonder-Egger geworden...]
1940 behauptet Sonderegger in einem Brief an Bekannte, es existiere eine direkte Entwicklungslinie: Niklaus von der Flüe - Zwingli - Pestalozzi - Jacob Burckhardt - Hitler. Das Dritte Reich wolle die europäischen Kleinstaaten, die es "aus strategischen Gründen" erobert habe, "keineswegs als Untertanenländer behalten" ...
Sonderegger pflegt seine Vision der gemeinschaftlichen Freiheit. Nationalsozialismus sei die Erkenntnis dieses Jahrhunderts. Aufgabe der Schweiz sei es, Nationaldemokratisches zu Nationalsozialistischem "herüberzubringen". Die Neuordnung Europas stehe bevor, und die Schweiz müsse den Ereignissen zuvorkommen und sich freiwillig der neuen Lage anpassen.
1943 bricht Sonderegger mit dem Freiwirtschafter Werner Schmid. Schmid gibt im März 1943 den Sonderegger-Brief an den Vorstand des Freiwirtschaftsbundes und an die Bundespolizei. Sonderegger wird zur gestürzten politischen Grösse und zieht sich aus dem Nationalrat zurück (S.62-66).
In Stichworten:
"Nationaldemokratischer Schweizerbund" (1935-1943)
René Sonderegger aus Appenzell gibt 1933 in Zürich ein Buch heraus: "Die Schweiz im Umsturz". Er ist Mitglied bei der Sozialdemokratie und bei der Neuen Schweiz. Dies reicht ihm aber nicht. 1935 gründet er eine eigene Front, den "Nationaldemokratischen Schweizerbund".
1933 René Sonderegger (Appenzell, Mitglied bei der Sozialdemokratie und bei der Neuen Schweiz), Buch: "Die Schweiz im Umsturz", herausgegeben in Zürich
1935 Gründung des "Nationaldemokratischen Schweizerbunds"
Politik: für Demokratie, gegen Rassenwahn, gegen Unkultur und Barbarei
Vorgänge: kein Mandat im Kanton Zürich - Entfremdung Sondereggers zum Staat - ab August 1940 wird Sonderegger ein Hitler-Fan und behauptet, die Schweiz müsse sich anpassen, und Hitler würde die Demokratie "erwecken" - 1940 Brief mit der Behauptung einer Entwicklungslinie Niklaus von der Flüe - Zwingli - Pestalozzi - Jacob Burckhardt - Hitler - Behauptung, Hitler wolle keine "Untertanenländer" - Vision einer gemeinschaftlichen Freiheit - Behauptung, Nationalsozialismus sei die Erkenntnis dieses Jahrhunderts - die Schweiz müsse sich anpassen - 1943 Bruch mit Freiwirtschafter Werner Schmid - Schmid denunziert Sonderegger im März 1943 - Sonderegger zieht sich aus dem Nationalrat zurück (S.62-66).
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Die "Eidgenössische Front" (E.F.)
Im Sommer 1931 bildet sich ein Aktionskomitee gegen die Eeinführung der Rentenversicherung "Alters- und Hinterbliebenenversicherung" (AHV) und gegen den "mechanisierten Wohlfahrtsstaat", die "Eidgenössische Front" (E.F.). Das Wirtschaftsprogramm der "Eidgenössischen Front" fordert grösstmögliche, ökonomische Freiheit und die Abschaffung von Staatsinterventionismus.
Am 6. Dezember 1931 hat die Eidgenössische Front Erfolg, indem die Einführung der AHV abgelehnt wird, mit 513'485 Nein gegen 337'975 Ja.
Im "Frontenfrühling" 1933 kommt es am 1. April zur Neukonstitution in Bern unter dem Zürcher Anwalt Dr. Wilhelm Frick und Bruder Hans Frick, Pseudonym "Bubenberg".
Die Politik der "Eidgenössischen Front" besteht aus einem aristokratischen Ideal mit einem "Führerstaat". Die von "Bubemberg" gesteuerte E.F. ist grundsätzlich antidemokratisch ausgerichtet, findet keinen Sinn an Parlamenten, wendet sich gegen Gewaltentrennung. Eine Kopie des Hitlerismus wird aber nicht angestrebt. Es findet keine Judenhetze statt, jedoch wird der Ausschluss von Juden, Marxisten und Sozialisten aus dem Staatsdienst und aus dem öffentlichen Leben befürwortet (S.41-44).
Juli 1937: Umtaufen der E.F. in "Eidgenössische Aktion" - "Eingabe der 200"
Im Juli 1937 will die "Eidgenössische Front" E.F. keine Front mehr sein und tauft sich um in "Eidgenössische Aktion". 1939 löst sie sich auf. Der restliche Kreis um "Bubenberg" unterzeichnet am 15.11. und 12.12.1940 die "Eingabe der 200" (S.44-46).
In Stichworten:
Die "Eidgenössische Front" (E.F.)
Gründung Sommer 1931 als Aktionskomitee gegen die Einführung der AHV und gegen den mechanisierten Wohlfahrtsstaat.
Wirtschaftsprogramm: grösstmögliche ökonomische Freiheit, gegen Staatsinterventionismus.
Vorgänge: Erfolg der Propaganda mit der Ablehung der AHV am 6.12.1931 durch das Stimmvolk - Neukonstitution am 1.4.1933 im "Frontenfrühling" unter den Brüdern Frick unter dem Pseudonym "Bubenberg" (S.41-44). 1937 Umtaufung der "Eidgenössischen Front" (E.F.) in "Eidgenössische Aktion" - 1939 Auflösung - ein Teil unterzeichnet 1940 die "Eingabe der 200" (S.44-46).
Politik: aristokratisches Ideal, Führerstaat, antidemokratisch, gegen Parlamente, gegen Gewaltentrennung, von Bubenberg gesteuert. Also: autoritärer Staat mit freier Wirtschaft, bekommt Anhänger, mit Sympathien zum 3.Reich, mit Reichstagsbesuchen, mit Leistungsbewunderungen, aber es wird keine Kopie des Hitlerismus angestrebt; keine Judenhetze, aber Befürworten des Ausschlusses von Juden, Marxisten und Sozialisten aus dem Staatsdienst und aus dem öffentlichen Leben (S.41-44).
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Die Bewegung "Schweizerische Bauernheimat" oder Jungbauernbewegung "Schweizer Jungbauern"
Die Bewegung "Schweizerische Bauernheimat" wurde nach dem Ersten Weltkrieg (1927 [99]) als kulturelle Organisation gegründet, um die Landflucht zu bekämpfen. Das Zentrum der Bewegung war im Kanton Bern, Sektionen waren auch in den Kantonen St. Gallen, Thurgau und Zürich. 1930 rutschte die Gruppierung in eine krise und wurde als politische Organisation neue organisiert. Führendes Mitglied ist Dr. Hans Müller, der Kontakte und Unterstützung bei den Gewerkschaften und bei der Sozialdemokratie sucht und nicht bei der Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB) [Vorfahre der SVP]. Die Politik der "Bauernheimat" richtet sich gegen Bundesrat Rudolf Minger, den Freisinn und die BGB. Müller führt eine eigene Jungbauernfraktion im Berner Grossrat an. Als die "Jungbauern" für die Nationalratswahlen von 1935 eine eigene Liste aufstellen, wird Dr. Müller aus der Bauern, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB) ausgeschlossen. 1937 war Dr. Hans Müller an der "Führerkonferenz" in Möschberg [bei Worb, Region Bern].
Die "Bauernheimat" war nicht die einzige Jungbauernbewegung. Weitere waren die "Demokratische Partei" im Kanton Graubünden, und auch ein Teil der Bauernpartei im Kanton Schaffhausen konnte als Jungbauernbewegung angesehen werden.
Die "Bauernheimat" spaltete sich in eine frontistisch-nazionalsozialistischen und einen sozialistisch orientierte Richtung. Der frontistische Teil entwickelte eine frontistische Richtung mit "christlichen" Grundsätzen, mit Führerkult und mit der Propaganda einer "nationalen Erneuerung", v.a. im Kanton Bern und in der Ostschweiz. 1938 erreichten die Jungbauern im Kanton Bern einen Stimmenanteil von 13,8%.
Der andere Teil der "Bauernheimat" war gewerkschaftlich ausgerichtet und kollaborierte mit der Sozialistischen Partei. Als 1938 die Sozialisten der Berner Regierungsrat den Sozialisten zwei Sitze in der Exekutive zur Verfügung stellt, nehmen die Sozialisten die Sitze allein für sich in Anspruch mit dem Hintergedanken, man habe die Jungbauern nun "nicht mehr nötig". Die sozialistisch ausgerichteten "Jungbauern" fühlten sich daraufhin verraten und kündigten die Zusammenarbeit mit denSozis auf.
Die beiden Teile der "Jungbauern" waren [nach der Nazi-Besetzung von Österreich 1938] politisch total isoliert und wurden dann wiedervereinigt. Ab August 1940, ab den Nazi-Besetzungen in Belgien, Holland, Luxemburg und halb Frankreichs, wurden die "Jungbauern" völlige Anhänger des Dritten Reiches und proklamieren eine "Neue Zeit". Dr. Müller etablierte sich als Führer mit Aussprüchen wie: Man solle sich Hitler anpassen und den Beitrag am neuen Europa leisten: Man solle den "Anschluss" nicht verpassen.
1941 löste sich die "Demokratische Partei" in Graubünden von den "Schweizer Jungbauern" ab.
Die Politik ab 1941 war klar nazifreundlich. Die "Jungbauern" forderten die Integration der Schweiz in die "Neue Ordnung" in Europa, forderten frontistische Bundesräte, und forderten den Rücktritt der demokratischen Parteiführer. 1942 bekamen die "Jungbauern" im Kanton Bern 11,8% der Wählerstimmen. Die Parteimitglieder der "Jungbauernbewegung" betrieben z.T. auch Spionage für Deutschland. Zwei wurden als Landesverräter verurteilt. Bei den Nationalratswahlen 1943 [nach der Niederlage von Stalingrad] erlitten die "Jungbauern" dann aber Verluste. In St. Gallen blieb ein Restbestand, in Bern blieben zwei Abgeordnete. 1946 folgte die allgemeine Auflösung der Jungbauernbewegung und in den Kantonen Bern, Thurgau und Zürich viele Übertritte zur Fraktion der Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB [Vorläufer der SVP]). 1947 wurden im Kanton St. Gallen keine "Jungbauern" mehr gewählt. Die Bewegung zog sich aus der Politik zurück und beschränkte sich auf die "kulturelle" Tätigkeit (S.46-53).
In Stichworten:
Die Bewegung "Schweizerische Bauernheimat"
oder
Jungbauernbewegung "Schweizer Jungbauern"
Gründung nach dem 1. Weltkrieg
Territorium: Zentrum im Kanton Bern, Sektionen auch in den Kantonen St. Gallen, Thurgau und Zürich.
Politik: Bekämpfung der Landflucht, gegen Bundesrat Rudolf Minger, gegen Freisinn, gegen die Bauern, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB [Vorgängerin der SVP])
Vorgänge: Krise 1930 und politische Reorganisation - Vertreter Dr. Hans Müller - Fraktion der "Jungbauern" im Berner Grossrat - eigene Liste für Nationalratswahlen 1935 - Dr. Müller wird aus der BGB ausgeschlossen - 1937 Teilnahme von Dr. Müller an der "Führerkonferenz" in Möschberg.
Andere "Jungbauernparteien" sind die "Demokratische Partei" in Graubünden und Teile der Bauernpartei im Kanton Schaffhausen.
Spaltung der Jungbauernpartei in eine frontistische Richtung (v.a. Kanton Bern und Ostschweiz) und eine sozialistische Richtung - 1938 13,8% im Kanton Bern - als die Sozialisten in der Exekutive des Kantons Bern zwei Sitze erhalten und den Jungbauern keinen abgeben, brechen die sozialistischen Jungbauern mit den Sozis - nach der Nazi-Besetzung Österreichs sind die Jungbauern in der totalen Isolation - Wiedervereinigung der beiden Richtungen - ab August 1940 total nazifreundlich und Proklamation einer "Neuen Zeit" mit Dr. Müller als "Führer": Man solle den "Anschluss" nicht verpassen.
1941 löst sich die "Demokratische Partei" in Graubünden von den "Schweizer Jungbauern" ab.
Politik ab 1941:
-- Forderung nach Integration der Schweiz in die "neue Ordnung" in Europa
-- Forderung nach neuen frontistischen Bundesräten
-- Forderung nach Abtreten der demokratischen Parteiführer.
1942 11,8% im Kanton Bern - Spionage für Deutschland - Verurteilungen als Landesverräter - Verluste bei Nationalratswahlen 1943 - 1946 Auflösung der Jungbauernbewegung und Übertritte in die BGB in den Kantonen Bern, Thurgau und Zürich - 1947 ist das Parlament des Kantons St. Gallen jungbauernfrei - nur noch "kulturelle" Tätigkeit (S.46-53).
Innenpolitische, faschistische Schockereignisse in der Schweiz
1937
Faschistische Universität Lausanne ehrt Mussolini mit dem Ehrendoktortitel
Mussolini bekommt von der Sozial- und volkswirtschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne zur 400-Jahr-Feier der Universität den Ehrendoktortitel (S.58-59).
Zensur
Am 1. Juli 1938 verbietet der Bundesrat die Verwendung fremdländischer Symbole in schweizerischen politischen Vereinigungen. Ende Oktober 1938 werden die Kundgebungen vom Bundesrat verboten (S.72-74).
15.11. und 12.12.1940: Die "Eingabe der 200"
Forderungen:
-- totale Zensur, um Hitler nicht zu "reizen"
-- Neutralität sei offiziell gefährlich gegen Hitler
-- Ausschalten "schädlicher" Politiker, Journalisten und Zeitungen
-- Überprüfung der laufenden politischen Prozesse und Strafuntersuchungen.
Erst am 22.1.1946 werden die Namen dieser Petition bekanntgegeben (44-46).
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