3.2.J.
Schweizer im britischen Dienste: 1855-1856
[1855: Deutsche und schweizer Söldnerlegion im Krim-Krieg:
Mehr als einen Garnisonsaufenthalt in Izmir gab es für sie
nicht - Nov. 1856 Entlassung]
Während des Krimkrieges suchte England eine deutsche und eine
schweizerische Söldnerlegion für den Dienst am Schwarzen Meer
aufzustellen. Die Verhandlungen mit einem privaten Komitee, an
dessen Spitze Oberst Sulzberger stand, führten 1855 zur
Kapitulation [Militärvertrag] für ein Regiment von 5000 Mann,
in drei Bataillonen. Als Uniform wurde ein roter Rock und
dunkle Beinkleider bestimmt. Anwerbung auf Zeitdauer des
Krieges plus 1 Jahr. Die Werbedepots entstanden in Jougne [im
Jura an der CH-Grenze] und Schlettstadt [Elsass], aufgestellt
wurden die Bataillone in Dover [Südengland an der Kanalküste]
und von dort im Frühjahr 1856 über Gibraltar und Malta nach
Smyrna [heute Izmir] verschifft. Nach einem
Garnisonsaufenthalt
von einigen Monaten machte der Friede dem Dienst ein Ende, und
im November 1856 wurde die "Legion" wieder entlassen. Sie
hatte einige Aufmerksamkeit erregt, weil Alt-Bundesrat U.
Ochsenbein darin Dienst genommen [hatte], während das
Regiments-Kommando von englischen Offizieren geführt wurde.
[Schweiz ab 1850: Neue Einstellung zum Söldnerdienst
verbietet sogar die Werbung wegen der Schwächung der eigenen
Landesverteidigung]
Die zeitliche Entfernung von den Erlebnissen der Schweizer im
"Fremdendienst", die politische Beruhigung [S.243], die
seither die damals hochgehenden Wogen der Parteileidenschaft
hat abflauen lassen, ermöglichen es heute, ein gerechteres
Urteil über Vor- und Nachteile zu fällen, als dies seinerzeit
im Kampf der Meinungen möglich gewesen. Die heutige Anschauung
aller Völker lehnt einen Fremdendienst ab; er widerspricht dem
Patriotismus und ist kränkend für den Nationalstolz beider
Teile. Unser neues Militärstrafgesetz hat ausdrücklich auch
die passive Werbung unter Strafe gestellt "wegen Schwächung
der Wehrkraft", entzieht doch ein Dienstverhältnis in fremdem
Heere im Notfall den Mann unserer eigenen Landesverteidigung.
Gegen diesen Standpunkt lässt sich nichts vorbringen.
[Junge Schweizer Armee: Erfahrene Söldner geben ihr Wissen
weiter]
Als der junge Bundesstaat aber seine militärischen Führer und
Berater suchte, da musste er froh sein, über Leute verfügen zu
können, die auf den verschiedensten Schlachtfeldern, in den
verschiedensten Armee ihre militärischen Erfahrungen gesammelt
hatten und in der Lage waren, dem jungen Heere viele
Versuchsstadien und Probezeiten zu ersparen. Wie einst den
alten Orten, wurden jetzt dem Bund die erfahrenen Offiziere
aus kaiserlichem und königlichem Dienst die wertvollen
Berater.
Ein Grossteil der obern Führer unserer Armee in den Jahren
1848-1870 hatte die rauhe Schule des Fremdendienstes
durchlaufen:
-- General Dufour war mit den Franzosen vor Korfu im Feuer
-- Oberst Hch. Wieland in Gaeta,
um nur zwei zu nennen. Sei und ihre vielen Kameraden haben
nicht nur der schweizerischen Zuverlässigkeit und Tapferkeit
in vielen Ländern Anerkennung verschafft, sondern die
Entwicklung des schweizerischen Wehrwesens lässt sich auch
ohne sie nicht denken. Ihren Kriegserfahrungen haben wir es zu
danken, wenn unserer Miliz die vielbelachte Gemütlichkeit der
"Bürgergarde" fremd blieb; die harte Schule des rauhen
Dienstes unter fremder Fahne hatte sie gelehrt, dass es kein
"Soldatenspielen" gibt, sondern nur eine pflichtgetreue
Dienstleistung für die Wehrmacht. Der Krieg kennt keine
Rücksichten. [S.244]
[Die schweizer Söldner taten einfach ihre "Pflicht"]
Und neben den Offizieren und Führern brachten die vielen
ungenannten und unbekannten Soldaten die gleiche Auffassung
nach Hause. Nicht alle waren Gestalten, deren man sich mit
Stolz erinnert, aber sie taten draussen ihre oft schwere und
ungewohnte Pflicht, und sie hielten in einer gefährlichen Zeit
des leichten Idealismus in den breiten Schichten des
Schweizervolkes jenen Geist der Wehrhaftigkeit und des Ernstes
wach, dessen wir bedürfen zur Sicherung unserer
Unabhängigkeit. [S.245]
Quellen
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