Kontakt / contact      Hauptseite / page principale / pagina principal /
              home      zurück / retour /
              indietro / atrás / back
<<         >>

Die Schweizer Wehrmacht - schweizer Soldaten im Ausland

Kapitel 3.1.: Fremdendienste: in der Zeit von Napoleon

C. Schweizer kämpfen für und gegen das (französische) Kaiserreich: 1805-1814

4 Schweizerbataillone zu je 4000 Mann - Kämpfe in Italien gegen Ö - Besetzung von Venedig 1805 - Kampfhandlungen in Süditalien 1806 - Desertionen und Dienstverweigerung in der Schweiz - das Wallis ist im "Département Simplon" - das Bataillon aus dem Wallis für den Näpi - Neuenburg ab 1806 unter F mit den "Canaris" in Gelb ab 1807 gegen Ö 1809 und gegen Sp ab 1810

Und die Massenmörder mit Spiess, Helebarde und Gewehr wollten alle "Christen" sein.

Blutopfer (S.157)

von Oberst i.Gst.Dr. Feldmann - unter Mitarbeit von Oberstleutnant Schafroth und Oberstleutnant Schumacher - Hallwag, Bern

präsentiert von Michael Palomino (2024)


Teilen:

Facebook








3.1. C. Schweizer kämpfen für und gegen das Kaiserreich: 1805-1814

Aufstellung und Feldzüge in Italien. 1805-1811.

[Die Zusammenstellung neuer Regimenter, Bataillone und Kompanien mit 16.000 Schweizern]

Durch Militärallianz und Kapitulation [Militärvertrag] vom 27.September 1803 verpflichtete sich die wiederhergestellte Eidgenossenschaft, Frankreich 4 Regimenter von je 4000 Mann [insgesamt 16.000 Mann] durch freie Werbung zu stellen. Wieder wurde bestimmt, dass nur Dienst auf dem europäischen Festland geleistet werde; die Anwerbung erfolgte auf 4 Jahre, Besoldung und Beförderung war den französischen Truppen gleichgestellt [S.156]. [1]

[1] Uniform: roter Rock, weisse Hose, Gamaschen, weisses Lederzeug. Aufschläge und Kragen gelb beim 1., königsblau beim 2., schwarz beim 3., hellblau beim 4. Regiment. Grenadiere Bärenmützen, übrige Tschako.

Jedes Regiment bestand aus 4 Bataillonen und 1 Artilleriekompagnie (2 Geschütze). Anfänglich zählte jedes Bataillon 1 Grenadier- und 7 Füsilierkompagnien. 1807 wurde noch je 1 Voltigeurkompagnie aufgestellt aus kleinen, flinken Leuten, die hinter Reitern aufs Pferd sitzen konnten, also eine Art "leichter Truppen". Ein Regimentsdepot von ca. 1000 Mann sollte die stete Ergänzung der Bestände jedes Regiments ermöglichen. Wie zu Zeiten der bourbonischen Könige gab es wieder einen Generalobersten der Schweizer; zuerst Marschall Lannes, nach dessen Tode 1809 Marschall Berthier, als Fürst von Neuenburg.

[Kriegsgefahr mit Ö+Ru im Frühjahr 1805 - neue Regimenter in Italien - Schlacht von Castelfranco vor Venedig (23./24.11.1805): Ö verliert Venedig - F besetzt Neapel]

Erst im Frühjahr 1805, als ein neuer Krieg mit Oesterreich und Russland in Sicht war, berief sich der Kaiser auf diesen Vertrag und verlangte vorerst die Aufstellung des ersten Regiments, dessen Grundstock die alten Halbbrigaden bilden wollten. In Bastia bildete die 3. Halbbrigade das 1. Bataillon, in Elba das 2.; in Livorno wurde aus der 2. Halbbrigade das 4. Bataillon formiert, und aus den durch Rekruten ergänzten Resten der 1. Halbbrigade entstand in Oléron bei Rochefort das 3. Bataillon. Regimentskommandant wurde Oberst Raguettly von Flims. Aus 33 bisherigen schweizerischen Bataillonen, 3 Schwadronen und 1 Artilleriekompagnie war die Mannschaft des neuen Regiments zusammengestellt worden, ein Hinweis auf die grossen Blutopfer, die die Schwächezeit der Eidgenossenschaft das Land gekostet.

Briefe aus den ersten Feldzügen des Regiments besagen, dass die neue Truppe vom besten Geist beseelt war; die Muss-Soldaten aus der Zeit der Helvetik waren verschwunden, der alte Söldnergeist herrschte wieder unter den Freiwilligen; auf sorgsame Auswahl der Offiziere wurde besonderes Gewicht gelegt, die Anforderungen an deren Erziehung und Charakter [S.157] wurden gesteigert, zum Vorteil der Truppe. Am 4. Juli 1805 formiert, marschierte das 3. Bataillon (Kommandant Major Scheuchzer) in 52 Marschtagen nach Turin und kam dann ins Gebiet von Parma, wo es einen ermüdenden Kleinkrieg mit aufständischen Bauern führte. Im September 1806 zog es nach dem inzwischen von Masséna eroberten Neapel, wo bereits das 4. Bataillon (Kommandant Oberstleutnant Clavel) zur Erholung lag. Dieses hatte im Herbst 1805 im Korps Gouvion St-Cyr gegen die Oesterreicher in Venetien gekämpft, und in der Division Reynier teilgenommen an der Schlacht von Castelfranco (23./24. November [1805]), in der der österreichische Führer Prinz Rohan mit 6000 Mann zur Uebergabe gezwungen wurde. Im Frühjahr 1806 zog es unter General Reynier nach Neapel, nahm teil an den Gefechten von Campotenese und vor Gaeta, indessen der König von Neapel nach Sizilien floh und die Engländer zu Hilfe rief.

[England gegen Frankreich in Süditalien in Kalabrien in Maida - mit Schweizern und Polen - Regiment von Wattenwyl mit Maida-Knöpfen]

General Stuart landete darauf Ende Juni [1806] mit 4 Brigaden (251 Offiziere, 5280 Mann) in der Bucht von Sta. Eufemia in Kalabrien. Auf diese Nachricht hin rückte General Reynier mit 9 Bataillonen (6440 Mann, davon 630 Schweizer des 4. Bataillons) in Eilmärschen heran und legte in 3 Tagen 80 Meilen auf schlechten Wegen zurück, er lagerte etwas landeinwärts am Flusse Amato bei Maida. Stuart zog ihm am 4. Juli entgegen; 4 Kompagnien des Schweizerregiments von Wattenwyl liess er als Lagerwache zurück; voraus marschierte die "leichte Brigade" Kempt, der auch die Wattenwyl'sche Jägerkompagnie zugeteilt war, die Grenadiere des Schweizerregiments standen in der Brigade Cole am linken Flügel, die restlichen 4 Kompagnien Schweizer waren der Reservebrigade Oswald zugeteilt. Zuerst warf die Brigade Kempt die Flügelbrigade Compère der Franzosen, deren Kolonnenangriffe im Feuer der ausgeschwärmten Jäger zusammenbrachen; 900 Mann zurücklassend, zog, sie sich nach Maida zurück und deckte dadurch die Flanke der Nebenbrigade Peyri ab, in der 2 Bataillone Polen in erster Linie und dahinter das Bataillon [S.158] Clavel marschierten. Die Polen flohen schmählich, wie sie in das zielsichere Salvenfeuer der Engländer kamen; das Schweizerbataillon hielt stand, wurde dann aber durch den Flankenangriff auf die letzte französische Brigade, Digonet, geworfen und musste mit dieser zurückgehen. General Reynier zog sich auf Catanzaro zurück unter Verlust von 1300 Mann, die Engländer hatten 327 Tote und Verwundete. Ihr ruhiges Feuer auf kurze Distanz hatte sich den ungestümen Angriffen der Franzosen überlegen gezeigt. Die beteiligten Regimenter erhielten Ehrenmeldungen; das Regiment von Wattenwyl führte den Namen "Maida" künftig auf seinen Uniformknöpfen.

Der Erfolg wurde nicht ausgenützt; zwar belagerte Stuart die kleine Festung Scylla, die am 23. Juli kapitulierte, aber am 26. Juli schiffte sich sein Heer wieder ein und beschränkte sich auf die Küstenbewachung in Sizilien, während Reynier einen grausamen Kleinkrieg gegen die Bauern- und Räuberbanden führte, der auch die Schweizer viele Verluste kostete.

[Desertionen und Kriegsverweigerung in der Schweiz - die schweizer Regierung kann die Regimenter kaum "auffüllen"]

Strapazen in Kalabrien schreckten selbst Abenteuerlustige ab. Trotz aller Gewaltmassnahmen (strafweiser Einstellung von Leuten, die zu Polizeistrafen Anlass gaben und dergleichen) konnte die Schweiz ihre Regimenter nie auf vollem Stand behalten. Es dauerte über zwei Jahre, bis das 2. Regiment seine 4000 Rekruten geworben hatte. Beim 3. Regiment wurden mehrfach Rekruten der letzten beiden Bataillone in die ersten zwei umgeteilt, um wenigstens die Marschbataillone für den Feldzug in Spanien bereitzuhalten. So zählte das 1. Bataillon allerdings im Herbst 1807 1250 Mann, das heisst 140 Mann per Kompagnie, aber schon das zweite rückte unvollständig über die Grenze, während vom 3. und 4. Detachement nicht nur in die Befestigungen von Tête de Flandre und Blankenberghe (437 Mann) genommen wurden, sondern noch ein "provisorisches Marschbataillon" nach Spanien entsandt wurde. Auch im 4. Regiment war die Aufstellung schwierig, die Kantonskontingente wurden ungenügend, oft gar nicht gestellt. Statt zwei Kompagnien lieferte [S.159] Unterwalden z.B. nur 20 Mann, Graubünden knapp eine statt drei Kompagnien. Im Oktober 1807 zählte das 3. Bataillon beim Abmarsch nach Spanien erst 943 Mann, das vierte damals nur 413 Mann in 9 Kompagnien.

[Bataillon aus dem Wallis für Frankreich - das Wallis wird im September 1811 Mitglied im "Département Simplon"]

Im Wallis, das seit 1805 eine eigene Republik bildete, wurde ebenfalls ein Bataillon für die französischen Dienste ausgehoben. Seine Uniform war ebenfalls der rote Rock, aber mit weissen Aufschlägen und Kragen. Ursprünglich von Oberstleutnant de Bons, seit 1810 von Blanc kommandiert, wurde es infolge der Einverleibung des Kantons in das französische Departement Simplon im September 1811 dem französischen 11. Linien-Infanterie-Regiment mit Garnison in Wesel zugeteilt. Während seiner kurzen, selbständigen Existenz finden wir das Walliserbataillon als Kampfgefährten der Schweizer in Spanien.

[Neuenburg ab 1806 französisch - das Bataillon "Canaris" ab 1807 - Einsatz ab 1809 gegen Österreich - Verteidiger der Donauinsel Lobau - dann ab Januar 1810 in Spanien]

Als Folge der preussischen Niederlagen wurde Neuenburg 1806 als Fürstentum dem Marschall Berthier, dem Generalstabschef Napoleons zugewiesen. Er liess im Mai 1807 ein Bataillon von 6 Kompagnien aufstellen, im Volksmund der gelben Uniformröcke wegen "les canaris" genannt, dem 1 Kompagnie Artillerie und Sappeure von 83 Mann, mit zwei Geschützen, zugeteilt war. Deren Uniform war allerdings blau mit roten Aufschlägen, wie auch der Ausgangsanzug der Offiziere des Bataillons. Obwohl schon 1808 aufgestellt und 967 Mann stark, kam das Bataillon erst 1809 im Feldzug gegen Oesterreich zur Verwendung, und zwar als Garde seines Fürsten. Da dieser stets beim Kaiser blieb, marschierten und kampierten die "Canaris" mit der kaiserlichen Garde. Sie fanden eine erste Verwendung als Verteidiger der Donauinsel Lobau, die unter General Reynier während der Schlacht bei Wagram befestigt wurde, zur Sicherung des Flussüberganges. Zum eigentlichen Eingreifen kam das Bataillon aber nicht; es wurde im November direkt von Wien nach Spanien geschickt, wo es im Januar 1810 eintraf. Sein dortiges Schicksal werden wir in späterem Kapitel sehen. [S.160]

[Damals gab es noch keine Autobahnen oder Eisenbahnen - es wurde alles marschiert und auf Eseln und Pferden transportiert. Kutsche fahren konnten nur die "hohen Leute" wie Oberste und Offiziere].

Die Frankreich schon vor 1800 einverleibten Gebiete von Genf und des Berner Jura (ehemaliges Bistum Basel) stellten ihre Ausgehobenen in den französischen Linienregimentern Nr.35 (Genf) und 61 (Département Mont Terrible), die der grossen Armee angehörten, aber z.B. nicht in Spanien zur Verwendung kamen. [S.161]

<<         >>






Bildernachweis




^