Mit Spionage lernt man nicht dazu,
sondern nur mit denken.
Dummheit erfindet schnell eine Gefahr, damit man
spionieren kann. Und die kriminelle Schweiz ist kein
Denkerstaat, sondern ein Manipulationsstaat gegen die
GANZE Welt - auch bei der Spionage - speziell gegen
Ausländer - die Psychose im schweizerischen Geheimdienst
-- UNA=Untergruppe Nachrichtendienst und Abwehr
(Spionage, Spannerei v.a. gg. Kritiker unter Oberst
Bachmann)
-- MSD=Militärische Sicherheitsdienste (Spionage und
Rufmorde der Bundesanwaltschaft und der hohen Militärs
gegen schweizer Militärangehörige)
-- P-26=Projekt 26 ("Widerstand", gegründet von Helmut
Hubacher, Chef angeblich Cattelan)
-- P-27=Projekt 27 (Spionage,
Spannerei v.a. gg. Ausländer, gegründet von Helmut
Hubacher, Chef Kaspar Villiger)
P-27
2. Ausserordentlicher Nachrichtendienst [P-27 -
die Vorgeschichte seit 1938]
2.1 Ausgangssituation
Wie bei der Widerstandsorganisation [P-26] ist auch die
Existenz eines ausserordentlichen Nachrichtendienstes
[P-27] durch die Verfügung des Vorstehers EMD [Drogenbaron
Kaspar Villiger] vom 30. März 1990 offiziell bestätigt
worden (vgl. Ziff. 1.1). Die PUK EMD legte auch hier bei
Erfüllung ihres Auftrages gemäss Artikel 2 des
Bundesbeschlusses vom 12. März 1990 das Hauptgewicht auf
die Abklärung der gegenwärtigen Situation.
2.2 Historischer Rückblick
2.2.1 Geheime Nachrichtendienste im Zweiten Weltkrieg -
[Generalstabschef Labhart und die Nachrichtenbeschaffung
mittels Agenten]
Im Jahre 1938 erliess der damalige Generalstabschef
Labhart (1936 bis 1940 Generalstabschef der Schweizer
Armee [web01]) "Weisungen für den Neuaufbau des
Nachrichtendienstes", die unter anderem auch die Aufgaben
und Aktivitäten der damaligen Nachrichtensektion
festlegten. Nach diesen Weisungen oblag der
Nachrichtensektion der Generalstabsabteilung auch der
Geheimdienst im engeren Sinne, d.h. die
Nachrichtenbeschaffung mittels Agenten.
[Max Waibel in Luzern 1939-1945 - Deckname "Rigi" -
"Wiking"]
Beispiele solcher geheimdienstlicher Aktivitäten des
Schweizerischen Nachrichtendienstes während des Zweiten
Weltkrieges sind bekannt. So schuf die
"Nachrichtensammelstelle 1, Territorialkommando 8" unter
Max Waibel in Luzern unter dem Decknamen "Rigi" eine
eigene Nachrichtenbeschaffungsorganisation in Deutschland,
die über Verbindungen bis zur Spitze der deutschen
Wehrmacht verfügte.
Berühmtheit erlangte auch die Nachrichtenlinie "Wiking",
welche Max Waibel schon vor dem Krieg aufgebaut hatte und
die prä- [S.233]
zise Informationen über die bevorstehenden deutschen
Feldzüge nach Skandinavien, Frankreich (1940) und Russland
(1941) lieferte.
[Private Nachrichtenorganisationen 1933-1945: "Büro Ha"]
Neben den von Teilen der Armee betriebenen
Geheimdienstnetzen bestanden auf privater Basis
errichtete, weitverzweigte nachrichtendienstliche
Organisationen, welche die schweizerische Armeeleitung mit
Informationen aus eigenen Quellen versorgten. Das
bekannteste Beispiel einer solchen Organisation ist das
"Büro Ha", aufgebaut und geleitet von dem seinerzeit in
Teufen wohnhaften Kaufmann Hans Hausamann. Über
verschiedene Quellen wurde nicht nur die Schweiz, sondern
auch die Alliierten (inkl. Sowjetunion) mit wichtigen
Informationen über Pläne und Projekte des Deutschen Reichs
beliefert. Nach aussen war Hausamann aus Gründen der
Abstreitbarkeit privat tätig, er arbeitete aber eng mit
den offiziellen Stellen zusammen.
[ab 1945: Private Nachrichtenorganisationen machen zum
Teil weiter - Büro Ha wird 1975 vom Spitzel-Oberst
Bachmann übernommen]
Während sich die geheimen Nachrichtendienste der Armee
während und nach dem Zweiten Weltkrieg auflösten, ist über
die weitere Existenz und Tätigkeit der privaten geheimen
Dienste nichts bekanntgeworden. Eine Ausnahme gilt nur in
Bezug auf die Organisation Hausamann, von der die
Arbeitsgruppe Bachmann der Geschäftsprüfungskommission des
Nationalrates in ihrem Bericht 1981 feststellte, sie sei
im Jahre 1975 von Oberst Bachmann - im Einvernehmen mit
dem Unterstabschef Nachrichtendienst und Abwehr -
übernommen worden.
2.2.2 Aufbau eines ausserordentlichen
Nachrichtendienstes durch Oberst Bachmann
2.2.2.1 Auftrag an Oberst Bachmann - [eine "besondere
Nachrichtenorganisation" - Studie 1974 - ein
"Vortragsexposé"]
Der Spitzel-Oberst Bachmann am Telefon [1] - erhielt 1974
von Divisionär Weidenmann einen "Auftrag" [2]
Ende 1973 wurde Oberst Bachmann beauftragt
[wer hat beauftragt?], eine besondere
Nachrichtenorganisation zu planen. Der Auftrag wurde als
geheim klassifiziert. Gespräche durfte Oberst Bachmann nur
mit einem engen Kreis von Personen führen. Am 19. April
1974 legte er eine entsprechende Studie vor. Divisionär
Weidenmann erteilte darauf Oberst Bachmann den Auftrag,
seine Arbeiten für einen mündlichen Bericht zuhanden des
Departementsvorstehers und allenfalls der Mi- [S.234]
litärdelegation des Bundesrates zusammenzufassen. Oberst
Bachmann stellte das Ergebnis seiner Studien in Form eines
Vortragsexposés zusammen, welches er am 28. August 1974
Divisionär Weidenmann übergab. Das Ergebnis der Studien
fasste Oberst Bachmann in der Referatsvorlage wie folgt
zusammen:
[Spitzel-Oberst Bachmann will schweizer
Spionage im Ausland]
"1. Vorgesehen ist eine Organisation, die ausserhalb der
Bundesverwaltung stehen soll. Ihr Chef soll für den
Aufbau, die Ausbildung und die Führung verantwortlich
sein; er und seine Mitarbeiter sollen nicht im
Bundesdienst stehen.
2. Das Projekt sieht zwei Netze vor, die grundsätzlich aus
Sicherheitsgründen voneinander getrennt organisiert werden
sollen.
[Das Netz der strategischen Nachrichten - "Pegasus"]
Ein Netz hätte strategische Nachrichten in den
Spannungsfeldern zu beschaffen mit dem Ziel, die
rechtzeitige Mobilmachung zu gewährleisten. Als
Nachrichtenquellen sind Mitarbeiter der schweizerischen
Industrie und Presse im Ausland und die mit diesen in
Verbindung stehenden Vertrauensleute aus Politik, Armee
und Wirtschaft der Beschaffungsländer. Seine Aufgabe wäre
die rechtzeitige Warnung in Krisenfällen und nicht die
tagtägliche Sammlung von Informationen. Statt viele
Mosaiksteine zu sammeln und zu sieben, wollen wir die
entscheidenden Steine in die Hand bekommen. Die
weltpolitische Entwicklung und die Möglichkeiten totaler
Bedrohung zwingen, nicht nur militärische Informationen zu
sammeln, sondern auch politische, wirtschaftliche,
technische und wissenschaftliche Faktoren in Rechnung zu
stellen.
[Das Spionagenetz im Ausland - "Argus"]
Das zweite Netz soll operativ-taktische Nachrichten in den
grenznahen Räumen für die Bedürfnisse des Armeekommandos
und der Kommandanten der Grossen Verbände beschaffen.
Seine Nachrichtenquellen wären mehrheitlich
Auslandsschweizer, die in den betreffenden
Beschaffungsräumen wohnen.
3. Diese Organisation muss von Anfang an nach den
Prinzipien der höchsten Geheimhaltung arbeiten. Das setzt
auch besondere Kanäle der Finanzierung voraus, als
unabdingbare Voraussetzung, dass sich Regierung und Armee
bei allfälligen Pannen von der Organisation distanzieren
können. In Friedenszeiten soll das Risiko grundsätzlich in
tragbaren Grenzen gehalten werden."
[Pegasus (Organisation P) ab
1978 - wird später "ausserordentlicher
Nachrichtendienst"]
Das erstgenannte Netz für strategische Nachrichten wurde
"Pegasus"
Pegasus war ein geflügeltes Pferd
der griechischen Mythologie [web02]. |
genannt. Die entsprechenden Aufträge
wurden erst 1978 erteilt. Dieses Netz wurde dann durch den
"ausserordentlichen Nachrichtendienst" abgelöst.
[Argus soll ein "Schweigenetz" im grenznahen Ausland
sein]
Das zweite Netz wurde "Argus" genannt
Argos war in der griechischen
Mythologie ein Riese mit 100 Augen am ganzen
Körper [web03]. |
und sollte als "Schweigenetz" aufgebaut
werden. Diese Idee eines grenznahen "Schweigenetzes" war
nicht neu. Bereits im Jahre 1938 hatte der
Generalstabschef der Nachrichtensektion den Auftrag
gegeben, zum [S.235]
Zwecke der Sicherung der Schweiz gegen einen Überfall in
einem 30-100 km breiten Streifen jenseits der
Schweizergrenze ein Netz schweizerischer Vertrauensleute
aufzubauen, mit dem Truppenverschiebungen vor allem im
süddeutschen Raum rechtzeitig hätten erfasst werden
sollen.
2.2.2.2 Information der Militärdelegation des
Bundesrates
Am 25. März 1975 behandelte die Militärdelegation des
Bundesrates unter anderem Fragen des Nachrichtendienstes.
Im Anschluss an diese Aussprache erhielt Generalstabschef
Vischer (1972-1976 [web03]) den Auftrag, ein Arbeitspapier
zu diesem Thema auszuarbeiten.
Generalstabschef Jakob Vischer 1972-1976 [5] reicht bei
Bundesrat und Verteidigungsminister Gnägi [3]
ein Memorandum über "Lücken im Nachrichtendienst" ein
Am 4. August 1975 reichte Generalstabschef
Vischer ein an den Vorsteher des EMD (Gnägi, 1968-1979
[web04]) gerichtetes Memorandum ein über "Lücken im
Nachrichtendienst", das neben anderen folgende Anträge
enthielt:
[1. Nachrichten zur "globalen Strategie"]
"1. Schaffung einer Organisation zur geheimen Beschaffung
militärstrategischer und wirtschaftlicher Nachrichten aus
den Schwergewichtsbereichen der globalen Strategie."
[2. "Nachrichten aus dem grenznahen Raum"]
"2. Schaffung einer Organisation zur geheimen Beschaffung
operativer Nachrichten aus dem grenznahen Raum."
Der Generalstabschef wies am 18. August 1975 vor der
Militärdelegation ergänzend darauf hin, "dass es eine
Ermessensfrage sei, wie weit man in diesem Bereich mit der
Einbeziehung der politischen Behörden gehen wolle
beziehungsweise gehen müsse. Es sei vielfach besser,
dieselben herauszuhalten und nicht direkt mit der
Verantwortung zu belasten" (Protokoll der Sitzung vom 18.
August 1975). Die Militärdelegation war grundsätzlich mit
den Anträgen einverstanden, wollte jedoch prüfen, wie weit
das EMD oder der Gesamtbundesrat damit befasst werden
müsse.
Rudolf Gnägi (Bundesrat und Verteidigungsminister der
Schweiz 1968-1979), Portrait 1971 [3]
An der Sitzung vom 28. Juni 1976
genehmigte die Militärdelegation des Bundesrates einen
Entwurf vom 4. Juni 1976 für ein Schreiben des EMD an alle
Mitglieder des Bundesrates. In diesem Entwurf wurden die
"Schaffung einer Organisation zur geheimen Beschaffung
militärstrategischer und wirtschaftlicher Nachrichten aus
den Schwergewichtsbereichen der globalen Strategie" sowie
die "Schaffung einer Organisation zur geheimen Beschaffung
operativer Nachrichten aus dem grenznahen Raum" erwähnt.
In der letzten Zif- [S.236]
fer legte der Chef des EMD "Wert darauf, die Erhöhung des
Nachrichtenkredites ihrer grundsätzlichen Bedeutung wegen
im Bundesrat zur Diskussion zu stellen". In der Folge
verzichtete aber das EMD darauf, diesen Brief zu senden.
Die Gründe dafür gehen aus den Akten nicht hervor.
Generalstabschef Senn (1977-1980 [web03]) führte vor der
PUK EMD aus:
Generalstabschef Hans Senn 1977-1980 [6]
"Die Militärdelegation des Bundesrates hat
offensichtlich allen Vorschlägen des Generalstabschefs
zugestimmt; denn sie wurden in die Tat umgesetzt. Für den
besonderen Nachrichtendienst kam man offenbar überein, die
Verantwortung dafür dem Unterstabschef Nachrichtendienst
und Abwehr zu überlassen. Bundesrat und Generalstabschef
sollten nicht involviert werden, um im Fall einer Panne
Landesregierung und Armeeleitung heraushalten zu können.
Alle Vorbereitungen sollten streng geheim bleiben."
[Ende 1978: Die kriminelle, schweizer Spionage im
Ausland fliegt auf]
Das Netz "Argus" wurde ab Ende 1976 aufgebaut, 1978 aber
aufgegeben, weil sich Probleme mit Nachbarstaaten ergaben.
2.2.2.3 Anonyme [?] Studie für einen geheimen
Nachrichtendienst - [1977 - Grundprinzipien]
In den Akten Bachmanns befindet sich eine Studie vom
Dezember 1977 mit dem Titel "Grundsätzliche Überlegungen
zu einem Geheimen Nachrichtendienst". Aus dem Dokument
gehen weder Autor noch Auftraggeber hervor. Die Studie
hatte keine weitere Folge. Sie enthält aber verschiedene
Aussagen und Ideen, denen die PUK EMD anlässlich ihrer
Untersuchung immer wieder begegnet ist:
- Prinzip der Abstreitbarkeit:
"Der Geheime Nachrichtendienst ist eine
Geheimorganisation, folglich existiert er nicht. Seine
Existenz wird formell nie zugegeben."
- Ablehnung der parlamentarischen Kontrolle:
"Geheime Nachrichtenangelegenheiten dürfen nie Gegenstand
von Diskussionen in öffentlichen oder nicht-öffentlichen
Parlamentssessionen sein." [S.237]
- Neutralisierung der Verwaltungskontrolle:
"... müssen Sonderanordnungen für eine geheime
Administration und Finanzierung des Geheimdienstes durch
besonders 'indoktrinierte' Sachbearbeiter in den
Personal-, Finanz- und Steuerämtern und anderen Zweigen
der Verwaltung: getroffen werden."
- Einbezug der obersten Exekutivgewalt:
"Angesichts der politischen Auswirkungen ... muss der,
Geheimdienst seine Legalität vom Bundesrat herleiten. Es
genügt keinesfalls, seine Amtsgewalt z.B. im
Generalstabschef oder im Chef des EMD zu begründen ohne
Vorwissen und Zustimmung des Bundesrates."
- Unter dem Titel "Ein Wort zum Schluss" heisst es:
"Ein Schweizerischer Geheimdienst könnte mit dem grossen
Vorteil anfangen, dass die übrige Welt wahrscheinlich der
Meinung wäre, die Schweiz befasse sich nicht mit Spionage.
Dazu käme noch, dass ein Neutraler im allgemeinen weniger
Misstrauen erregt als etwa ein Angehöriger eines
NATO-Staates. Die Schweiz hätte überdies Agentenanwärtern
einige sehr überzeugende Beweismittel anzubieten:
politisches Asyl, Bankgeheimnis und Sicherheit. Bei der
Anwerbung könnten dies wichtige Beweggründe sein."
2.2.2.4 Projekte PANA und PEGASUS
Aufgrund eines Auftrages des Unterstabschefs
Nachrichtendienst und Abwehr, Divisionär Ochsner,
arbeitete Oberst Bachmann zwei Varianten für eine
Nachrichtenorganisation aus: die eine trug den Namen
"Privater Auslandsnachrichtendienst (PANA)", die andere
wurde "Organisation PEGASUS", später Organisation "P"
genannt. Die Konzeption "PEGASUS" sah vor, dass die
Organisation "alle jene Aufträge im In- und Ausland
ausführt, die ein besonderes Sicherheitsrisiko bedeuten"
(Ziff. 2.12). Nach Ziffer 5.3 sollte der Chef der
Organisation "P" "... Verletzungen von untergeordneten
Rechtsgütern dann anordnen, wenn die Erfüllung des
Auftrages auf anderem Wege nicht möglich ist".
Mit Brief vom 30. April 1979 erteilte Divisionär Ochsner
Oberst Bachmann den Befehl, die Variante "PEGASUS" weiter
zu verfolgen und die entsprechenden Unterlagen
auszuarbeiten. [S.238]
Divisionär Richard Ochsner, Portrait [4]
2.2.2.5 Die Schaffung des
ausserordentlichen Nachrichtendienstes - [Entwurf für
einen "AOND" 1979 - Pegasus wird AOND]
Bei den im EMD [Schweizer Militärdepartement] deponierten
Handakten von Oberst Bachmann befindet sich ein Entwurf
vom 11. Juni 1979 für einen Antrag des "Eidgenössischen
Militärdepartementes an den Bundesrat betreffend Schaffung
eines ao. [ausserordentlichen] Nachrichtendienstes
(AOND)". Was mit diesem Entwurf geschah, lässt sich nicht
mehr rekonstruieren. Ziffer 1 des Entwurfs lautet:
"1. Gestützt auf Art. 102, Ziffern 9 und 12 der
Bundesverfassung und in Ergänzung der Dienstordnung des
Militärdepartementes bezüglich der Aufgaben des
Generalstabschefs wird ein ausserordentlicher
Nachrichtendienst (AOND) geschaffen."
Ein formeller Antrag wurde vom EMD offenbar nicht gestellt
(vgl. Ziff. 2.2.2.2). Divisionär Ochsner erliess am 6.
August 1979 provisorische Weisungen für den Aufbau und den
Betrieb des ausserordentlichen Nachrichtendienstes. Die
Organisation "P" [Pegasus] wurde aufgelöst beziehungsweise
in den ausserordentlichen Nachrichtendienst überführt.
[1979: Generalstabschef Senn schildert die
"Arbeitsmethoden" beim "Ausserordentlichen
Nachrichtendienst" - Millionen werden für Spionage
verschwendet]
Am 5. September 1979 orientierte Generalstabschef Senn den
Gesamtbundesrat mündlich über die Widerstandsorganisation
und den ausserordentlichen Nachrichtendienst. In seinem
Referatstext "Probleme der Untergruppe Nachrichtendienst
und Abwehr" wurde unter Ziffer 5.2. "Der Ausserordentliche
Nachrichtendienst (AOND)" ausgeführt:
"Die Beschaffung von Auslandnachrichten auf militärischem
und, soweit strategisch relevant, auf politischem,
wirtschaftlichem und technischem Gebiet kann nur bis zu
einem durch das Risiko bedingten Masse durch die
ordentlichen Nachrichtenbeschaffungsorgane durchgeführt
werden. Wer mehr will, muss auf eine besondere
Beschaffungsorganisation ausweichen, deren Eigenarten wie
folgt beschrieben werden können:
- Arbeit in völliger Anonymität
- Befähigung zur Übernahme aussergewöhnlicher Risiken
- Tätigkeit unter Verwendung von unkonventionellen Mitteln
und Methoden
- Möglichkeit der Ableugnung einer Verbindung zur Staats-
und Armeeführung (Abstreitbarkeit) [S.239].
Nach der prinzipiellen Orientierung der Militärdelegation
durch den früheren Generalstabschef im Jahre 1975 (Vischer
1972-1976 [web05]) wurden die ersten Ausbauschritte
gemacht. Heute laufen Ausbildung und Einsatz des
Ausserordentlichen Nachrichtendienstes sozusagen im
Versuchsbetrieb. Die Angehörigen des getarnten, mehrfach
abgeschirmten Beschaffungsapparates arbeiten voll- oder
nebenamtlich, im Privatvertragsverhältnis oder
unentgeltlich. Die durch die Eidgenössische
Finanzkontrolle überprüften Auslagen beliefen sich 1977
und 1978 auf Fr. 400'000.— bzw. Fr. 700'000. —. 1979
ist mit jährlich Fr. 900'000.—, in der Folge ansteigend
bis 1984 jährlich ca. 2,4 Mio zu rechnen.
[Vorschlag eines Aufsichtsrats]
Die einer solchen Organisation innewohnenden Gefahren
verlangen besondere Kontrollmassnahmen. Ein Aufsichtsrat
hat dafür zu sorgen, dass der AOND im Rahmen seiner
Aufträge arbeitet, die Mittel entsprechend einsetzt und
die eingegangenen Risiken überschaubar bleiben."
[Die Regierung sagt nichts dazu - was als "Zustimmung"
interpretiert wird]
Der Gesamtbundesrat
Ergänzung: mit Bundesrat Gnägi als
Verteidigungsminister [web04] und mit Kurt Furgler
im Justizdepartement [web06] (Kurt Furgler war ein
klarer schweizer Nazi mit Gummigeschossen,
Präventivstrafen, Sippenhaft und Erfindung von
Haftgründen und Urteilen gegen "Linke" und
"Alternative") |
nahm vom Referat ohne Diskussion oder Meinungsäusserung
Kenntnis, was gemäss Generalstabschef Senn - und laut
anderen hochrangigen Militärs - der Praxis entsprechend als
"grünes Licht" interpretiert wurde (vgl. Ziff. 1.2.4).
2.2.3 Bericht der Arbeitsgruppe
Bachmann der Geschäftsprüfungskommission des
Nationalrates 1980/1981 - [Bericht von 1981
"Angelegenheit Oberst Bachmann"]
[1990]: Vor der PUK EMD erklärte Oberst Bachmann als
Zeuge, zu seiner Zeit [bis 1979] sei der ausserordentliche
Nachrichtendienst operativ, das heisst unter Inkaufnahme
höherer Risiken und Bruchs fremden Rechts, tätig gewesen.
Vielleicht ein Dutzend mal pro Jahr seien Agenten in
seinem Auftrag im Ausland eingesetzt worden. Ende November
1979 wurde der Einsatz von Kurt Schilling bekannt, der im
Auftrag von Oberst Bachmann in Österreich Manöver
beobachtet hatte und dabei festgenommen worden war (vgl.
Ziff.!1.2.5). In der Folge musste Oberst Bachmann die
Leitung des ausserordentlichen Nachrichtendienstes
abgeben. Die Arbeitsgruppe Bachmann der
Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates, die sich
1980/1981 intensiv mit der Angelegenheit
Schilling/Bachmann auseinandergesetzt hatte,
veröffentlichte ihre [S.240]
Feststellungen und Wertungen in Bezug auf den
ausserordentlichen Nachrichtendienst im Bericht
"Angelegenheit Oberst Bachmann" vom 19. Januar 1981. Im
publizierten Bericht wurde der ausserordentliche
Nachrichtendienst aus Geheimhaltungsgründen als besonderer
Nachrichtendienst bezeichnet. Die wichtigsten
Feststellungen dazu sind folgende (Ziff. 232):
["Nachrichtenlücken" füllen - Verletzung
fremden Rechts überall - "erhöhtes Risiko" wird
in Kauf genommen]
"Der besondere Nachrichtendienst bildete eine
Parallelorganisation zur Sektion Nachrichtenbeschaffung
der UNA [Untergruppe Nachrichtendienst und Abwehr].
Während diese [die UNA] alle jene Nachrichten beschaffte,
die aus öffentlich zugänglichen Quellen oder mit geringem
Risiko erhältlich sind, dient der besondere
Nachrichtendienst [ausserordentliche Nachrichtendienst]
zur Nachrichtenbeschaffung mit erhöhtem Risiko. Schon in
Friedenszeiten wird diese Form der Nachrichtenbeschaffung
benötigt, um die letzten und entscheidenden
Nachrichtenlücken zu füllen. Wenn die öffentlichen und
halböffentlichen Quellen im Krisen- und Kriegsfall
versiegen, so kann sich die Bedeutung dieser Nachrichten
noch stark erhöhen.
Zwar bringt die besondere Nachrichtenbeschaffung eine
beträchtliche Gefahr für die Beteiligten, da nötigenfalls
die Verletzung fremder Rechtsordnungen mit allen ihren
Folgen in Kauf genommen wird. Sie ist daher nicht
leichthin auszuüben. Diese Form der Beschaffung von
Nachrichten kann jedoch bei erhöhter Bedrohung für die
rechtzeitige Vorwarnung sehr wichtig sein.
Der Bund ist somit zum Teil auf Nachrichten angewiesen,
die nur mit erhöhtem Risiko beschafft werden können. Diese
Nachrichtenbeschaffung ist notwendiger Bestandteil der
Landesverteidigung und steht daher nicht im Konflikt zur
Neutralitätspolitik. Die Funktion des besonderen
Nachrichtendienstes wird daher von der Arbeitsgruppe als
notwendig und gerechtfertigt angesehen. Die Probleme
liegen in der bisherigen Organisation und im Personellen."
[Spitzel-Oberst Bachmann ist Chef
beider Geheimdienste - der Trick der "privaten"
Anstellung soll Rechtsbrüche ermöglichen]
Der Bericht zeigt, dass man sich in der Arbeitsgruppe der
Problematik des Bruchs fremder Rechtsordnungen bewusst
war. Die Arbeitsgruppe wünschte eine noch weitergehende,
vollständige Privatisierung des ausserordentlichen
Nachrichtendienstes. Mit den Rechtsproblemen, insbesondere
der Frage nach der rechtlichen Grundlage, befasste sie
sich aber nicht näher. Dies erklärt sich einerseits mit
ihrer Aufgabenstellung und Blickrichtung.
Hauptstossrichtung waren die personellen und strukturellen
Probleme, speziell die Person Oberst Bachmanns und seine
Doppelfunktion als Chef beider Geheimdienste. Andererseits
glaubte man, durch eine [S.241]
verstärkte Privatisierung des ausserordentlichen
Nachrichtendienstes, durch eine Ausgliederung, durch
privatrechtliche Anstellungsverhältnisse und einen Aufbau
nach dem Milizprinzip allfällige politische oder
rechtliche Konflikte vom Staatswesen fernhalten zu können.
Die Arbeitsgruppe Bachmann übermittelte einen Teil der
gewonnenen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen in einem
geheimen Bericht dem EMD direkt (Verteidigungsminister
Chevallaz 1980-1983 [web04]). Laut offiziellem Bericht
seien darin zahlreiche geheime und streng geheime
Informationen enthalten. Ein Einblick in die Akten
offenbarte der PUK EMD jedoch, dass sich diese
Informationen praktisch ausnahmslos auf die Erledigung der
verschiedenen Verfahren gegen Mitarbeiter der UNA und der
als problematisch eingestuften weiteren
Arbeitsverhältnisse bezogen. Weitere, insbesondere
mündliche Berichte sind dem EMD nach Angaben der
Arbeitsgruppe nicht erstattet worden; es ist deshalb davon
auszugehen, dass der offizielle Bericht die damals
vorhandenen Arbeitsergebnisse enthält.