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CH Justiz Me 03: Kanton Aargau
30.12.2023: Mann 11 Jahre lang von 1959-1970 grundlos
im Gefängnis wegen falschem Mordverdacht
Walter Gross war in der Strafanstalt
Lenzburg - 11 Jahre unschuldig gesessen
Meldungen
präsentiert von Michael Palomino
Und auch dieser Fall stinkt wieder nach
Eichenberger+Lavoyer, die zwei kriminellen Feministinnen,
die immer Sexualdelikte ERFINDEN und nie auf alle Seiten
recherchieren:
Kriminelle CH-Justiz Kanton Aargau
30.12.2023: Der Fall Walter Gross - 12 Jahre unschuldig im
Gefängnis gesessen 1959-1971 - und ohne Hilfe von aussen
wäre er NIE freigekommen:
Die Aargauer Justiz machte ihn zum
Mörder: Freispruch nach 13 Jahren
unschuldig in Haft
https://www.blick.ch/gesellschaft/freispruch-nach-13-jahren-unschuldig-in-haft-die-aargauer-justiz-machte-ihn-zum-moerder-id19284923.html
Der Fall ist bis heute ein Rätsel: 13 Jahre sitzt Walter
Gross nach einem Mord in Baden AG in Haft, bevor er in einem
Revisionsprozess freigesprochen wird. Die Geschichte eines
Justizirrtums.
Simon Steiner
«Der Fall Walter Gross ist eine der merkwürdigsten und
zwielichtigsten Affären der Kriminalgeschichte», schreibt
das «Badener Tagblatt» 1971. Seit 13 Jahren sitzt der
vermeintliche Mörder im Gefängnis, nun kommt es im Rathaus
von Wettingen AG zum Revisionsprozess. Das öffentliche
Interesse ist riesig: Unzählige Journalisten verfolgen das
Geschehen, zur Urteilsverkündung drängen Schaulustige in den
Saal. Dann der Freispruch: «Der Saal widerhallt vom
donnernden Applaus, von den Bravorufen der vielen Menschen»,
schreibt ein Reporter. Der Gerichtspräsident mahnt zur Ruhe.
Mittendrin steht der 48-jährige Walter Gross
und verzieht keine Miene: «Mir ist nicht ums Lachen.»
Die Tat geschah auf der Ruine Stein, hoch über der Altstadt
von Baden AG. Am Morgen des 24. Mai 1958, eines
Pfingstsamstags, fanden zwei Schülerinnen bei der St.
Niklauskapelle einen Mann, der neben einer Sitzbank in einer
Blutlache lag. Der 57-jährige Christian Bätscher war Opfer
einer Gewalttat geworden. Er starb im Spital an seinen
Kopfverletzungen, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu
haben.
Das blutige Ende eines Sonderlings
Es war das «blutige Ende eines Sonderlings», wie es in der
Presse hiess. Der stark hörbehinderte Mann hatte jahrelang
die Kehrichtdeponie der Stadt betreut und dort in einer
Baracke gehaust. Nach seinem Tod stellte sich heraus, dass
er seit einiger Zeit in keiner Gemeinde mehr als Einwohner
gemeldet gewesen war.
Wenige Monate zuvor hatte es in der Region bereits einen
spektakulären Mordfall gegeben. Die Aargauer Polizei kam den
Tätern nicht selber auf die Spur und musste sich schwere
Vorwürfe gefallen lassen. Umso grösser war nun der Druck,
den neuen Fall rasch aufzuklären – erst recht, als das Opfer
diesmal eine stadtbekannte Persönlichkeit war, die nach
einhelliger Meinung «keiner Mücke etwas zuleide tun» konnte.
Die Ermittler kamen rasch zum Schluss, dass es sich um
Raubmord handeln müsse. In der Nähe des Tatorts wurden zwei
Teile einer vierkantigen Holzlatte gefunden, die als
Tatwaffe identifiziert wurde. Bätscher hatte am Freitag
seinen Zahltag bekommen. Als er auf der Ruine gefunden
wurde, fehlte das Geld. In einer Felsspalte in der Nähe war
man hingegen auf eine Brieftasche mit Fotografien und alten,
leeren Zahltagssäcklein des Getöteten gestossen. Die
Parkanlage auf der Burgruine sei «quasi die Sommerresidenz
des Clochards» gewesen», der «in den dortigen Felsspalten
auch seine Buchhaltung verstaute», sollte ein
Gerichtsreporter später schreiben.
Was geschah in der Nacht auf Pfingstsamstag?
Den Abend vor seinem Tod hatte Bätscher in Badener
Wirtshäusern verbracht. Nach Mitternacht wurde er am Bahnhof
zum letzten Mal gesehen. Die beiden Augenzeugen B. und W.,
die sich wie Bätscher im Restaurant Schmidstübli aufgehalten
hatten, erkannten diesen in Begleitung eines jungen Mannes
mit roter Weste. Sie beschrieben ihn als Typen mit
auffälliger Halbstarken-Bekleidung – jenem Stil, der von der
amerikanischen Rock-'n'-Roll-Kultur beeinflusst war.
Fototext: Augenschein am Tatort im Indizienprozess von 1959.
In der Mitte ohne Hut der Angeklagte Walter Gross.
Walter Gross wurde am Pfingstmontag um 6.45 Uhr aus dem Bett
geholt. Bei der polizeilichen Befragung gab der knapp
35-Jährige sofort zu, dass er in der Tatnacht mit Christian
Bätscher auf der Burgruine gewesen war. Er bestritt jedoch,
etwas mit dessen Tod zu tun zu haben. Auch Gross hatte am
Freitag seine Lohntüte erhalten und am Abend in einem Lokal
gejasst. Als er in sein Zimmer zurückkehren wollte, stand er
vor verschlossener Tür. Am Bahnhof traf er danach auf
Bätscher, den er flüchtig kannte. Auf der Suche nach einem
Schlafplatz machten sich die beiden auf den Weg zur Ruine.
Knapp unterhalb der Ruine legten die beiden eine Pause ein.
Dort befand sich eine Baustelle. Gross sollte später
aussagen, er habe mit einer Holzlatte von der Baustelle
Steine gespickt – mit einem solchen Stück, wie es als
Tatwaffe benutzt wurde. Laut Gross schlief Bätscher auf der
Ruhebank neben der Kapelle ein. Auf einem anderen Bänkli
hätten sich zwei Italiener unterhalten. Ihm sei es zu kalt
gewesen, deshalb habe er die Ruine wieder verlassen, um sich
ein anderes Nachtlager zu suchen.
«Arbeitsscheuer Vagant»
Die Leumundserhebungen warfen ein schiefes Licht auf Walter
Gross. Er war als «arbeitsscheuer Vagant» aktenkundig. Sein
Geld verdiente er als Fabrik- und Hilfsarbeiter. Seit
Februar 1956 war Gross in Baden. Das Urteil seiner Bekannten
über ihn zeigte eine grosse Spannweite. Doch in einem Punkt
waren sie sich einig: Niemand hatte ihn als gewalttätig
erlebt. Nach Pfingsten hatte Walter Gross eine neue Stelle
in Davos antreten wollen. Stattdessen landete er im
Bezirksgefängnis im Badener Stadtturm.
Hier war er mit dem Opfer unterwegs: Walter Gross erklärt
im Prozess, was in der Mordnacht geschah.
Der Mordfall Bätscher war der letzte grosse Prozess, der im
Kanton Aargau nach der Strafprozessordnung von 1858 in einem
klassischen Schwurgerichtsverfahren behandelt wurde. Zwölf
Geschworene, juristische Laien aus unterschiedlichsten
Berufen, hatten einen «Wahrspruch» zu fällen: Sie mussten
per Mehrheitsentscheid darüber befinden, ob Walter Gross des
Raubs und des Mords schuldig war – ja oder nein. Gross
beteuerte im Prozess im Sommer 1959 in Aarau erneut seine
Unschuld. Staatsanwalt Walter Real bezog klar Position:
«Alle belastenden Indizien beweisen im Zusammenhang
eindeutig, dass nur Gross Bätscher beraubt und getötet haben
kann. Die Täterschaft eines anderen muss praktisch
ausgeschlossen werden.»
Einen Kernpunkt der Anklage lieferten der Gerichtsmediziner
Ernst Hardmeier und der Kriminaltechniker Max Frei-Sulzer.
Während Hardmeier Blutspuren an Schuhen, Hose und Hemd von
Gross nachwies, kam Frei-Sulzer, der Leiter des
Wissenschaftlichen Diensts der Stadtpolizei Zürich, in
seiner Untersuchung zum Ergebnis, dass es sich bei den
beiden aufgefundenen Brettstücken eindeutig um das
Tatinstrument handeln musste. Bei der Spurenanalyse hatte er
nicht nur Haare des Opfers identifiziert, sondern auch
schwarze und rote Stofffasern der Kleidung von Gross – «alle
drei mit ausgesprochenem Seltenheitswert». Das Gutachten des
Experten gipfelte im Satz: «Gestützt auf dieses
Gesamtspurenbild kommen wir zum Schluss, dass Walter Gross
den Mord an Bätscher begangen hat.»
Verteidiger Louis Lang plädierte auf Freispruch. Er
zweifelte das Expertengutachten von Frei-Sulzer an und
verlangte eine Oberexpertise – erfolglos. Lang wandte sich
mit einem bewegten Appell an die Geschworenen und machte auf
diverse ungeklärte Punkte aufmerksam. Er verglich den
Sachverhalt mit dem Film «Es geschah am helllichten Tag»
nach Friedrich Dürrenmatt, der 1958 in die Kinos gekommen
war. Darin nimmt die Polizei einen vorbelasteten und
zufällig in eine Mordsache hineingeratenen Mann als
vermutlichen Täter fest und behandelt ihn als Schuldigen.
«Besonders schwerwiegend fällt sein Leugnen in Betracht»
- [der Polizeibericht stempelt Walter Gross zum Täter ab]
In der Tat hatte sich die Polizei in ihrem
Untersuchungsrapport eine Woche nach Bätschers Tod nicht
zurückgehalten: «Bei Gross Walter handelt es sich um eine
liederliche, arbeitsscheue und gänzlich unzuverlässige
Person. Gross darf ruhig als Lump bezeichnet werden.
Moralisch ist derselbe tief gesunken. (…) Besonders
schwerwiegend fällt sein hartnäckiges Leugnen in Betracht.
(…) Anderseits versteht es Gross, an der Öffentlichkeit eher
den Harmlosen zu spielen, während es sich in Wirklichkeit um
einen Verbrecher handelt.»
Ob Mörder oder nicht – unschuldig war Gross also ohnehin
nicht: Sein Lebenswandel verstiess gegen die bürgerliche
Norm. Solch abweichendes Verhalten wurde bereits seit dem
19. Jahrhundert häufig mit dem Kategorienpaar «liederlich
und arbeitsscheu» etikettiert – wobei sich Sozial- und
Kriminalpolitik kaum voneinander trennen liessen.
Fototext: «Liederlich und arbeitsscheu»: der Angeklagte
Walter Gross mit Justizbeamten bei der Tatortbesichtigung
auf der Ruine.
[Kriminelle Mossad-Medien übernehmen den Polizeibericht
mit der Vorverurteilung - erst ab 1968 kommt die Wahrheit
ans Licht]
Am 2. Juli 1959 sprach das Schwurgericht Walter Gross
des Raubmords schuldig. Im September folgte das
Strafmass: lebenslängliches Zuchthaus.
In den folgenden Jahren, die er in der Strafanstalt Lenzburg
verbrachte, versuchte Gross immer wieder, einen neuen
Prozess zu erreichen. Bewegung kam aber erst in die Sache,
nachdem die Ringier-Zeitschrift «Sie und Er» im Herbst
1968 eine Reportage über Gross aus der
Strafanstalt publiziert hatte. Die Coiffeuse Elisabeth
Meier, genannt Bethli, meldete sich bei Gross und besuchte
ihn fortan regelmässig. Das Paar verlobte sich, und sie
unterstützte ihn bei seinen Bemühungen um Rehabilitation –
auch finanziell.
«Sie und Er» berichtete nun regelmässig über den Gefangenen
und nahm für ihn Partei. Als 1970 wieder ein solcher Artikel
erschienen war, erhielt Walter Gross sogar einen Brief von
einem Bundesrat. Dieser ermutigte ihn, weiter für einen
Revisionsprozess zu kämpfen. Die Presse berichtete jetzt
wohlwollend über den Verurteilten: War Gross nach dem
Mord in den Medien und in der Öffentlichkeit
vorverurteilt worden, drehte sich die öffentliche
Meinung nun ins Gegenteil.
Der fatale Irrtum des Experten
Zum Revisionsprozess kam es, nachdem neue wissenschaftliche
Gutachten ein vernichtendes Urteil über die Expertisen von
1958/59 gefällt hatten. Die neuen Sachverständigen kamen zum
Schluss, dass es an den Kleidern von Walter Gross mit
grosser Wahrscheinlichkeit kein Blut hatte. Nach den
Tatumständen hätte sich der Täter aber fast unweigerlich mit
Blut bespritzen müssen. Ein deutscher Experte bewies zudem,
dass die Fasern, denen Max Frei-Sulzer 1959 grossen
Seltenheitswert attestiert hatte, in fast jeder Probe aus
Staubsaugerbeuteln von Haushalten in Wiesbaden zu finden
waren.
Fototext: Der Revisionsprozess im Rathaus in Wettingen
stösst 1971 auf grosses Publikumsinteresse
[Der Revisionsprozess von 1971 - und die kriminellen
Justizpersonen von 1959 werden NICHT BESTRAFT]
Im Revisionsprozess räumte Frei-Sulzer ein, mit seiner
Schlussfolgerung, Gross müsse der Täter sein, über das Ziel
hinausgeschossen zu haben. Die Verantwortung schob er an die
Aargauer Justiz sowie seinen ehemaligen Chef in Zürich ab,
der darauf bestanden habe, im Gutachten die Schuldfrage mit
einzubeziehen. Die verschiedenen Akteure hatten sich also
gegenseitig im Glauben bestärkt, dass man den Schuldigen
gefunden hatte. Frei-Sulzer sagte nun aus, man habe Gross
als Täter nicht ausschliessen können, folglich müsse er es
gewesen sein. Der Verteidiger quittierte diese Aussage
unmissverständlich: «Ein solch primitiver Umkehrschluss ist
in der Kriminalgeschichte wohl einmalig.»
«Klassisches Fehlurteil»
Der Mordfall Bätscher war damit endgültig zum Justizfall
Gross geworden. Mit der Entzauberung des Experten war ein
zentraler Teil der Anklage in sich zusammengefallen.
Der Freispruch kam vor diesem Hintergrund wenig
überraschend. In der Urteilsbegründung führte
Gerichtspräsident Beat Brühlmeier aus, das
Geschworenengericht habe Gross nach dem alten Grundsatz «in
dubio pro reo» (im Zweifelsfall für den Angeklagten)
freisprechen müssen. Das Verdikt von 1959 sei ein
«klassisches Fehlurteil».
Fototext: Ein freier Mann: Walter Gross nach dem zweiten
Prozess. Links im Bild seine Verlobte Elisabeth Meier.
Für Walter Gross blieb ein Schönheitsfehler. Es gab keinen
Täter, der Fall blieb ein Rätsel. Gross wurde mangels
Beweisen freigesprochen – nicht wegen erwiesener Unschuld.
Im Rückblick war klar, dass sich die Suche nach dem Täter zu
früh auf Gross konzentriert hatte. Inzwischen schien es kaum
mehr möglich, den Fall aufzuklären. Hätten die
Untersuchungsbehörden die gegenseitigen Alibis von B. und W.
genauer überprüfen müssen, jener laut Polizeibericht
«arbeitsscheuen und übel beleumdeten Personen», die Gross am
Bahnhof zusammen mit Bätscher gesehen hatten?
Oder hätten die Ermittler die Rolle der Brüder Sch. besser
untersuchen sollen? Der eine hatte die Tatwaffe im Gebüsch
entdeckt, der andere bei der Polizei ungefragt ausgesagt.
Oder hatten die Untersuchungsbeamten die Suche nach den
beiden Italienern zu früh aufgegeben, die sich laut Walter
Gross in der Tatnacht auf einer Sitzbank auf der Ruine
aufhielten?
Wenige Monate nach seinem Freispruch heirateten Walter Gross
und Bethli Meier. Bis zu seinem Tod 1989 lebten sie
gemeinsam in Zug.
Dieser Text ist zuerst in einer längeren Version in der
Publikation «Badener Neujahrsblätter 2024» im Verlag Hier
und Jetzt erschienen.
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