3.2.E.
Schweizer-Regimenter in Neapel: 1825-1859
[Der König beider Sizilien ist nicht liberal]
Der Dienst in Neapel ist es, der den Fremdendienst eigentlich
so recht in Verruf gebracht [hat], weniger wegen seiner
Auswirkungen an sich, als infolge einer nur durch die
politische Leidenschaft der achtundvierziger Jahre
erklärlichen wüsten Hetze gegen die als wirkliche "Stützen des
Thrones" anzusehenden Regimenter des antiliberalen Königs
beider Sizilien. Das Eindringen dieser Diskussionen auch in
die Truppe selbst und die daherige Unzufriedenheit einzelner
Soldaten mit ihrer Aufgabe, die, übersteigert, sich in einer
Meuterei Luft machte, haben mehr getan, um den Fremdendienst
in den Augen des In- und Auslandes zu diskreditieren als alle
nicht zu verhehlenden wirtschaftlichen und insbesondere
armenrechtlichen Folgen des Kriegsdienstes für fremde Staaten.
[Die Freimaurer-Revolution in Spanien von 1830 droht nach
Italien überzuschwappen - Verhandlungen von König Franz I.
mit schweizer Regierungen ab 1822 - Schweizerregimenter in
Neapel ab 1825]
Eine Folge der spanischen Revolution von 1820 war, dass König
Franz I. von Neapel versuchte, Schweizerregimenter in seinen
Dienst zu erhalten, um eine von liberalen und freimaurerischen
Tendenzen freie, zuverlässige Truppe zu haben. Die Revolution
in Spanien war das Werk meist freimaurerischer Offiziere
gewesen, daher das begreifliche Misstrauen des Monarchen gegen
seine ähnlichen Strömungen offene Wehrmacht.
Schon 1822 hatten Unterhandlungen mit Oberst Albert von
Steiger eine Kapitulation [Militärvertrag] über zwei
Regimenter ergeben; die Verhandlungen zerschlugen sich aber in
letzter Stunde und führten erst 1825 zum Ziel, indem damals
Luzern einerseits, Uri, Ob- und Nidwalden und Appenzell
andererseits, dann wieder Freiburg und Solothurn je für ein
Bataillon von 726 Mann kapitulierten [den Vertrag
abschlossen]. Ihnen schloss sich [das] Wallis an (1 Bataillon)
und 1827 Schwyz und Graubünden, während Bern erst 1828, dann
aber für ein ganzes Regiment von 2 Bataillonen kapitulierte
[den Vertrag abschloss].
[Schweizerregimenter lassen sich zu gut bezahlen]
Die Kapitulation war handelspolitisch vorteilhaft und sicherte
den Schweizern, auch was Sold und Pensionen anbelangte, grosse
Vorteile zu; sie waren damals (das britische Heer ausgenommen)
die höchstbezahlten [S.225] Soldaten Europas, ihr Sold
beanspruchte ein Achtel des Militärbudgets des Königreichs
beider Sizilien. [1]
[1] Ein Kuriosum bilden die Verpflegungsvorschriften, wonach
die 3 ersten Regimenter w e i s s e s Brot
erhalten sollten, während für das 4. keine derartige
Bestimmung bestand, weswegen es, wie die Nationaltruppen, nur
Roggenbrot fasste [der Adel meinte, das wertlose "weisse Brot"
sei besonders "edel", aber in Italien hat Brot nicht denselben
Stellenwert wie in Mitteleuropa].
Die Regimenter waren gleichmässig zu 2 Bataillonen von je 1
Jäger-, 1 Grenadier- und 4 Füsilierkompagnien organisiert.
Jedes Regiment zählte eine Artilleriesektion von 2 Geschützen
mit 1 Offizier und 39 Mann. [2]
[2] Eigentlich waren 4 Geschütze vorgesehen.
[Die Auswahl der Schweizersoldaten für Neapel: bis 40 Jahre
alt, Verbot von Mitgliedschaften in "geheimen
Gesellschaften"]
Der Totalbestand war 1452 Mann, Erhaltung desselben
ausschliesslich Sache der Regimentsinhaber. Die Anwerbung
erfolgte auf 4 oder 6 Jahre. Der grosse Andrang zur
Rekrutierung ermöglichte sorgfältige Auswahl der Bewerber, die
zwischen 18 und 40 Jahren stehen sollten und sich eidlich
verpflichteten, "keiner geheimen Gesellschaft" anzugehören.
[Schweizerregimenter 1 und 2 in Neapel - Schweizerregeiment
3 in Capua - Schweizerregiment 4 in Nola]
Die ersten beiden Regimenter sammelten ihre Rekruten in Genua
und Livorno und wurden 1827 in Torre Anunziata [Region Neapel]
und Castellamare [Castellammare bei Pescara] formiert. Dann
wurden sie nach Neapel verlegt, während das 3. Regiment in
Torre Anunziata, später in Nola, dann Capua [nördlich von
Neapel], Garnison bezog.
Das 4. (Berner-)Regiment wurde 1829 in Nola [Region Neapel]
formiert und trat erstmals am Piedigrottafest [im Quartier
Piedigrotta] 1830 in Neapel auf. Es war ein stolzer Anblick,
die 4 Regimenter grossgewachsener, rotröckiger Schweizer
defilieren zu sehen, und der König sparte mit seiner
Anerkennung nicht. Auch sein Nachfolger, Ferdinand II., der
1830 den Thron bestieg, war ein Gönner und Freund seiner
Schweizer.
Ueber die Regimentskommandanten und Uniformunterscheidungen
gibt folgende Aufstellung Uebersicht:
Regiment 1
Kantone: Luzern / Uri, Appenzell, Nid- und Obwalden
Kommandant: 1825-1831: von Sonnenberg - 1831-1845: Schindler -
1845-1849: Siegrist [S.226] - 1849-1854: Mohr - 1854-1856:
Schaub - 1856-1859: Besler
Uniformkragen und Patten [aufgesetzte Stoffteile]: hellblau
Regiment 2
Kantone: Freiburg / Solothurn
Kommandant: 1825-1832: von der Weid - 1832-1839: von Sury -
1839-1847: Bumann - 1847-1849: Brunner - 1849-1852: Müller -
1852-1859: von Sury
Uniformkragen und Patten: strohgelb
Regiment 3
Kantone: Wallis / Schwyz-Graubünden
Kommandant: 1826-1828: von Salis - 1828-1840: von Stockalper -
1840-1848: Dufour - 1848-1852: Riedmatten - 1852-1855: Rascher
- 1855-1859: Cabalzar
Uniformkragen und Patten: dunkelblau
Regiment 4
Kanton: Bern
Kommandant 1828-1829: von Wyttenbach - 1829-1837: Gingins de
la Sarraz - 1837-1843: von Muralt - 1843-1849: Bucher -
1849-1850: von Steiger - 1850-1859: von Wyttenbach
Uniformkragen und Patten: schwarz [S.227]
[Garnisonsdienst und kleine Polizeiaktionen bis 1848 - die
Einheits- und Verfassungsbewegung in Italien von 1848 - Ö+F
raus]
Abgesehen von kleinen Polizeiaktionen bei Unruhen und
Epidemien waren die Schweizer bis 1848 im endlosen
Garnisonsdienst verwendet worden. Dies änderte, als die
radikale Bewegung der 48er Jahre über Europa strich und
besonders in Italien der Ruf nach Einheit und Verfassung
erscholl. Der Papst, Leo IX., und der Genuese Mazzini waren
die rivalisierenden Vorkämpfer, jener für ein
monarchistisches, dieser für ein republikanisches, beide für
ein geeinigtes, österreich- und bourbonenfreies Italien.
[Aufstand in Sizilien 1848: Die Truppen des Königs von
Neapel werden aus Sizilien vertrieben - der schweizer Oberst
Gross leistet 22 Tage lang eine Show auf der Zitadelle von
Palermo]
Ihre Anhänger regten sich auch in Neapel und speziell in
Sizilien, wo um die Jahreswende 1848 bereits ein Aufstand
mazzinischer Färbung die Neapolitaner zur Räumung der Insel
zwang. Die meisten Festungen ergaben sich sofort den
Aufständischen, nur das Fort Castellamare, die Zitadelle von
Palermo, unter seinem Kommandanten, dem Schweizer Obersten
S.G.Gross nicht. Dieser hielt seine Neapolitanertruppen (er
hatte keine Schweizer unter sich) mit der Drohung des
Anzündens der Pulvervorräte und damit Sprengung der ganzen
Festung mit allen Insassen im Zaume und leistete 22 Tage gegen
die belagernden Sizilianer Widerstand. Er übergab die Festung
am 5. Februar 1848 auf schriftlichen Befehl des Königs,
ehrenvoll begrüsst von seinen Feinden, die ihm und seiner
Truppe einen triumphalen Auszug bereiteten. In Händen des
Königs, den die Sizilianer als abgesetzt erklärten, blieb nur
noch die Zitadelle von Messina.
[15.5.1848: Neue Verfassung von Neapel+erstes Parlament
unter dem Schutz von Nationalgarde und Schweizerbataillonen
- Widerstand in der Bevölkerung mit Barrikaden+Schüssen]
In Neapel hatte der König unter dem Druck der drohenden
Revolution eine
Verfassung veröffentlicht und
auf den 15. Mai [1848] ein Parlament einberufen. Aber schon
der Zusammentritt dieser Volksvertretung zeigte revolutionären
und republikanischen Charakter, der noch unterstrichen wurde
durch die Haltung der Nationalgarde, der Studenten und der
herbeigeeilten Sizilianer. Diese Wehrmacht mochte wohl 13.700
Mann zählen, ihr Führer war General Pepe. Wohl gegen seinen
Willen begann sich die Stadt mit
Barrikaden abzusperren
und wurden Schüsse gegen die regulären Truppen und die
Schweizer abgegeben [S.228].
Dies führte am Mittag des 15. Mai [1848] zum Befehl an die
Schweizer, die Strassen zu säubern. Hiezu traten an:
-- vom 1. Regiment 50 Offiziere, 983 Mann;
-- vom 2. Regiment 40 Offiziere, 733 Mann;
-- vom 3. Regiment 39 Offiziere, 822 Mann;
-- vom 4. Regiment 53 Offiziere, 1006 Mann;
total 182 Offiziere, 3604 Mann.
Der Rest der Bestände war auf Wache und als Besatzung in den
Stadtbefestigungen, so z.B. 12 Offiziere und 328 Mann des 2.
Regiments im Fort St. Elmo, das nur dank ihrer
Unerschütterlichkeit nicht in die Hände der es berennenden
Aufständischen fiel, obschon diese sogar den
Festungskommandanten auf ihre Seite gebracht hatten.
[Neapel Mai 1848: Schweizerbataillone sollen "aufräumen" -
sie werden "begrüsst" - Schweizer morden mit
Bajonett+Geschützen - die Bevölkerung mordet mit
Heckenschützen - der Waadtländer Uhrmacher Melanjoie
verliert seine Boutique]
Die Barrikaden und die Fenster der Häuser spien
Tod und
Verderben gegen die Schweizer, die auftragsgemäss
in die Hauptstrassen vorrückten. Das 1. Regiment säuberte
vorerst die grosse Toledostrasse, Barrikade um Barrikade mit
dem
Bajonett erobernd und durch Detachemente
die Häuser nach Aufständischen durchsuchend. Das 4. Regiment
unterlief in der Brigittastrasse in kühnem Anlauf die ersten
Barrikaden, bis es, durch die Verluste gezwungen, seine
Geschütze
einsetzte.
Unwiderstehlich drangen die Regimenter in die Stadt ein und
säuberten sie von den Unruhestiftern. Auch am 16. und 17. Mai
[1848] wurde dies fortgesetzt, obschon die Nationalgarde und
die Parlamentarier sich bereits geflüchtet hatten. Die
Verluste der Schweizer waren schwer: 36 Tote, 169 Verwundete,
davon 20 resp. 88 beim 4. Regiment. Ihr Ingrimm gegen die
versteckten Schützen [Scharfschützen] kannte keine Grenzen
,und sie verfuhren ziemlich unsanft mit den Insassen der
Häuser, aus denen sie angeschossen wurden. Insbesondere war
dies der Fall mit einem
Waadtländer Uhrmacher Melanjoie,
der durch seine aufrührerischen Reden schon früher unliebsames
Aufsehen erregte. Seine Butike wurde ausgeräumt und zerstört;
eine Plünderung, wie er behauptete, konnte allerdings nicht
den Soldaten zur Last gelegt werden.
[ab Mai 1848: Wut gegen Schweizersoldaten in ganz Italien -
Blockade der Reiseroute in Oberitalien - der Brief der
Kommandanten nützt nichts]
Die Nachricht von diesen Vorfällen und der Umstand, dass die
Schweizer die politische Gesinnungsfreunde der [S.229] Bundes-
und Kantonsregierungen hatten niederschlagen helfen, schufen
eine ungewöhnlich scharfe Stimmung gegen diese Regimenter und
die Kapitulationen [Militärverträge]. Noch waren die Verträge
nicht kündbar, dagegen versuchte man mit allen Mitteln die
Rekrutierung zu behindern, ja sperrte sie schliesslich ganz,
da die oberitalienische Route der allgemeinen Erbitterung
gegen die Schweizer wegen für die Transporte nicht mehr ratsam
schien. Vergeblich suchten sich die vier Regimentskommandanten
in einer würdigen Verteidigungsschrift vor den Augen des
Heimatlandes zu rechtfertigen, der Parteihass war zu gross, um
eine gerechtere Beurteilung der Dinge zu erlauben.
[1849: Der König von Neapel will Sizilien wieder haben -
Landungen in Messina mit dem 3.+4. Schweizerregiment -
Zitadellen und Gefechte]
Inzwischen hatte der König den Aufstand auf dem Festlande
blutig unterworfen und auch versucht, die Sizilianer auf dem
Verhandlungsweg zur Vernunft zu bringen. Als diese hartnäckig
blieben, entsandte er ein Expeditionskorps unter General
Filangieri gegen Messina. Dieser landete vorerst am 1.
September 1849 ein Bataillon vom 3. Schweizerregiment, 27
Offiziere, 607 Mann, in der Zitadelle von Messina selbst, die
ja in königlicher Gewalt geblieben [war], und begann am 6.
September [1849] mit der Landung seines Korps, dem das 3. und
4. Schweizerregiment angehörten.
Letzteres hatte durch eine Bitte beim König erreicht, dass es,
an Stelle des eigentlich vorgesehenen 2. Regiments, am Feldzug
gegen Sizilien teilnehmen konnte; sein Bestand war 55
Offiziere, 1085 Mann. Die Landung erfolgte auf breiter Front
im Süden von Messina, die Berner am linken Flügel. Unter
hitzigem und verlustreichem Feuergefecht gelang es, bis zum
Abend an die Stadt umfassend heranzugehen. Die Haupttätigkeit
im Gefecht fiel auch hier den Schweizern zu, von denen das 2.
Bataillon, 3. Regiment, Major Evequoz (20 Offiziere, 527
Mann), die Porta Zaera, die Berner das Magdalenenkloster
eroberten und damit die Uebergabe der Stadt bewirkten. Die
Besatzung der Zitadelle hatte inzwischen schon am 3., dann
wieder am 6. je einen Ausfall gemacht, beide Male hatten die
Schweizer als Nachhut den Rückweg [S.230] in die Festung zu
decken. Unter Führung des Bündner Obersten Rossaroll führte
der 1. Ausfall zu einem Erfolg gegen eine drohende Batterie
der Sizilianer, dagegen scheiterte der zweite Ausfall am
hartnäckigen widerstand und an der natürlichen Festigkeit der
städtischen
Vorgartenverteidigung. In der
Zwischenzeit wurde die Zitadelle bombardiert und diese
bombardierte selbst tapfer wieder, wobei 15 Freiwillige,
Angehörige des 3. Regiments, als Artilleristen für gefallene
Kameraden antraten und mutig durchhielten.
[Schweiz 1848: Verbot der Söldnerei in der Bundesverfassung
- illegale Werbung für ein neues "Fremdenbataillon" in Biel]
Wieder erging ein Sturm in der Schweiz gegen die
"Tyrannenknechte", ein allgemeines Verbot der Kapitulationen
[Militärverträge] wurde in die Bundesverfassung aufgenommen.
Das hinderte allerdings nicht, dass der deutsche Flüchtling
Joh. Phil. Becker in Biel die Werbung einer "sizilianischen
Legion" begann und im Januar 1849 einen Vertrag darüber mit
der revolutionären Regierung schloss. Die Legion freilich
konnte nicht formiert werden, wohl aber nahmen viele
Schweizer, besonders Waadtländer, Handgeld im
"Fremdenbataillon", das unter Major Marchetti meistens aus
Franzosen gebildet wurde.
[April 1849: Neue königliche Aktion auf Sizilien: gegen
Catania - schweizer Mordarbeit mit dem Bajonett -
verkleidete Sizilianer kommen mit Messern]
Erst im April 1849 begann Filangieri die Operationen wieder,
die Schweizerregimenter standen in einer Brigade von Muralt
(Bestände:
-- 3. Regiment, 54 Offiziere, 1047 Mann;
-- 4. Regiment, 55 Offiziere, 1210 Mann).
Sie verliessen Messina am 1. April [1849] als Nachhut der
[Expeditions]-Armee; diese stürmte am 3. April [1849] Taormina
und stand am 6. April vor Catania. Beim Einnachten begann der
Sturm auf die Stadt, geführt vom 4. Regiment, flankiert vom 3.
Gewitzigt durch die Strassenkämpfe in Neapel wurden die
Barrikaden mit Geschützfeuer zugedeckt und dann jeweils
mit
dem Bajonett genommen. Derart sprungweise sich
vorarbeitend, wurde die Stadt um 21.30 Uhr erobert. Die
Verluste waren 37 Tote, 315 Verwundete, davon 8 Tote und 45
Verwundete beim 4. Regiment.
Noch gab es in der Nacht aber heimtückische Ueberfälle durch
Sizilianer, die sich in neapolitanischer Uniform (S.231) unter
die ruhenden Truppen mischten und mit Messern die Schlafenden
überraschten. Aber auch diese wurden abgewiesen und Catania
konnte bald als gesichert angesehen werden.
[Mai 1849: Neue königliche Aktion auf Sizilien: gegen
Palermo - schweizer Regimenter 3 und 4 - Palermo ergibt sich
- 1 Garnison mit Schweizern bleibt in Palermo]
Im Mai [1849] wurde der Vormarsch gegen Palermo angetreten.
Die Stadt wurde im weiten Bogen umfasst [eingekreist], wobei
die Schweizer immer wieder an gefährliche Posten gestellt
wurden. Das 3. Regiment sicherte derart am 9. Mai [1849]
Mezzagno, eine wichtige Höhenstellung. Palermo ergab sich
unter dem Drucke dieses Aufmarsches und damit war die
Befriedung der Insel erreicht. Fortan blieb ein
Schweizerregiment dort als Garnison. Diese Aufgabe traf
zunächst das 4. Regiment, und es hatte nun vorerst
Gelegenheit, unter den gefangenen Angehörigen des
"Fremdenbataillons" (63 Schweizer) 44 Landsleute zu
rekrutieren.
[Die Schweizersoldaten haben also in Süditalien wesentlich
dazu beigetragen, dass Italien nicht vereinigt wurde].
[5.2.1849: Ausrufung der Republik Italien unter Mazzini -
Jesus-Fantasie-Papst in Gaeta - König Ferdinand mit
Gegentruppen besetzt Rom am 5.7.1849 gegen Garibaldi - der
Jesus-Fantasie-Papst darf wieder kommen - König Ferdinand
hebt die Verfassung wieder auf]
Inzwischen hatte
Mazzini am 5. Februar 1849 die
römische Republik proklamiert, [der Jesus-Fantasie]-Papst Leo
IX. sich nach
Gaeta geflüchtet. Im April [1849]
wurde als neapolitanisches Hilfskorps eine Division Casella
nördlich Gaeta besammelt. Ihr gehörte an das Jägerbataillon
Schaub, bestehend aus den 4 Jägerkompagnien des 1. und 2.
Schweizerregiments, 600 Mann unter Oberstleutnant Schaub vom
1. Schweizerregiment. Es kam allerdings während des Feldzuges
nicht ins Feuer, so wenig wie die übrigen Kompagnien der
beiden Regimenter, die im Mai [1849] als Teile der Divison
Nunziante während der französischen
Einkreisung Roms
die neapolitanische Grenze zu decken hatten.
Am 5. Juli
1849 fiel Rom; sein Befehlshaber
Garibaldi
flüchtete durch die Apenninen nach Norden, der
[Jesus-Fantasie]-Papst hielt seinen Einzug in die Stadt, und
König
Ferdinand benützte die Gelegenheit, um die
Verfassung wieder aufzuheben.
[ab 5.7.1849: Rebellion in Schweizerregimentern+Tschüs -
neue Auffüllung über Feldkirch und Como - Choleraepidemie
1854/55]
Das machte nun allerdings auch unter den Schweizertruppen
böses Blut, und 33 Offiziere (von 69) des Bernerregiments
nahmen ihren Abschied, ähnlich in den anderen Regimentern.
Dies führte zu einer Verjüngung und teilweisen
Verschlechterung des Offizierskorps, während gleichzeitig die
Massnahmen des Bundes die Werbung erschwerten [S.232], so dass
die Werbedepots nach Feldkirch und Como verlegt werden
mussten. Die Auswahl und Erforschung der Rekruten geschah
nicht mehr mit früherer Sorgfalt, ihre Qualität verringerte
sich, wenn auch die Zahl nach wei vor hoch blieb. Im Januar
1851 wies
-- das 2. Regiment 1413 Mann aus, im April 1851 schon 1606,
-- das 3. Regiment 1705,
-- das 4. 1512 Mann.
Auch die Choleraepidemie von 1854/55, die 454 Tote unter den
Schweizern forderte, vermochte ihre Bestände nicht zu
schmälern.
[ab 1855: Neue Regimentsverträge mit dem Königreich Neapel
aus "handelspolitischen und finanziellen Erwägungen" - GEGEN
die Bundesverfassung - Streit um Wappen und Abzeichen - die
Werbestellen sind nun in Österreich]
Im Jahre 1855 liefen die Kapitulationen der Regimenter mit den
Kantonen ab. Eine Erneuerung war nach dem Wortlaut der
Bundesgesetze ausgeschlossen. Allerdings sprachen
handelspolitische und finanzielle Erwägungen stark zugunsten
der Beibehaltung bester Beziehungen mit dem Königreich, und so
war man erleichtert, als der König auf dem Wege persönlicher
Kapitulation [Militärvertrag] mit den einzelnen Kommandanten
die Regimenter auf weitere 30 Jahre in Dienst nahm. Eine erste
derartige Kapitulation [Militärvertrag] schloss Oberst Schaub
für das 1. Regiment am 14. März 1855 ab, die andern
Regimentsinhaber folgten.
Die Truppe verlor damit den Charakter offizieller, von den
Kantonen gestellter Söldner; es war nur logisch, dass die
Kantonsregierungen verlangten, dass ihre Hoheitszeichen
(Wappen) aus den Bannern dieser "Privatbataillone"
verschwänden, weniger konsequent erschien, dass nur dem
neapolitanischen und päpstlichen Dienst die gesetzlichen
Schwierigkeiten entgegengehalten wurden, während ein
Alt-Bundesrat (U. Ochsenbein) ein Kommando in der im
britischejn Dienst stehenden Schweizerlegion [1]
[1] Siehe Abschnitt J, Seite 243
übernahm und englische Werber in Uniform in Bern
herumstolzieren durften. Aber eben, England war nicht Neapel!
Die Werbungen für dieses letztere wurden nun durch
Bu9ndesgesetz verboten, mehr und mehr konzentrierten sich die
Werbestellen im österreichischen Hoheitsgebiet.
[Neapel ab 1855: Bestechungsversuche gegen die
Schweizerbataillone - u.a. von GB - die Kantonswappen müssen
aus den Fahnen entfernt werden]
Inzwischen machten sich unter den Schweizern Wühler aller Art
bemerkbar; eine Verhaftung in Neapel 1855 zeigte u.a., dass
sogar ein englischer Gesantschaftsbeamter Geldmittel zur
Korrumpierung der Söldner lieferte. Trunk- und Radauszenen
mehrten sich; die Handhabung einer eisernen Disziplin und
peinliche Anwendung der oft kleinlichen Reglemente erwies sich
den stetsfort aufgehetzten Leuten gegenüber als gefährlich und
auf die Dauer unklug. Als nun unter den Söldnern ruchbar
wurde, dass die Kantonalabzeichen aus den Fahnen entfernt
werden müssten, war es bei der bereits herrschenden
MIssstimmung ein leichtes, ihnen eine Gefährdung ihrer
Vorzugsstellung einzureden und, teils aus übertriebenem
Patriotismus, teils aus Sorge um ihre Werbeverhältnisse, wurde
laut und leise protestiert.
[Neapel 7.7.1859: Meuterei des 2.+3. Schweizerregiments -
die Show bei der Königsresident Capodimonte und auf dem
Marsfeld - Einkreisung und Massenmord Schweizer gegen
Schweizer - Überlebende landen in Haft]
Unter dem Einfluss übler Hetzer brach am 7. Juli 1859 in
Neapel eine Meuterei beim 2. Regiment aus. Die Verschworenen
erbrachen das Fahnenzimmer, zogen mit den Feldzeichen zu der
Kaserne des 3., dann des 4. Regiments, holten auch dort die
Fahnen unter Ueberrumpelung der Wache heraus. Allerdings
leisteten die Berner sofort kräftigen Widerstand, von ihnen
liefen auch nur 8 Mann mit den Meuterern, während etwa 450 vom
2. und 3. Regiment randalierend zuerst vor die königliche
Residenz
Capodimonte, dann auf den Exerzierplatz "
Marsfeld"
zogen. Dort wurden sie am frühen Morgen des 8. Juli [1859] von
den Garnisonstruppen, unter ihnen das 4. Schweizerregiment und
das ebenfalls schweizerische 13. Jägerbataillon, umzingelt.
Nach kurzem Feuergefecht, in das insbesondere die Berner
rücksichtslos eingriffen, wurden die Ueberlebenden
gefangensetzt und hart bestraft.
[Neapel ab 1859: König Franz II. löst die
Schweizerregimenter auf - massive Entlassungen und ewiger
Streit um ausstehenden Sold - der Bundesrat erlässt am
30.6.1859 ein Gesetz gegen das Söldnertum]
Der seit 23. März 1859 auf den Thron gelangte König, Franz
II., den Schweizern ohnedies nicht hold, beschloss, die
Regimenter aufzulösen. Wer heimgehen wollte, wurde entlassen.
Es betraf dies vorab 1750 bis 1800 Mann des 2. und 3.
Regiments, aber auch ein Teil des 4. (Berner) Regiments
meldete sich zur Ablösung. Auf die Nachricht von den
Ereignissen in Neapel brachen auch beim 1. Regiment [S.234] in
Palermo Unzufriedene in meuterische Rufe aus, so dass auch
dort zur Entlassung geschritten wurde. Der Bundesrat entsandte
einen eidgenössischen Kommissar, Oberst Latour, zur Regelung
des Abtransportes. 7356 Mann verliessen die Regimenter, 39
Sträflinge wurden durch die Bemühungen des sonst nicht immer
geschickt vorgehenden Kommissars von den Galeeren befreit, der
letzte von ihnen allerdings erst im Februar 1860. Die
Erledigung der Pensionsansprüche und dergleichen war
allerdings noch langwieriger, besonders, da nur die
Kommandanten der Regimenter 1 und 2 sich bereit erklärten,
Latour behilflich zu sein, während die meisten
Schweizeroffiziere ihm ausgesprochen feindlich
gegenüberstanden.
Diese Stimmung war erklärlich, seitdem der Bundesrat am 30.
Juni 1859 ein Gesetz promulgiert [hatte],
wonach auch
Angeworbene straffällig wurden. Seine völlige
Hilflosigkeit demonstrierte er dabei allerdings durch einen
energischen Protest gegen die Schändung des Schweizernamens
anlässlich der Meuterei. Die ganze Haltung ist auch heute noch
nur durch die innenpolitischen Verhältnisse und die starke
Sympathie mit dem neapelfeindlichen Piemont (Garibaldi) zu
erklären. [S.235]
Quellen
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