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Die Schweizer Wehrmacht - schweizer Soldaten im Ausland

Kapitel 3.2.: Fremdendienste: in der Zeit von 1815-1860

3.2.E. Schweizer-Regimenter in Neapel: 1825-1859

Königreich Neapel: Schweizer spielen Polizei gegen die Einheitsbewegung in Italien ab 1848 - kann nicht gut gehen - Bürgerkrieg mit schweizer Bajonetten und Guerilla-Scharfschützen - alle Einheitsbewegungen werden niedergeschlagen - Neubesetzung von Sizilien 1849 - 2 Regimenter mit Meuterei 1859 - Neapel löst alle Söldnerverträge mit der Schweiz auf 1859 - Schweiz erlässt Gesetz gegen Söldnertum 30.6.1859

Und die Massenmörder mit Spiess, Helebarde und Gewehr wollten alle "Christen" sein.

von Oberst i.Gst.Dr. Feldmann - unter Mitarbeit von Oberstleutnant Schafroth und Oberstleutnant Schumacher - Hallwag, Bern

Nette "Christen": weisses Brot für Schweizersoldaten in Neapel (S.226) - "es war ein stolzer Anblick" (S.226) - "Tod und Verderben" - Bajonett - Geschütze (S.229) - die "Vorgartenverteidigung" (S.231) - mit dem Bajonett genommen (S.231) - Choleraepidemie (S.233) - handelspolitische und finanzielle Erwägungen (S.233) - Korrumpierung der Söldner (S.234) - Trunk- und Radauszenen mehrten sich (S.234) - Meuterer 1859 (S.234) - wonach auch Angeworbene straffällig wurden (S.235)

präsentiert von Michael Palomino (2024)


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3.2.E. Schweizer-Regimenter in Neapel: 1825-1859

[Der König beider Sizilien ist nicht liberal]

Der Dienst in Neapel ist es, der den Fremdendienst eigentlich so recht in Verruf gebracht [hat], weniger wegen seiner Auswirkungen an sich, als infolge einer nur durch die politische Leidenschaft der achtundvierziger Jahre erklärlichen wüsten Hetze gegen die als wirkliche "Stützen des Thrones" anzusehenden Regimenter des antiliberalen Königs beider Sizilien. Das Eindringen dieser Diskussionen auch in die Truppe selbst und die daherige Unzufriedenheit einzelner Soldaten mit ihrer Aufgabe, die, übersteigert, sich in einer Meuterei Luft machte, haben mehr getan, um den Fremdendienst in den Augen des In- und Auslandes zu diskreditieren als alle nicht zu verhehlenden wirtschaftlichen und insbesondere armenrechtlichen Folgen des Kriegsdienstes für fremde Staaten.

[Die Freimaurer-Revolution in Spanien von 1830 droht nach Italien überzuschwappen - Verhandlungen von König Franz I. mit schweizer Regierungen ab 1822 - Schweizerregimenter in Neapel ab 1825]

Eine Folge der spanischen Revolution von 1820 war, dass König Franz I. von Neapel versuchte, Schweizerregimenter in seinen Dienst zu erhalten, um eine von liberalen und freimaurerischen Tendenzen freie, zuverlässige Truppe zu haben. Die Revolution in Spanien war das Werk meist freimaurerischer Offiziere gewesen, daher das begreifliche Misstrauen des Monarchen gegen seine ähnlichen Strömungen offene Wehrmacht.

Schon 1822 hatten Unterhandlungen mit Oberst Albert von Steiger eine Kapitulation [Militärvertrag] über zwei Regimenter ergeben; die Verhandlungen zerschlugen sich aber in letzter Stunde und führten erst 1825 zum Ziel, indem damals Luzern einerseits, Uri, Ob- und Nidwalden und Appenzell andererseits, dann wieder Freiburg und Solothurn je für ein Bataillon von 726 Mann kapitulierten [den Vertrag abschlossen]. Ihnen schloss sich [das] Wallis an (1 Bataillon) und 1827 Schwyz und Graubünden, während Bern erst 1828, dann aber für ein ganzes Regiment von 2 Bataillonen kapitulierte [den Vertrag abschloss].

[Schweizerregimenter lassen sich zu gut bezahlen]

Die Kapitulation war handelspolitisch vorteilhaft und sicherte den Schweizern, auch was Sold und Pensionen anbelangte, grosse Vorteile zu; sie waren damals (das britische Heer ausgenommen) die höchstbezahlten [S.225] Soldaten Europas, ihr Sold beanspruchte ein Achtel des Militärbudgets des Königreichs beider Sizilien. [1]

[1] Ein Kuriosum bilden die Verpflegungsvorschriften, wonach die 3 ersten Regimenter  w e i s s e s  Brot erhalten sollten, während für das 4. keine derartige Bestimmung bestand, weswegen es, wie die Nationaltruppen, nur Roggenbrot fasste [der Adel meinte, das wertlose "weisse Brot" sei besonders "edel", aber in Italien hat Brot nicht denselben Stellenwert wie in Mitteleuropa].

Die Regimenter waren gleichmässig zu 2 Bataillonen von je 1 Jäger-, 1 Grenadier- und 4 Füsilierkompagnien organisiert. Jedes Regiment zählte eine Artilleriesektion von 2 Geschützen mit 1 Offizier und 39 Mann. [2]

[2] Eigentlich waren 4 Geschütze vorgesehen.

[Die Auswahl der Schweizersoldaten für Neapel: bis 40 Jahre alt, Verbot von Mitgliedschaften in "geheimen Gesellschaften"]

Der Totalbestand war 1452 Mann, Erhaltung desselben ausschliesslich Sache der Regimentsinhaber. Die Anwerbung erfolgte auf 4 oder 6 Jahre. Der grosse Andrang zur Rekrutierung ermöglichte sorgfältige Auswahl der Bewerber, die zwischen 18 und 40 Jahren stehen sollten und sich eidlich verpflichteten, "keiner geheimen Gesellschaft" anzugehören.

[Schweizerregimenter 1 und 2 in Neapel - Schweizerregeiment 3 in Capua - Schweizerregiment 4 in Nola]
Die ersten beiden Regimenter sammelten ihre Rekruten in Genua und Livorno und wurden 1827 in Torre Anunziata [Region Neapel] und Castellamare [Castellammare bei Pescara] formiert. Dann wurden sie nach Neapel verlegt, während das 3. Regiment in Torre Anunziata, später in Nola, dann Capua [nördlich von Neapel], Garnison bezog.

Das 4. (Berner-)Regiment wurde 1829 in Nola [Region Neapel] formiert und trat erstmals am Piedigrottafest [im Quartier Piedigrotta] 1830 in Neapel auf. Es war ein stolzer Anblick, die 4 Regimenter grossgewachsener, rotröckiger Schweizer defilieren zu sehen, und der König sparte mit seiner Anerkennung nicht. Auch sein Nachfolger, Ferdinand II., der 1830 den Thron bestieg, war ein Gönner und Freund seiner Schweizer.

Ueber die Regimentskommandanten und Uniformunterscheidungen gibt folgende Aufstellung Uebersicht:

Regiment 1
Kantone: Luzern / Uri, Appenzell, Nid- und Obwalden
Kommandant: 1825-1831: von Sonnenberg - 1831-1845: Schindler - 1845-1849: Siegrist [S.226] - 1849-1854: Mohr - 1854-1856: Schaub - 1856-1859: Besler
Uniformkragen und Patten [aufgesetzte Stoffteile]: hellblau

Regiment 2
Kantone: Freiburg / Solothurn
Kommandant: 1825-1832: von der Weid - 1832-1839: von Sury - 1839-1847: Bumann - 1847-1849: Brunner - 1849-1852: Müller - 1852-1859: von Sury
Uniformkragen und Patten: strohgelb

Regiment 3
Kantone: Wallis / Schwyz-Graubünden
Kommandant: 1826-1828: von Salis - 1828-1840: von Stockalper - 1840-1848: Dufour - 1848-1852: Riedmatten - 1852-1855: Rascher - 1855-1859: Cabalzar
Uniformkragen und Patten: dunkelblau

Regiment 4
Kanton: Bern
Kommandant 1828-1829: von Wyttenbach - 1829-1837: Gingins de la Sarraz - 1837-1843: von Muralt - 1843-1849: Bucher - 1849-1850: von Steiger - 1850-1859: von Wyttenbach
Uniformkragen und Patten: schwarz [S.227]

[Garnisonsdienst und kleine Polizeiaktionen bis 1848 - die Einheits- und Verfassungsbewegung in Italien von 1848 - Ö+F raus]

Abgesehen von kleinen Polizeiaktionen bei Unruhen und Epidemien waren die Schweizer bis 1848 im endlosen Garnisonsdienst verwendet worden. Dies änderte, als die radikale Bewegung der 48er Jahre über Europa strich und besonders in Italien der Ruf nach Einheit und Verfassung erscholl. Der Papst, Leo IX., und der Genuese Mazzini waren die rivalisierenden Vorkämpfer, jener für ein monarchistisches, dieser für ein republikanisches, beide für ein geeinigtes, österreich- und bourbonenfreies Italien.

[Aufstand in Sizilien 1848: Die Truppen des Königs von Neapel werden aus Sizilien vertrieben - der schweizer Oberst Gross leistet 22 Tage lang eine Show auf der Zitadelle von Palermo]

Ihre Anhänger regten sich auch in Neapel und speziell in Sizilien, wo um die Jahreswende 1848 bereits ein Aufstand mazzinischer Färbung die Neapolitaner zur Räumung der Insel zwang. Die meisten Festungen ergaben sich sofort den Aufständischen, nur das Fort Castellamare, die Zitadelle von Palermo, unter seinem Kommandanten, dem Schweizer Obersten S.G.Gross nicht. Dieser hielt seine Neapolitanertruppen (er hatte keine Schweizer unter sich) mit der Drohung des Anzündens der Pulvervorräte und damit Sprengung der ganzen Festung mit allen Insassen im Zaume und leistete 22 Tage gegen die belagernden Sizilianer Widerstand. Er übergab die Festung am 5. Februar 1848 auf schriftlichen Befehl des Königs, ehrenvoll begrüsst von seinen Feinden, die ihm und seiner Truppe einen triumphalen Auszug bereiteten. In Händen des Königs, den die Sizilianer als abgesetzt erklärten, blieb nur noch die Zitadelle von Messina.

[15.5.1848: Neue Verfassung von Neapel+erstes Parlament unter dem Schutz von Nationalgarde und Schweizerbataillonen - Widerstand in der Bevölkerung mit Barrikaden+Schüssen]

In Neapel hatte der König unter dem Druck der drohenden Revolution eine Verfassung veröffentlicht und auf den 15. Mai [1848] ein Parlament einberufen. Aber schon der Zusammentritt dieser Volksvertretung zeigte revolutionären und republikanischen Charakter, der noch unterstrichen wurde durch die Haltung der Nationalgarde, der Studenten und der herbeigeeilten Sizilianer. Diese Wehrmacht mochte wohl 13.700 Mann zählen, ihr Führer war General Pepe. Wohl gegen seinen Willen begann sich die Stadt mit Barrikaden abzusperren und wurden Schüsse gegen die regulären Truppen und die Schweizer abgegeben [S.228].

Dies führte am Mittag des 15. Mai [1848] zum Befehl an die Schweizer, die Strassen zu säubern. Hiezu traten an:
-- vom 1. Regiment 50 Offiziere, 983 Mann;
-- vom 2. Regiment 40 Offiziere, 733 Mann;
-- vom 3. Regiment 39 Offiziere, 822 Mann;
-- vom 4. Regiment 53 Offiziere, 1006 Mann;
total 182 Offiziere, 3604 Mann.

Der Rest der Bestände war auf Wache und als Besatzung in den Stadtbefestigungen, so z.B. 12 Offiziere und 328 Mann des 2. Regiments im Fort St. Elmo, das nur dank ihrer Unerschütterlichkeit nicht in die Hände der es berennenden Aufständischen fiel, obschon diese sogar den Festungskommandanten auf ihre Seite gebracht hatten.

[Neapel Mai 1848: Schweizerbataillone sollen "aufräumen" - sie werden "begrüsst" - Schweizer morden mit Bajonett+Geschützen - die Bevölkerung mordet mit Heckenschützen - der Waadtländer Uhrmacher Melanjoie verliert seine Boutique]

Die Barrikaden und die Fenster der Häuser spien Tod und Verderben gegen die Schweizer, die auftragsgemäss in die Hauptstrassen vorrückten. Das 1. Regiment säuberte vorerst die grosse Toledostrasse, Barrikade um Barrikade mit dem Bajonett erobernd und durch Detachemente die Häuser nach Aufständischen durchsuchend. Das 4. Regiment unterlief in der Brigittastrasse in kühnem Anlauf die ersten Barrikaden, bis es, durch die Verluste gezwungen, seine Geschütze einsetzte.

Unwiderstehlich drangen die Regimenter in die Stadt ein und säuberten sie von den Unruhestiftern. Auch am 16. und 17. Mai [1848] wurde dies fortgesetzt, obschon die Nationalgarde und die Parlamentarier sich bereits geflüchtet hatten. Die Verluste der Schweizer waren schwer: 36 Tote, 169 Verwundete, davon 20 resp. 88 beim 4. Regiment. Ihr Ingrimm gegen die versteckten Schützen [Scharfschützen] kannte keine Grenzen ,und sie verfuhren ziemlich unsanft mit den Insassen der Häuser, aus denen sie angeschossen wurden. Insbesondere war dies der Fall mit einem Waadtländer Uhrmacher Melanjoie, der durch seine aufrührerischen Reden schon früher unliebsames Aufsehen erregte. Seine Butike wurde ausgeräumt und zerstört; eine Plünderung, wie er behauptete, konnte allerdings nicht den Soldaten zur Last gelegt werden.

[ab Mai 1848: Wut gegen Schweizersoldaten in ganz Italien - Blockade der Reiseroute in Oberitalien - der Brief der Kommandanten nützt nichts]

Die Nachricht von diesen Vorfällen und der Umstand, dass die Schweizer die politische Gesinnungsfreunde der [S.229] Bundes- und Kantonsregierungen hatten niederschlagen helfen, schufen eine ungewöhnlich scharfe Stimmung gegen diese Regimenter und die Kapitulationen [Militärverträge]. Noch waren die Verträge nicht kündbar, dagegen versuchte man mit allen Mitteln die Rekrutierung zu behindern, ja sperrte sie schliesslich ganz, da die oberitalienische Route der allgemeinen Erbitterung gegen die Schweizer wegen für die Transporte nicht mehr ratsam schien. Vergeblich suchten sich die vier Regimentskommandanten in einer würdigen Verteidigungsschrift vor den Augen des Heimatlandes zu rechtfertigen, der Parteihass war zu gross, um eine gerechtere Beurteilung der Dinge zu erlauben.

[1849: Der König von Neapel will Sizilien wieder haben - Landungen in Messina mit dem 3.+4. Schweizerregiment - Zitadellen und Gefechte]

Inzwischen hatte der König den Aufstand auf dem Festlande blutig unterworfen und auch versucht, die Sizilianer auf dem Verhandlungsweg zur Vernunft zu bringen. Als diese hartnäckig blieben, entsandte er ein Expeditionskorps unter General Filangieri gegen Messina. Dieser landete vorerst am 1. September 1849 ein Bataillon vom 3. Schweizerregiment, 27 Offiziere, 607 Mann, in der Zitadelle von Messina selbst, die ja in königlicher Gewalt geblieben [war], und begann am 6. September [1849] mit der Landung seines Korps, dem das 3. und 4. Schweizerregiment angehörten.

Letzteres hatte durch eine Bitte beim König erreicht, dass es, an Stelle des eigentlich vorgesehenen 2. Regiments, am Feldzug gegen Sizilien teilnehmen konnte; sein Bestand war 55 Offiziere, 1085 Mann. Die Landung erfolgte auf breiter Front im Süden von Messina, die Berner am linken Flügel. Unter hitzigem und verlustreichem Feuergefecht gelang es, bis zum Abend an die Stadt umfassend heranzugehen. Die Haupttätigkeit im Gefecht fiel auch hier den Schweizern zu, von denen das 2. Bataillon, 3. Regiment, Major Evequoz (20 Offiziere, 527 Mann), die Porta Zaera, die Berner das Magdalenenkloster eroberten und damit die Uebergabe der Stadt bewirkten. Die Besatzung der Zitadelle hatte inzwischen schon am 3., dann wieder am 6. je einen Ausfall gemacht, beide Male hatten die Schweizer als Nachhut den Rückweg [S.230] in die Festung zu decken. Unter Führung des Bündner Obersten Rossaroll führte der 1. Ausfall zu einem Erfolg gegen eine drohende Batterie der Sizilianer, dagegen scheiterte der zweite Ausfall am hartnäckigen widerstand und an der natürlichen Festigkeit der städtischen Vorgartenverteidigung. In der Zwischenzeit wurde die Zitadelle bombardiert und diese bombardierte selbst tapfer wieder, wobei 15 Freiwillige, Angehörige des 3. Regiments, als Artilleristen für gefallene Kameraden antraten und mutig durchhielten.

[Schweiz 1848: Verbot der Söldnerei in der Bundesverfassung - illegale Werbung für ein neues "Fremdenbataillon" in Biel]

Wieder erging ein Sturm in der Schweiz gegen die "Tyrannenknechte", ein allgemeines Verbot der Kapitulationen [Militärverträge] wurde in die Bundesverfassung aufgenommen. Das hinderte allerdings nicht, dass der deutsche Flüchtling Joh. Phil. Becker in Biel die Werbung einer "sizilianischen Legion" begann und im Januar 1849 einen Vertrag darüber mit der revolutionären Regierung schloss. Die Legion freilich konnte nicht formiert werden, wohl aber nahmen viele Schweizer, besonders Waadtländer, Handgeld im "Fremdenbataillon", das unter Major Marchetti meistens aus Franzosen gebildet wurde.

[April 1849: Neue königliche Aktion auf Sizilien: gegen Catania - schweizer Mordarbeit mit dem Bajonett - verkleidete Sizilianer kommen mit Messern]

Erst im April 1849 begann Filangieri die Operationen wieder, die Schweizerregimenter standen in einer Brigade von Muralt (Bestände:
-- 3. Regiment, 54 Offiziere, 1047 Mann;
-- 4. Regiment, 55 Offiziere, 1210 Mann).

Sie verliessen Messina am 1. April [1849] als Nachhut der [Expeditions]-Armee; diese stürmte am 3. April [1849] Taormina und stand am 6. April vor Catania. Beim Einnachten begann der Sturm auf die Stadt, geführt vom 4. Regiment, flankiert vom 3. Gewitzigt durch die Strassenkämpfe in Neapel wurden die Barrikaden mit Geschützfeuer zugedeckt und dann jeweils mit dem Bajonett genommen. Derart sprungweise sich vorarbeitend, wurde die Stadt um 21.30 Uhr erobert. Die Verluste waren 37 Tote, 315 Verwundete, davon 8 Tote und 45 Verwundete beim 4. Regiment.

Noch gab es in der Nacht aber heimtückische Ueberfälle durch Sizilianer, die sich in neapolitanischer Uniform (S.231) unter die ruhenden Truppen mischten und mit Messern die Schlafenden überraschten. Aber auch diese wurden abgewiesen und Catania konnte bald als gesichert angesehen werden.

[Mai 1849: Neue königliche Aktion auf Sizilien: gegen Palermo - schweizer Regimenter 3 und 4 - Palermo ergibt sich - 1 Garnison mit Schweizern bleibt in Palermo]

Im Mai [1849] wurde der Vormarsch gegen Palermo angetreten. Die Stadt wurde im weiten Bogen umfasst [eingekreist], wobei die Schweizer immer wieder an gefährliche Posten gestellt wurden. Das 3. Regiment sicherte derart am 9. Mai [1849] Mezzagno, eine wichtige Höhenstellung. Palermo ergab sich unter dem Drucke dieses Aufmarsches und damit war die Befriedung der Insel erreicht. Fortan blieb ein Schweizerregiment dort als Garnison. Diese Aufgabe traf zunächst das 4. Regiment, und es hatte nun vorerst Gelegenheit, unter den gefangenen Angehörigen des "Fremdenbataillons" (63 Schweizer) 44 Landsleute zu rekrutieren.

[Die Schweizersoldaten haben also in Süditalien wesentlich dazu beigetragen, dass Italien nicht vereinigt wurde].

[5.2.1849: Ausrufung der Republik Italien unter Mazzini - Jesus-Fantasie-Papst in Gaeta - König Ferdinand mit Gegentruppen besetzt Rom am 5.7.1849 gegen Garibaldi - der Jesus-Fantasie-Papst darf wieder kommen - König Ferdinand hebt die Verfassung wieder auf]

Inzwischen hatte Mazzini am 5. Februar 1849 die römische Republik proklamiert, [der Jesus-Fantasie]-Papst Leo IX. sich nach Gaeta geflüchtet. Im April [1849] wurde als neapolitanisches Hilfskorps eine Division Casella nördlich Gaeta besammelt. Ihr gehörte an das Jägerbataillon Schaub, bestehend aus den 4 Jägerkompagnien des 1. und 2. Schweizerregiments, 600 Mann unter Oberstleutnant Schaub vom 1. Schweizerregiment. Es kam allerdings während des Feldzuges nicht ins Feuer, so wenig wie die übrigen Kompagnien der beiden Regimenter, die im Mai [1849] als Teile der Divison Nunziante während der französischen Einkreisung Roms die neapolitanische Grenze zu decken hatten. Am 5. Juli 1849 fiel Rom; sein Befehlshaber Garibaldi flüchtete durch die Apenninen nach Norden, der [Jesus-Fantasie]-Papst hielt seinen Einzug in die Stadt, und König Ferdinand benützte die Gelegenheit, um die Verfassung wieder aufzuheben.

[ab 5.7.1849: Rebellion in Schweizerregimentern+Tschüs - neue Auffüllung über Feldkirch und Como - Choleraepidemie 1854/55]

Das machte nun allerdings auch unter den Schweizertruppen böses Blut, und 33 Offiziere (von 69) des Bernerregiments nahmen ihren Abschied, ähnlich in den anderen Regimentern. Dies führte zu einer Verjüngung und teilweisen Verschlechterung des Offizierskorps, während gleichzeitig die Massnahmen des Bundes die Werbung erschwerten [S.232], so dass die Werbedepots nach Feldkirch und Como verlegt werden mussten. Die Auswahl und Erforschung der Rekruten geschah nicht mehr mit früherer Sorgfalt, ihre Qualität verringerte sich, wenn auch die Zahl nach wei vor hoch blieb. Im Januar 1851 wies
-- das 2. Regiment 1413 Mann aus, im April 1851 schon 1606,
-- das 3. Regiment 1705,
-- das 4. 1512 Mann.

Auch die Choleraepidemie von 1854/55, die 454 Tote unter den Schweizern forderte, vermochte ihre Bestände nicht zu schmälern.

[ab 1855: Neue Regimentsverträge mit dem Königreich Neapel aus "handelspolitischen und finanziellen Erwägungen" - GEGEN die Bundesverfassung - Streit um Wappen und Abzeichen - die Werbestellen sind nun in Österreich]

Im Jahre 1855 liefen die Kapitulationen der Regimenter mit den Kantonen ab. Eine Erneuerung war nach dem Wortlaut der Bundesgesetze ausgeschlossen. Allerdings sprachen handelspolitische und finanzielle Erwägungen stark zugunsten der Beibehaltung bester Beziehungen mit dem Königreich, und so war man erleichtert, als der König auf dem Wege persönlicher Kapitulation [Militärvertrag] mit den einzelnen Kommandanten die Regimenter auf weitere 30 Jahre in Dienst nahm. Eine erste derartige Kapitulation [Militärvertrag] schloss Oberst Schaub für das 1. Regiment am 14. März 1855 ab, die andern Regimentsinhaber folgten.

Die Truppe verlor damit den Charakter offizieller, von den Kantonen gestellter Söldner; es war nur logisch, dass die Kantonsregierungen verlangten, dass ihre Hoheitszeichen (Wappen) aus den Bannern dieser "Privatbataillone" verschwänden, weniger konsequent erschien, dass nur dem neapolitanischen und päpstlichen Dienst die gesetzlichen Schwierigkeiten entgegengehalten wurden, während ein Alt-Bundesrat (U. Ochsenbein) ein Kommando in der im britischejn Dienst stehenden Schweizerlegion [1]

[1] Siehe Abschnitt J, Seite 243

übernahm und englische Werber in Uniform in Bern herumstolzieren durften. Aber eben, England war nicht Neapel! Die Werbungen für dieses letztere wurden nun durch Bu9ndesgesetz verboten, mehr und mehr konzentrierten sich die Werbestellen im österreichischen Hoheitsgebiet.

[Neapel ab 1855: Bestechungsversuche gegen die Schweizerbataillone - u.a. von GB - die Kantonswappen müssen aus den Fahnen entfernt werden]

Inzwischen machten sich unter den Schweizern Wühler aller Art bemerkbar; eine Verhaftung in Neapel 1855 zeigte u.a., dass sogar ein englischer Gesantschaftsbeamter Geldmittel zur Korrumpierung der Söldner lieferte. Trunk- und Radauszenen mehrten sich; die Handhabung einer eisernen Disziplin und peinliche Anwendung der oft kleinlichen Reglemente erwies sich den stetsfort aufgehetzten Leuten gegenüber als gefährlich und auf die Dauer unklug. Als nun unter den Söldnern ruchbar wurde, dass die Kantonalabzeichen aus den Fahnen entfernt werden müssten, war es bei der bereits herrschenden MIssstimmung ein leichtes, ihnen eine Gefährdung ihrer Vorzugsstellung einzureden und, teils aus übertriebenem Patriotismus, teils aus Sorge um ihre Werbeverhältnisse, wurde laut und leise protestiert.

[Neapel 7.7.1859: Meuterei des 2.+3. Schweizerregiments - die Show bei der Königsresident Capodimonte und auf dem Marsfeld - Einkreisung und Massenmord Schweizer gegen Schweizer - Überlebende landen in Haft]

Unter dem Einfluss übler Hetzer brach am 7. Juli 1859 in Neapel eine Meuterei beim 2. Regiment aus. Die Verschworenen erbrachen das Fahnenzimmer, zogen mit den Feldzeichen zu der Kaserne des 3., dann des 4. Regiments, holten auch dort die Fahnen unter Ueberrumpelung der Wache heraus. Allerdings leisteten die Berner sofort kräftigen Widerstand, von ihnen liefen auch nur 8 Mann mit den Meuterern, während etwa 450 vom 2. und 3. Regiment randalierend zuerst vor die königliche Residenz Capodimonte, dann auf den Exerzierplatz "Marsfeld" zogen. Dort wurden sie am frühen Morgen des 8. Juli [1859] von den Garnisonstruppen, unter ihnen das 4. Schweizerregiment und das ebenfalls schweizerische 13. Jägerbataillon, umzingelt. Nach kurzem Feuergefecht, in das insbesondere die Berner rücksichtslos eingriffen, wurden die Ueberlebenden gefangensetzt und hart bestraft.

[Neapel ab 1859: König Franz II. löst die Schweizerregimenter auf - massive Entlassungen und ewiger Streit um ausstehenden Sold - der Bundesrat erlässt am 30.6.1859 ein Gesetz gegen das Söldnertum]

Der seit 23. März 1859 auf den Thron gelangte König, Franz II., den Schweizern ohnedies nicht hold, beschloss, die Regimenter aufzulösen. Wer heimgehen wollte, wurde entlassen. Es betraf dies vorab 1750 bis 1800 Mann des 2. und 3. Regiments, aber auch ein Teil des 4. (Berner) Regiments meldete sich zur Ablösung. Auf die Nachricht von den Ereignissen in Neapel brachen auch beim 1. Regiment [S.234] in Palermo Unzufriedene in meuterische Rufe aus, so dass auch dort zur Entlassung geschritten wurde. Der Bundesrat entsandte einen eidgenössischen Kommissar, Oberst Latour, zur Regelung des Abtransportes. 7356 Mann verliessen die Regimenter, 39 Sträflinge wurden durch die Bemühungen des sonst nicht immer geschickt vorgehenden Kommissars von den Galeeren befreit, der letzte von ihnen allerdings erst im Februar 1860. Die Erledigung der Pensionsansprüche und dergleichen war allerdings noch langwieriger, besonders, da nur die Kommandanten der Regimenter 1 und 2 sich bereit erklärten, Latour behilflich zu sein, während die meisten Schweizeroffiziere ihm ausgesprochen feindlich gegenüberstanden.

Diese Stimmung war erklärlich, seitdem der Bundesrat am 30. Juni 1859 ein Gesetz promulgiert [hatte], wonach auch Angeworbene straffällig wurden. Seine völlige Hilflosigkeit demonstrierte er dabei allerdings durch einen energischen Protest gegen die Schändung des Schweizernamens anlässlich der Meuterei. Die ganze Haltung ist auch heute noch nur durch die innenpolitischen Verhältnisse und die starke Sympathie mit dem neapelfeindlichen Piemont (Garibaldi) zu erklären. [S.235]

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Quellen



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