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18. Nicht-Bewältigung der schweizer Kriegsvergangenheit - Kollaboration - Kriegsgewinnler - Diskussionen - Washingtonter Abkommen - Neutralitätspropaganda - Mythen, Rache und Nazi-Vermögen - die Schweiz ab Mai 1945
von Michael Palomino (1998 / 2004 / 2010)
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aus:
-- Hauptquelle: Markus Heiniger: Dreizehn Gründe. Warum die Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht erobert wurde, Limmat-Verlag, Zürich 1989
-- Webseiten
Ab 8.Mai 1945 bis 1997
Die befohlene Nicht-Bewältigung der schweizer Kriegsvergangenheit, der Kollaboration und des Kriegsgewinnlertums
Spion Radó in die "SU" abgeschoben - Guisan lässt sich feiern - ungleicher Wohlstand - die Profiteure - Bilanzen, die alle gegen eine Neutralität sprechen - schweizer Vermittlung zwischen den "USA" und Japan
Das Rote Kreuz der Schweiz ist die erste Organisation, die im zerbombten Deutschland der hungernden Bevölkerung und vor allem den Kindern Hilfe leistet [web04].
Der Gulag-kommunistische Spionageleiter von Genf, Radó, der nach Ägypten geflüchtet war, wird 1945 von den Engländern an die Gulag-Sowjets ausgeliefert, die ihm vorwerfen, er habe den Zusammenbruch des Spionagerings der "Roten Drei" mitverschuldet. Seine Strafe ist Sibirien bis 1956 [web01].
Ende Mai 1945 kehrt Lutz in die Schweiz zurück und wird wegen "Kompetenzüberschreitung" verurteilt. Ein Bericht von Lutz über die gefährdeten Juden wird vom Bundesrat unterschlagen (S.157).[217] [web06]
Ab Mitte 1945 lässt sich General Guisan als "Erfinder" des Reduits und als "Retter" der Schweiz feiern, obwohl er diese Idee von seinen Gegnern Labhart und Wille übernommen hat. Seine propagandistische Arbeit ist perfekt. Guisan gilt "Retter der Schweiz" (S.166) [und somit ist alle Kollaboration mit Nazi-Deutschland vorerst vom Tisch] .
Die Rüstungsbetriebe der Schweiz müssen ihre Betriebe einstellen und setzen die Arbeiter ohne Gewinnbeteiligung auf die Strasse. So hat die Schweiz am Ende des Krieges in Europa 8000 Arbeitslose und einen sehr ungleich verteilten Wohlstand. Neid und Unzufriedenheit wachsen. Grösster Kriegsgewinnler ist Waffenproduzent E.Bührle, der Millionengewinne für sich ins Trockene bringt, die der schweizer Steuerzahler durch die bundesrätlichen Garantien an das Reich seiner Firma finanziert hat.
Historiker Daniel Bourgeois:
"Der grösste Nutzniesser der deutsch-schweizerischen Abmachungen war wahrscheinlich der Industrielle E.Bührle. Am schlechtesten getroffen haben es die Empfänger eines festen Einkommens oder eines ungenügend angepassten Lohnes, welche durch den Verlust ihrer Kaufkraft die Kanonen bezahlt haben, die besagter Bührle an Deutschland verkaufte." (S.80-81)[253]
Im August 1945 kann die schweizer Diplomatie den "USA" das japanische Kapitulationsangebot vermitteln (S.157).
Reduitdiskussion - Sulzer über die Waffenexporte - die Zersplitterung der Schweiz im Geist - Paul Vogt - Publikationen über Ärztemissionen - das deutsche NS-Industriekapital ist im Ausland
Um das Reduit entspannt sich eine ewige Historiker-Diskussion. Korpskommandant Fritz Prisi sagt dabei aus, das Reduit habe nur die eigene Armee geschützt.[254] Militärhistoriker Franz Odermatt attestiert der Reduit-Taktik "schwerwiegende politisch-psychologische Nachteile".[255] Montgomery, Feldmarschall und Sieger gegen Rommels Truppen in El Alamein, nennt das Reduitkonzept gar einen "undurchführbaren Unsinn". Hitler hätte nur einige schweizer Städte zu "coventrieren", zu bombardieren, brauchen, und die Moral der im Reduit wartenden Truppe wäre damit völlig zu untergraben gewesen (S.176).
Sulzer, der 1943 noch an einen "Endsieg" geglaubt hatte, sagt am 14.11.1945 über die Waffengeschäfte mit dem Dritten Reich.
Sulzer:
"Die Exporte waren, man könnte sagen, ein Verhängnis für unser Land." (S.99)[256]
Auch die Innenpolitik wird Gegenstand der historischen Diskussion. Der Zürcher Staatsrechtler Zaccarias Giacometti bezeichnet in seinem Buch "Das Vollmachtenregime der Eidgenossenschaft" 1945 die Schweiz der Kriegszeit als "autoritären Staat mit totalitären Tendenzen". Die Schweiz sei behaftet gewesen von einem "Übermass von Freiheitsbeschränkungen, eine Hypertrophie der Notrechtssetzung, und die Rechtsgleichheit sei durch die Vollmachten gefährdet gewesen (S.201).[257]
Giacometti spricht hier ein wichtiges Thema an. Die Gesamtbevölkerung der Schweiz kann nach all den Vorkommnissen, all der sinnlosen Schufterei für das Nazi-Reich und den Profitanhäufungen durch Waffenverkäufe unter nur einem Dutzend Familien nicht mehr zur psychischen Normalität zurückfinden. Die Zersplitterung im Geist zwischen Nazi-Gegnern und Nazi-Profiteuren nimmt zu und zementiert sich. Die ehemaligen schweizer Nazis bilden Seilschaften bis ins Bundesgericht, so dass der Wahrheit in vielen Fällen bis in die 1990-er Jahre noch nicht nachgegeben wird, nur um nicht zugeben zu müssen, dass die Wirtschaft einen deutsch-nazistischen Sieg unterstützte. Dieses Verhalten schlägt nun auf alle Lebensbereiche durch und macht einen gegenseitigen vertrauensvollen Umgang unmöglich.
Die psychische Zerrissenheit in der "heilen Schweiz" wird mit Geld kompensiert: mit dem Reichtum, den die Banken - und zwar nicht nur die Grossbanken - mittels ihrer Verbrechensbegünstigung angehäuft haben und dies mit Unterstützung für Diktatoren, mit dem Bunkern von russischen Mafiageldern, zum Teil bis heute tun.
Pfarrer Paul Vogt setzt sich für die Verständigung von Christen und Juden ein, befürwortet dabei aber auch die Existenz des rassistischen Zionistenstaates Israel [web02]
[Paul Vogt sieht die Problematik des rassistischen Zionismus und das Ziel eines Gross-Israel zwischen Nil und Euphrat (1. Buch Mose, Kapitel 15, Satz 18) scheinbar nicht].
Vogt wirkt ab 1945 an verschiedenen orten ab 1947 in Grabs, ab 1951 als Dekan des Pfarrkapitels Rheintal-Werdenberg-Sargans, von 1952 bis 1957 in Schiers-Samedan als Präsident der Evangelischen Lehranstalt, und 1959 bis 1965 in Degersheim am Rhein. Nach der Pensionierung lebt er in Grüsch, ab 1982 nach dem Tod seiner Frau in Zizers [web02].
[Ob Vogt seine positive Meinung zum rassistischen Zionistenstaat Israel beibehielt, ist nicht bekannt].
Mitglieder der Ärztemission publizieren:
-- im Herbst 1945 veröffetnlicht Max Mawick seinen detaillierten Bericht über die Ärztemission in Warschau mit den dortigen Kriegsverbrechen in einem Zürcher Kleinverlag
-- Elsi Eichenberger veröffentlicht ebenfalls kurz nach Kriegsende ihren Bericht über ihre Erlebnisse in der Ärztemission in Smolensk hinter der Ostfront. Eine Schilderung einer Auseinandersetzung mit einer Vorgesetzten wird zum Vorwand genommen, ihr zu schaden [web05].
Erst im November 1945 erfahren die Alliierten von den Einzelheiten der Konferenz von Strassburg vom August 1944. Der Grossteil des deutschen Industriekapitals ist bis dahin ins Ausland transferiert worden, und die Bomber-Alliierten haben keinen Zugriff [web07].
Washingtoner Abkommen - die nationale Propaganda vom "heroischen Kleinstaat" und der "Unabhängigkeit" - glorifizierte Wehrmacht - der Mythos von der schweizer Humanität - Guisans Attacke gegen die Flüchtenden der "Nacht der Panik" - Inventur der deutschen Nazivermögen bei schweizer Banken
April-Mai 1946 kommt es in Washington zu dramatischen Verhandlungen zwischen schweizer und amerikanischen, französischen und englischen Delegierten um die Raubvermögen und die gesperrten schweizer Werte in den "USA" (S.139). Die Alliierten verlangen
-- Reparationen, wozu sie die deutschen Vermögenswerte in der Schweiz einsetzen möchten
-- das belgische Gold, das umgegossen und der Nationalbank verkauft wurde (S.140).
Die schweizer Delegation pocht ihrerseits, aus den deutschen Guthaben einen Erlös abzuzweigen, weil das Reich mit Schulden untergegangen sei. Die schweizer Delegation bietet in der Goldfrage Gold im Wert von 100 Millionen Franken, die Alliierten verlangen Gold im Wert von 560 Millionen Franken. Am Ende erhöht die schweizer Seite ihr Angebot auf Gold im Wert von 250 Millionen Franken, wobei sie somit auf 50% des Erlöses aus der Liquidation der deutschen Guthaben verzichte (S.140).
Am 25. Mai 1946 unterschreiben die Schweiz und die "USA" das Washingtoner Abkommen über die Bankentransaktionen und gesperrten Vermögen während des 2.Weltkriegs. Im Text steht vermerkt, dass die Schweiz die Rechtsgrundlage für das Abkommen nicht anerkenne, jedoch 250 Millionen Franken als Beitrag leiste, um zur "Befriedung und den Wiederaufbau Europas sowie die Versorgung zerstörter Gebiete beizutragen." Die schweizer Guthaben in den "USA" werden wieder freigegeben und die schwarzen Listen der gesperrten schweizer Firmen aufgehoben. (S.140)[258]
Die nationale Propaganda hört im Gegensatz zu Deutschland in der Schweiz nicht auf. Weiterhin wird der "heroische Kleinstaat" propagiert, die Neutralität und die "Unabhängigkeit", die in Wahrheit nur Wunschdenken sind. Dem Volk wird der "Heroismus" zugebilligt, um die Wahrheit der ökonomischen Verflechtung mit dem 3.Reich zu vertuschen (S.66).
Die deutsche Wehrmacht wird z.T. weiter glorifiziert. Der Ausbildungschef der schweizer Armee, Hans Frick, spricht z.B. noch 1959 von einer dilettantischen Kriegsführung Hitlers und schwärmt weiterhin für die deutsche Wehrmacht, die doch zum Teil in weiter Unterzahl noch russische Truppen vernichtet hätte (S.25).[259]
Des weiteren entwickelt die schweizer Propaganda den Mythos der schweizer "Humanität", so z.B. in einem Exposé der schweizer Finanzverwaltung:.
Finanzverwaltung: Exposé:
"Inmitten des kriegsversehrten Europa bildete die Schweiz ein Zufluchtsland, wo jeder Schutz für seine Person und seine Güter suchte." (S.132)[260]
Die Realität, dass Bundesrat von Steiger ein "volles Boot" propagierte, das schutzsuchenden Personen zwischen Ende 1942 und 1944 keinen Platz mehr bot, während für Hitlers Kriegskasse die schweizer Gelddruckmaschine weiter offen stand und sogar der einfache schweizer Arbeiter mit seinen Steuern Hitler die schweizer Waffenlieferung finanzierte, wird unter den Tisch gewischt (S.132).
General Guisan, der gefeierte "Volksheld" der Schweiz, beginnt nun auch noch, aus Selbstherrlichkeit mit den Flüchtenden der "Nacht der Panik" von 1940 "abzurechnen". Er führt eine Bewegung gegen die damals Geflüchteten an und bezeichnet diese als "unpatriotisch". Dass er selbst die Neutralität mit dem Arrangement mit der französischen Armee 1940 gebrochen hat, ist für ihn dagegen scheinbar kein Thema mehr. Der Bundesrat relativiert denn auch die Formulierungen Guisans (S.179).[261]
Im November 1945 organisiert das Schweizerische Arbeiterhlfswerk eine Aktion "Zürich hilft Wien" für die notleidende Wiener Bevölkerung, u.a. mit einer grossen Kartoffelaktion mit 1500 Tonnen Kartoffeln [web03].
Aktion des SAH "Zürich hilft Wien", ein Lastwagen mit Kartoffeln im November 1945 [1]
Die Suche der schweizer Banken nach privaten Nazi-Vermögen im Jahr 1946 bringt deutsche Vermögen im Wert von 1,0222 Milliarden Franken zum Vorschein, worunter nur 42 "anrüchige" Fälle im Wert von 12 Millionen Franken sein sollen (S.134).[262] Der Bericht der schweizerischen Verrechnungsstelle enthält bilanzierte Raubgüter, die von der Schweizerischen Bodenkreditanstalt in Zürich nach Spanien transferierten 11 Millionen Franken[263] , und bezichtigt den Direktor der Bodenkreditanstalt, Schulthess, habe in Zusammenarbeit mit den Anwälten Dr.Wilhelm Frick, Dr. Hoffmann und Kurt Keller am Stadthausquai 13 in Zürich erheblichem Umfange Kapitalien von bedeutenden Nazi-Persönlichkeiten verschoben (S.135-136).[264] Gleichfalls hat die Bodenkreditanstalt mit Sperrmarkliquidationen am Clearing vorbei deutsche Vermögen ausbezahlt. Weiter wird Regierungsrat Wilhelm Oeding illegaler Geschäfte verdächtigt. Er war Exponent der Bodenkreditanstalt im 3.Reich (S.136).[265]
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