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St. Gallen braucht eine vollständige Universität
In der Region Ostschweiz fehlt eine vollständige Universität - was alles möglich wäre, wenn St. Gallen eine vollständige Universität hätte
St. Gallen, Luftaufnahme mit Kloster und Klosterbibliothek [1].
Aber eine vollständige Universität fehlt in St. Gallen...
von Michael Palomino (2010)
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St. Gallen hat nur eine "Universität" für Wirtschaft und Recht - die Klagen der ostschweizer Studenten
Im Zuge einer Diskussion mit einer Person, die behauptete, St. Gallen habe eine "Universität", kam heraus, dass St. Gallen nur ein Kurszentrum für Wirtschaft und Recht hat, und dieses Kurszentrum nennt sich "Universität". Der Name "Hochschule für Wirtschafts-, Rechts- und Sozialwissenschaften St. Gallen", kurz "HSG", klingt ja gut und schön, aber das ist keine Universität, wenn man nur diese drei Richtungen studieren kann, sondern das ist ein gutes Kurszentrum, mehr ist das nicht. Insgesamt steht die ganze Ostschweiz (insbesondere die vier zentralen ostschweizer Kantone Thurgau, St. Gallen, Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden) also praktisch ohne Universität da, weil alle anderen Studienrichtungen in St. Gallen nicht vorhanden sind und deswegen alle Ostschweizer nach Konstanz oder nach Zürich fahren müssen, um Sprachen, Philosophie, Medizin oder Archäologie oder Asiatik etc. zu studieren.
Die "HSG" ist auch in einem unmenschlichen Stil gebaut, im Stil der 1960er und 1970er Jahre, ganz aus Beton und hauptsächlich quadratisch, wo man sich als kreativer Mensch nicht sehr wohl fühlt. Der Ostschweiz fehlt also eine attraktive, inspirierende, vollständige Universität.
Die HSG, die Architektur dieses Kurszentrums für Wirtschaft, Recht und Sozialwissenschaften ist nur rechteckig und vermittelt keine Inspiration [7]x
Die HSG, der Innenausbau ist brutaler, nackter Beton ohne jede Inspiration [7]
In der Ostschweiz fehlt eine attraktive, inspirierende, vollständige Universität.
Die Studenten der Ostschweiz sind somit gegenüber allen anderen schweizer Regionen massiv benachteiligt, weil in der Ostschweiz ein intellektuelles, geistiges Zentrum fehlt: eine vollständige Universität, und wenn man nach Konstanz oder nach Zürich fahren muss, dann verliert man nicht nur 2 bis 3 Stunden pro Weg, sondern man verliert sich eventuell auch aus den Augen und kennt sich dann nicht mehr.
Ich persönlich habe an der Universität Zürich viele ostschweizer Studenten getroffen, und alle klagten mir, dass in St. Gallen eine Universität fehlt, und dass es der Regierung in St. Gallen scheinbar total egal sei, dass alle Studis, die nicht Wirtschaft und nicht Jus studieren wollen, quasi ausser Landes gehen müssen. Das Leben kann doch nicht nur aus Wirtschaft und Recht bestehen, klagten die Studenten, aber die Regierung in St. Gallen meint scheinbar genau das: Im Leben brauche es nur Wirtschaft und Recht, und der Rest interessiert sie scheinbar nicht.
Wenn man jetzt in St. Gallen Wirtschaft studieren möchte, aber gleichzeitig auch eine Sprache studieren will, dann muss man für die Sprache jeweils nach Zürich fahren, aber der Weg ist 2 bis 3 Stunden, und das geht dann nicht, das ist einfach zu weit. Also: Von St.Gallen nach Zürich fahren die Züge in ca. 70 Minuten, aber wer von Appenzell kommt, oder wer vom Rheintal her kommt, der kommt locker auf eine Fahrzeit von über 2 Stunden.
Als Beobachter fragt man sich, was ist da los? Wieso haben die Verantwortlichen der Ostschweiz nicht schon lange eine vollständige Universität in St. Gallen eingerichtet?
Die Regierungen der Ostschweiz fürchten scheinbar einfach die "Alternativen"
Nun, eine "Universität" wie in St. Gallen, wo man nur Wirtschaft und Recht studieren kann, ist eben wirklich keine Universität, sondern das ist eine einseitige, kapitalistisch orientierte Institution, wo alle anderen Bereiche des Lebens ausgeklammert werden, und dementsprechend armselig bleibt die Bevölkerung, weil man für jedes weitere Fach weit reisen muss, entweder nach Konstanz, oder dann nach Zürich. Die Regierungen der Ostschweiz bzw. die Kantonsregierungen in St. Gallen, Frauenfeld und Appenzell denken scheinbar, eine Universität "bruuche mir nööd", braucht es nicht, sondern Wirtschaft und Jus reichen aus, und diese Studenten machen auch keinen "Krach", und all die "Alternativen" - wobei dabei immer an die Studentenunruhen der 1968er Jahre gedacht wird - sollen nach Zürich gehen: "Mir wend da e ckai alternativi Schtudente haa, die söled in Züri ire Saich mache".
Krawall in Zürich zwischen Polizei und Studenten 1968, ein Demonstrant als Stuhlwerfer [9]
Krawall in Zürich zwischen Polizei und Studenten 1968, Polizei mit Wasserspritze [8]
Dieses eine Vorkommnis von 1968 gilt den Bildungsverhinderern in der Region Ostschweiz wahrscheinlich als Hauptargument gegen eine vollständige Universität in St. Gallen. Wenn alle so denken würden, dann gäbe es auf der Welt gar keine Universitäten mehr...
Es ist anzunehmen, dass die Regierungen von St. Gallen, Frauenfeld und Appenzell bis heute so einseitig denken, und somit werden viele Entwicklungen in der Region Ostschweiz verunmöglicht und blockiert. In weiterem werden auch noch die Kantone Schaffhausen und Glarus, vor allem aber der Kanton Graubünden zur Ostschweiz gezählt, die ihre Ausrichtung aber auf Zürich haben. Gleichwohl könnte auch für diese Kantone eine Universität in St. Gallen interessant sein.
Die "alternativen Gruppen" aber werden sich weiterhin in Zürich gruppieren, wo durch die Verschandelung der Landschaft mit Quadratbunkern (Blockbauten) und Vercomputerisierung der Gesellschaft und mit der direkten Konfrontation zwischen Bevölkerung und "Weltwirtschaft" einfach viele Defizite und Provokationen in vielen Lebensbereichen bestehen, und diese "Alternativen" gibt es auch nur deswegen, weil bestimmte staatliche Strukturen in der Schweiz nicht den Menschenrechten entsprechen. Die Mächtigen der Schweiz finden es auch nicht nötig, daran etwas zu ändern (etwa bei der Praxis von brutalen Verhaftungen, Tränengaseinsätzen statt Kommunikation, die kapitalistische Arroganz gegenüber der Armut, das Fehlen einer Basis-Ausbildung in Recht an Sekundarschulen und Gymnasien, das Ausklammern bestimmter Lebensbereiche an Sekundarschulen und Gymnasien (z.B. eine Basisausbildung in Naturmedizin für jeden), aber die Mathematik wird derart sinnlos hoch geschult, dass sie fast einer Architekten-Mathematik entspricht etc.). Es gibt also verschiedenste Gründe, wieso diese desorientierten, extremen "Alternativen" existieren und wieso Proteste auf militanter Basis ausgetragen werden. Aber an den falschen, staatlichen Strukturen des Staates ändert sich bis heute leider nur teilweise etwas, z.B. dass die Institution "Jugendhaus" und die sexuellen Tabus inzwischen gesellschaftlich akzeptiert worden sind, und Verbesserungen in sozialen Strukturen von Ämtern und Behörden. Aber die Defizite in der rechtlichen Ausbildung und in der naturmedizinischen Ausbildung z.B. bleiben bei den Gymnasiasten weiterhin bestehen. Der Lehrplan ist bis heute nicht auf das eigentliche Leben ausgerichtet, sondern vor allem auf Techniker und Ingenieure...
Das heisst aber auch, wenn die Schulung der Jugendlichen mehr auf das wirkliche Leben ausgerichtet ist, dann wird es weniger desorientierte "Alternative" geben, die zerstörerisch tätig sind. Und es ist eigentlich nicht gross anzunehmen, dass sich in St. Gallen eine grössere Gruppe "Alternative" bildet, weil das Wissen und die Verbundenheit mit der Natur in der Region Ostschweiz noch relativ gross sind und wohl auch erhalten bleiben, bzw. es werden Studenten nach St. Gallen kommen, um sich neues Wissen und eine neue Verbundenheit mit der Natur anzueignen. Aber scheinbar sehen das die Regierungen in der Ostschweiz bisher nicht...
St. Gallen wäre ein attraktiver Universitätsstandort für eine vollständige Universität - und die Naturmedizin
In Appenzell gibt es eine grosse kräutermedizinische Tradition, und in Teufen (Appenzell, 7 km von St. Gallen entfernt bzw. 30 Minuten mit dem Zahnrad-Zug) gibt es z.B. einen Heilkräuterschaugarten (Foto [2]) im Gesundheitszentrum von Dr. A. Vogel (www.avogel.ch), aber in St. Gallen gibt es keine Möglichkeit, Medizin zu studieren...
Teufen, Dorfbild [3]. Hinter dieser Stille steckt eine grosse naturmedizinische Tradition, ein grosses Gesundheitspotential für eine Universität...
Dabei wäre die Stadt St. Gallen ein sehr attraktiver Universitätsstandort, wenn man dort Sprachen, Philosophie oder auch Medizin oder Archäologie oder Asiatik etc. studieren könnte, zwischen Säntis und Bodensee, zwischen Heilkräuterkultur und Apfelkulturen, und eine vollständige Universität St. Gallen wäre auch national und international für Naturliebhaber-Studenten ein absoluter Anziehungspunkt. Viele Studenten aus Zürich würden dann in St. Gallen studieren, um aus der Hektik der Stadt Zürich herauszukommen, denn in Bern ist die Hektik nicht unbedingt weniger. Man könnte dann in St. Gallen das Universitätsstudium gleich noch mit einem Studium der Heilkräutermedizin verbinden, wenn dies von den Kräutermedizinern im Appenzell ermöglicht würde. Das heisst, es gäbe die Möglichkeit, die Heilkräutertradition von Appenzell auch in die medizinische Fakultät der vollständigen Universität St. Gallen zu integrieren. Eine Fakultät "Naturmedizin" ist in St. Gallen also praktisch schon vorgegeben. Aber die ostschweizer Regierungen haben das bis heute scheinbar noch nicht gemerkt...
Romanshorn am Bodensee [4]
Säntis mit Schwägalp [5]Zwischen Bodensee und Säntis fehlt eine vollständige Universität...
Es kommen ja immer mehr Menschen zur Schlussfolgerung, dass die Naturmedizin in vielen Fällen heilt, wenn auch etwas langsam, aber ohne Nebenwirkungen, und dass die Naturmedizin viel wertvoller ist als die Pillenmedizin, die meistens nicht nur viel mehr kostet, sondern oft noch schlimme Nebenwirkungen hat oder sogar neue Krankheiten verursacht, was der Chemie-Industrie wiederum nützt, weil dann noch mehr Pillen-Medikamente verkauft werden. Eine vollständige Universität St. Gallen wäre also ein weltweiter Impuls auch für die Naturmedizin zur Sensibilisierung der Menschen für die Natur und die Naturmedizin und für ein gesünderes Leben ohne Pillen, um so mehr und mehr die Kostenspirale bei den Krankenkassen zu durchbrechen. Vielleicht kommen dann auch die Krankenkassen einmal so weit, dass die Naturmedizin die erste Priorität bekommt und die Pillen erst bezahlt werden, wenn die Naturmedizin nicht "anschlägt".
Ausserdem: St. Gallen hat eines der grössten Klöster in der Schweiz, mit einer riesigen Bibliothek, aber Sprachen oder Religion oder Philosophie kann man in St. Gallen nicht studieren. Da stimmt doch etwas nicht. Das heisst: Das Kloster mit seiner grossen Bibliothek könnte im Rahmen einer vollständigen Universität eine hervorragende Funktion erfüllen.
St. Gallen, Luftaufnahme mit Kloster und Klosterbibliothek [1]. St. Gallen hat eines der grössten Klöster der Schweiz, aber es fehlt eine vollständige Universität
Scheinbar haben das aber weder die "Wirtschaftsfachleute" in der Ostschweiz (dort studiert man doch Wirtschaft?) noch die Naturmediziner in der Schweiz gemerkt (das Zentrum der Naturmedizin der Schweiz ist doch Appenzell?).
Und da wäre noch etwas: Mit einer vollständigen Universität in St. Gallen mit den beiden Kantonen Appenzell im Umfeld könnten auch schweizerische Traditionen vermittelt werden, die es in anderen Städten nicht mehr gibt, also nicht nur die Naturmedizin, sondern auch die Appenzeller Musik mit Hackbrett etc. Die Verbreitung würde dann durch internationale Studenten auch auf internationaler Ebene geschehen, und die Wertschätzung der Schweiz würde international auch auf emotionaler Ebene zunehmen.
Appenzeller Musikgruppe mit Hackbrett [10]
Aber das sehen die Regierungen der Ostschweiz scheinbar alles nicht, denn die sagen einfach: "Da choschtet zvil". Scheinbar gibt es zu wenig Leute, die sagen: "Da wird sich loone för di ganzi Schwiz"...
Zusammenfassung - wo ist die Abstimmung über eine vollständigen Universität St. Gallen?
Fassen wir zusammen: Mit einer vollständigen Universität St. Gallen
-- hätten die Studenten der Ostschweiz endlich ein intellektuelles Zentrum in ihrem eigenen Gebiet
-- würden viele Studenten aus dem Kanton Zürich in St. Gallen studieren (und nicht nur Wirtschaft oder Recht)
-- würden auch viele Studenten aus dem Ausland in St. Gallen studieren (und nicht nur Wirtschaft oder Recht)
-- kämen die Qualitäten der Ostschweiz noch mehr zur Geltung (Bodensee und Berglandschaft)
-- wäre eine naturmedizinische Fakultät schon vorgegeben durch die Kräutermedizin in Appenzell
-- würde die Hauptachse Genf-St. Gallen auch intellektuell vollendet
-- könnte ein grosser Beitrag zur Sensibilisierung der Bevölkerung in Sachen Naturmedizin geleistet werden, um sich von der meistens teuren und destruktiven Pillenmedizin loszusagen und um die Kostenspirale im Gesundheitswesen zu durchbrechen (ein gesamteuropäisches Problem)
-- und mit dem Kloster und der Klosterbibibliothek ist ein weiterer Standortvorteil für eine Universität bereits gegeben
-- ausserdem kann an kulturinteressierte internationale Studenten schweizerische Tradition vermittelt werden.
Nein, es ist ein absolutes Armutszeugnis, dass die Ostschweiz keine eigene, vollständige Uni hat, und viele Möglichkeiten werden dadurch blockiert. Wann wird denn in St. Gallen eine vollständige Uni eingerichtet? Man sollte ein Projekt auflegen und dann abstimmen. Diese Uni in St. Gallen, die lohnt sich bestimmt. Das Potential ist riesig.
Michael Palomino 2010