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Spionage in und gegen die Schweiz 1936-1943

Deutsche und schweizerische Aktionen zum Verrat an das Dritte Reich

von Michael Palomino (1994)

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aus:
Hans Rudolf Fuhrer: "Spionage gegen die Schweiz: Die geheimen deutschen Nachrichtendienste gegen die Schweiz im Zweiten Weltkrieg 1939-1945"; Verlag "Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift ASMZ", Frauenfeld (ohne Jahr, wahrscheinlich 1980-er Jahre).



Chronologie

1936
Gründung des "Alemannischen Arbeitskreises" AAK
Tätigkeit Süddeutschland - Deutschschweiz (S.65).

April 1936
Mordplan an Brüning in der Schweiz
Geplante Ermordung des ehemaligen Reichskanzlers Dr. Brüning durch Gestapo-Agent Kommissär Hugo Römer. Römer wird durch die Zürcher Stadtpolizei verhaftet (S.117).

ab 1936
NS-Spitzel in der Schweiz sind Reichsbahn- und Sportleiter
(S.92)

1937
Abstimmung in der Schweiz über Freimaurertum: Das Freimaurertum darf bleiben
(S.141)

1938
Neigung vieler Schweizer zu England durch Freimaurertum, vor allem in der Bundesanwaltschaft
(S.141)

Die schweizerische Maginot-Linie vom Walensee nach Basel
(S.69,123)
Entwicklung von Geheimtintenmethoden
(S.65, 119)

Prag: schweizer Studie über dt. Heer in Prag von Deutschen entdeckt
(S.80)

ab 24.10.1938
Frage nach Durchmarschrechten durch die Schweiz
- Frage der Franzosen nach Durchmarschrecht gegen Deutschland (S.33)
- Frage der Deutschen nach Durchmarschrecht gegen. Frankreich (S.33).
Es kommt dadurch in der Schweiz die Angst auf, dass Frankreich die Schweiz in einen Krieg hineinzieht (S.140).

 ab 1939
Spionage durch Naziheime, Konsulate und Ortsgruppen der NSDAP
(S.91,135)

22.9.1939
F-GB: Frankreich will Angriff gegen Deutschland nur mit GB starten
Frankreich will Angriff auf Deutschland starten, wenn GB zu 50% dabei ist: wird lange dauern.
GB: will Deutschland erst angreifen, wenn das Mutterland angegriffen ist (S.140).

30.10.1939
Geplanter Senfgaseinsatz der Schweiz gegen Deutschland als Verteidigung
(S.141)

Ende 1939
Nach dem Polenfeldzug: Deutschenhass in der Schweiz
weil:
-- 140'000 Reichsdeutsche leben in der Schweiz mit dem Hitlerismus
-- gleichzeitig: die Juden in der Schweiz machen in blindem Hass Stimmung gegen alles Deutsche

So werden Autofahrer mit deutschem Auto beschimpft und alle Reichsdeutschen sollen beschimpft werden mit "Nazihund" und "Sauschwob" (S.148)

auch weil in der Schweiz eine generelle Einbusse und Unbequemlichkeiten durch ei Mobilisierung eintreten (S.148).

Aber:
-- im Generalstab der Schweiz: relativ neutrale Stimmung
-- Gründung von "Pro Polonia"
-- Sympathie des Schweizer Volkes für Frankreich und GB, weil:
-- bei einem alliierten Sieg bleibt die Schweiz so bestehen, wie sie ist, bei einem deutschen Sieg aber würden Teile der Schweiz vielleicht annektiert (S.148).

1940

ab 1940
Die NS-Bewegung in der Schweiz: Ashton
Ashton ist ein NSDAP-Spitzel in Zürich: Er ist Gründer der "Gesellschaft zur Förderung kulturellen Lebens", aber u.a. betreibt er auch Werkspionage bei Buehrle (S.91-92).

20.4.1940
Schweizer Unteroffizier durchschneidet Zündschnur bei Rheinbrücke
ist Sabotage für Deutschland, so dass im Falle eines deutschen NS-Einmarsches die Brücke nicht sprengbar wäre (S.29).

16.5.1940
SNB-Geld in die "USA"
Die Geldreserven der Schweizerischen Nationalbank und von den drei grossen Schweizer Banken werden in die "U.S.A." gebracht (S.142).

16.6.1940
Fund der Akten von "La Charité-sur-Loire"
Die Akten bezeugen: Frankreich hatte sich verbürgt, der Schweiz zu helfen, falls ein Angriff von Deutschland auf die Schweiz erfolgen würde; Die Akten werden von der deutschen Besatzungsarmee in Frankreich entdeckt und belasten das Verhältnis Deutschland - Schweiz schwer (S.80).

"Reiseberichte" über die Schweiz
Deutsche, die in der Schweiz "Urlaub" machen, werden verpflichtet, Berichte über bestimmte Themen der Schweiz zu erarbeiten und bei der Rückreise abzugeben  (S.69, 123).

bis 21.6.1940
63'000 französische [und polnische?] Soldaten sind in die Schweiz übergetreten
und haben sich internieren lassen. Am 19.Juni 1940 waren es allein 28'000 Mann, davon 16'000 Polen, mit 7800 Pferden und 50 Geschützen (S.141).

25.6.1940
Die Deutschen sprengen in der Savoie den Viadukt von Evires
durch die Sabotageabteilung der Abwehr, so dass die Schweiz keine militärischen Güter per Eisenbahn durch die noch frei bleibende Zone Frankreichs an die Alliierten liefern kann (S.28)

[Der Schaden scheint aber nicht gross zu sein, da 1940 bis Ende 1942 weiterhin Juden aus von Genf aus Richtung Spanien in verplombten Eisenbahnwagen ausgeschleust werden].

Spionagelinie Wiking
Informationen aus dem Führerhauptquartier aus erster Hand, der Schweizer Regierung jeweils zugespielt. Man weiss bis heute nicht, durch wen (S.82-86).

Ende Juni 1940
Gründung der "Nationalen Bewegung der Schweiz" NBS
Nach Deutschlands Sieg gegen Frankreich gründet sich in der Schweiz die hitlerfreundliche "Nationale Bewegung der Schweiz" NBS


ab Juli 1940

NS-Plan "Tannenbaum" gegen die Schweiz
Deutschlands Führungsstab plant einen deutschen Angriff gegen die Schweiz mit der Bezeichnung "Tannenbaum" (S.51).

Neue strategische Situation der Schweiz nach Frankreichs NS-Besetzung
Die Strategie der Schweiz muss nach der Niederlage Frankreichs neu überdacht werden. Die Schweiz ist fast ganz von nazistischen Regierungen umgeben (S.65, 120).

Handel Schweiz - Ausland nach der Niederlage Frankreichs: wirtschaftliche Neuorientierung in Planung (S.94).

Kein Verbot der NSDAP-Schweiz
weil sonst die Tätigkeiten im Untergrund weitergehen würden und nicht mehr kontrollierbar wären (S.92).

3.7.1940
Deutsche militärische Pläne gegen GB, Russland, den Balkan und Ägypten
(S.136)

Pläne der Schweiz, im Falle eines deutschen Angriffs die Alpentunneln zu sprengen
(S.99)

nach der Niederlage Frankreichs
Die NS-Bewegung in der Schweiz unter Ashton ist aktionsbereit nach einem Sieg von Deutschland gegen GB
(S.135)

NS-Arbeit gegen die Schweiz in Lörrach
immense Karteiarbeit des Deutschen Geheimdienstes gegen die Schweiz (S.70-71).

22.7.1940
Stand der Kriegsindustrie der Schweiz: 30-50-10
-- 30% fürs Inland
-- 50% für GB Frankreich und die "U.S.A."
-- 10% für Italien und Deutschland (S.142).

August 1940
Schweizer militärische Unterlegenheit gegen über der Wehrmacht
Bewertung der schweizerischen Armee durch deutsche Militärs: diese sei "nur für die Verteidigung geeignet, das dem deutschen voll unterlegen ist" 98-99, 136).

Schweiz als "Stachelschwein"
Spruch der NS-Soldaten gegen die Schweiz:
"Schweiz, du kleines Stachelschwein, dich nehmen wir beim Rückzug ein." (S.99)

ab 1.8.1940

Die Schweiz wird Deutschlands Drehscheibe für Devisen
Die Schweiz gewinnt für Deutschland grösste Bedeutung, soll als Devisendrehscheibe erhalten bleiben, sei nur ein Wirtschafts- und Verkehrsproblem (S.68,122).

Berlin plant einen Reichsgau "Burgund"
Information der "Linie Wiking": Die deutschen Regierungsstellen planen ein Reichsgau "Burgund", Regierungssitz soll der leerstehende Völkerbundpalast in Genf werden (S.68).

Canaris und Witzleben vom Führungsstab sind die Fürsprecher für die Schweiz
Information der "Linie Wiking": Im Fall der Akten und gegen die  "Tannenbaum"-Pläne wirken im Führerhauptquartier Canaris und Witzleben als Beschützer der Schweiz vor einer NS-Invasion (S.80-81).

ab August 1940 ca.
Richtungskämpfe innerhalb des BTE
(S.66, 121)

AAK unterstützt BTE in der Schweiz
(S.65-66)

Verhaftete Mitglieder des BTE
(S.66, 121)

Finanzielle Unterstützung für NS-Propaganda und BTE in der Schweiz
(S.74,125)

Verfeindete Reichsstellen des SD unter sich
(S.75)

September 1940
Das NS-Regime will die Schweiz als Devisendrehscheibe erhalten
(S.76)

10.12.1940
Wahl neuer Bundesräte: Dr. Kobelt und Dr. von Steiger
Es sind keine Frontisten und keine Angehörige des BTE, was die NSDAP verärgert. Die Spannung zu Deutschland erhöht sich (S.121).

Dr. Kobelt: rechts-liberal ohne Neigung zu Juden und Freimaurern, aber überzeugter Anhänger von Pastor Niemöller.
Ziel: auch ein starkes Deutschland soll Furcht vor der schweizerischen Wehrkraft bekommen (S.142).

[Dr. von Steiger selbst ist sehr Nazi-orientiert; siehe z.B.: Film: Erich Schmid: Er nannte sich Surava; Schweizer Fernsehen SF DRS].

Nazi-Propagandazeitschriften: frontistische Publikationsorgane in der Schweiz
-- "Nationale Hefte" (Hrg.: Dr. Oehler)
-- "Le Mois Suisse" (Hrg.: Philipp Amigniet)

-- "Schweizerdegen" (Hrg.: der BTE)
-- "Front" (Hrg.: Dr.Tobler) (S.65)

19.11.1940
Verbot des NBS
(S.74)

1941

Rumänien: Putschversuch von Horia Sima gegen Marschall Antonescu
Horia Sima als Führer der "Eisernen Garde" wird von Heydrich unterstützt. Hitler ist gegen den Putsch (S.118).

Frühling 1941
Panoramaheim in Stuttgart für NS-Schweizer eingerichtet
(S.72)

NS-Hetzschriften von CH-Nazi Franz Burri von Deutschland aus
(S.81)

Franz Burris "Internationale Presseagentur" (IPA), von deutschen Vertretern bekämpft
(S.81, 130)

Franz Burri in Deutschland von NS-Verantwortlichen bekämpft
(S.81, 130)

10.Juni 1941
Polizeiaktion in der Schweiz gegen die NS-Bewegung
-- 131 Verhaftungen, 260 Hausdurchsuchungen (S.69-70, 74-75)
-- Ashton meldet 600 Verhaftungen
-- Köcher meldet 300-350 Verhaftungen (S.126).

Sommer 1941
Bestreben des SD, eine SS in der Schweiz zu gründen
(S.74)

Ende 1941
5 NBS-Führer sind aus der Schweiz geflüchtet
(S.69,123)

Ende 1941 / nach Kriegseintritt der "U.S.A."
Verlegung des deutschen geheimen Meldedienstes von Deutschland in die neutralen Länder
(S.93)

1942
Tätigkeit des AAK gegen die Schweiz
(S.66,68,121-122)

Tätigkeit des Bund treuer Eidgenossen nationalsozialistischer Gesinnung BTE
(S.63)

Hitler hat seine Orientpläne mit der Losung: "Sieg oder Untergang"
(S.131)

Ausweisung Ashtons wegen illegalen Nachrichtendienstes
(S.91-92)

Judenretter Oster und Canaris
Oster und Canaris retten eine Gruppe von ca. 15 Juden. Vor der Gestapo werden die Juden als "Agenten" deklariert und werden via Schweiz nach Südamerika ausgeschleust (S.161).

Rumänien: Horia Sima gelingt die Flucht nach Italien und tauscht unter
(S.118)

1942?
Treffen von NS-Repräsentanten mit GB-Repräsentanten in Zürich wegen Planung eines Separatfriedens
(S.80)

27.5.1942
Heydrich bei Attentat ermordet
(S.62)

August/September 1942
Deutschland verbietet die Spionage gegen die Schweiz
Deutsches Verbot an die KO (Kriegsorganisation in den neutralen Ländern): Der militärische Nachrichtendienst gegen die Schweiz ist ab sofort verboten (S.95).

8.9.1942
Treffen Masson - Schellenberg
(S.80)

November 1942
Austausch von gefangenen Spionen Deutschland - Schweiz
(S.81, 130)

1943
Franz Burri wird ausgebürgert
(S.130)

Deutscher Plan zur Ermordung missliebiger Schweizer bei einer NS-Invasion
Planung eines Spezialkommando für die Ermordung von Guisan und weiters "Unschädlichmachen" von Gegnern (S.85).

Forderung Roosevelts, die schweizer Flugplätze benutzen zu dürfen
(S.87)

Geplante alliierte Angriffe auf den Brennerpass
(S.88)

Nachrichten und Telegramme über alliierte Pläne: Mutmassungen über eine alliierte Landung in Italien oder Südfrankreich
(S.88-89)

Lieferung 12 deutscher, aber beinahe schrottreifer Messerschmitt-Jäger an die Schweiz
(S.90,134)

Gerücht der Vergiftung durch GB-Geheimdienst an Schellenberg
Schellenberg sei chronisch leberkrank durch einen Vergiftungsversuch durch den britischen Geheimdienst (S.134).

1943 ca.
Dübendorf: Landung eines deutschen Nachtjäger
mit geheimen Instrumenten, dann im deutschen Auftrag zerstört (S.86-90).

Anfang 1943
Streit im deutschen Führerhauptquartier um die deutschen Angriffspläne gegen die Schweiz
(S.84)

März 1943
Deutsche Angriffspläne gegen die Schweiz
(S.82-85, 131)

Guisans Vorbereitungsbefehle gegen einen allfälligen deutschen Angriff
(S.84-85)

Die Schweiz wird Opfer von falschem Ehrgeiz in der deutschen Führung
(S.85)

3.März 1943
Treffen Guisan - Schellenberg in Biglen
Folge: Verstimmung im Bundesrat, weil er nicht informiert worden war (S.80).

Mai 1943

Deutsches Verbot des militärischen Nachrichtendienstes gegen die Schweiz auch für alle Abwehrstellen
(S.95)

August-September 1943 / nach Abfall Italiens von der "Achse"
Totale Mobilmachung in der Schweiz, Mobilisierung der Süd-Front. Geschehnisse:
-- über 20'000 italienische Soldaten treten in die Schweiz über und lassen sich internieren
-- mehrere 1000 Kriegsgefangene treten ebenfalls in die Schweiz über
-- zahlreiche sonstige italienische Flüchtlinge treten in die Schweiz über (S.144).

Aktivität von italienischen Banden in den italienischen Alpen (S.144).

Es herrscht der absoluter Wille der Schweiz, sich auch gegen die Alliierten zu verteidigen. Die Schweiz behindert die Operationsfreiheit der Alliierten in Europa dadurch beträchtlich (S.136,144).


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