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Beat Balzli: Treuhänder des Reichs

9. Land des Scheins

Teil 1: Schweizer Holdings und Tarngesellschaften zur Rettung deutscher Beteiligungen in den "USA" -- Die Rettung von deutschen Patenten durch schweizer Scheinfirmen und oder durch schweizer Eigentümer -- Die Firma Krupp will Patente retten - und versucht in der Schweiz Firmengründungen -- Das Netz von deutschen Tarngesellschaften: Nazi-Grössen kaufen Firmen im Ausland auf und lassen sie für sich "arbeiten" - Beispiel Heydrich -- Die schweizer Hilfe für die Flucht der Nazi-Grössen und eines beträchtlichen Teils des Nazi-Geldes nach Süd-"Amerika" -- Schweizer als Mehrheitsaktionär für deutsche Scheinfirma gesucht - und deutsche Fluchtgeldaktionen -- Kontenfunde nach der Sperrung deutscher Konten in der Schweiz: Franz von Papens - Hjalmar Schacht - Walter Funk - Ribbentrop - Goebbels -- Der Banco Alemán Transatlántico (BAT) in Argentinien - direkte Verbindungen zur SKA / CS in Zürich -- Der Banco Germánico de la América del Sud - ebenfalls in Argentinien -- Die Schweizerische Bodenkreditanstalt (SBK) in Zürich mit Direktor Willy Schulthess - ein Hauptpunkt für deutsche NS-Fluchtkapitalien
Seite 247: Franz von Papen 1934: Franz von Papen mit seiner Frau Martha und Adolf Hitler im Jahr 1934: Der Reichs-Vizekanzler und spätere Botschafter in der Türkei besass bei der Schweinzerischen (Schweizerischen) Kreditanstalt in Zureich (Zürich) ein Vermögen von über 1,1 Millionen Schweinzer (Schweizer) Franken.
Seite 247: Franz von Papen 1934: Franz von Papen mit seiner Frau Martha und Adolf Hitler im Jahr 1934: Der Reichs-Vizekanzler und spätere Botschafter in der Türkei besass bei der Schweinzerischen (Schweizerischen) Kreditanstalt in Zureich (Zürich) ein Vermögen von über 1,1 Millionen Schweinzer (Schweizer) Franken [Geld, das der deutschen Bevölkerung gehört].

Präsentation von Michael Palomino (2013)

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aus: Peter Balzli: Treuhänder des Reichs. Eine Spurensuche. Werd-Verlag, Zürich 1997

* Die mit * gekennzeichneten Namen wurden aus Gründen des Personenschutzes vom Verfasser geändert(S.15)

<Im Land des Scheins

Über Tarngesellschaften und manipulierte Buchhaltungen fliessen die Vermögen der Nazi-Bonzen und -Konzerne in die Schweiz.

Die Schweiz war nicht nur ein Zentrum für die Verwertung jüdischer Raubgüter, sondern fungierte ebenso als Dreh- und Angelpunkt deutscher Finanztransaktionen, was teilweise die Verschiebung gestohlener Vermögen der Nazi-Opfer bedeutete. Geheime Konten sowie zahlreiche, mit schweizer Strohmännern bestückte Gesellschaften boten die dafür nötige Infrastruktur. [Schweizer erhielten für ihre Dienste für die Nazis höchstwahrscheinlich nicht unbedeutende "Belohnungen"...]

[Schweizer Holdings und Tarngesellschaften zur Rettung deutscher Beteiligungen in den "USA"]

[Tarngesellschaften in der Schweiz, um Beteiligungen in den  "USA" zu vertuschen und zu retten: I.G. Farben mit Wehrli-Bank]
Vor allem die grossen Unternehmen des Reiches begannen schon sehr früh, einen Teil ihrer Vermögen prophylaktisch im neutralen Ausland in Sicherheit zu bringen [also Schweiz, Schweden, Spanien, Portugal, Türkei, sowie Süd-"Amerika"]. Dafür benutzten die nazifreundlichen Konzerne dieselben Mittel wie die jüdischen Unternehmerfamilien, die sich vor der Arisierung schützen wollten. Mit der Gründung von schweizer Holdings und Tarngesellschaften gingen die deutschen Werte auf dem Papier in schweizer Besitz über. Deutsche Unternehmen - wie die I.G. Farben mit ihrem Ableger I.G. Chemie (nach dem Krieg in Interhandel umbenannt) in Basel - versuchten Anfang des Krieges auf diese Weise vor allem, ihre Beteiligungen in den USA zu retten.

Diese nicht immer problemlosen Transaktionen wurden in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen des NS-Regimes abgewickelt, wie das Beispiel der Wuppertaler Firma J.P. Bemberg AG illustriert. Sie beabsichtigte 1940, ihre amerikanische Tochter American Bemberg Corporation als neutralen Besitz zu tarnen. Das von Bemberg gewählte Bankhaus Johann Wehrli & Co. in Zürich war sofort bereit, das Geschäft durchzuführen. In einem Bericht an das Reichswirtschaftsministerium vom 29. Januar 1940 schilderte Bemberg den Stand der Verhandlungen mit der Wehrli-Bank, die "für die Durchführung dieser Transaktion aufgrund unserer Kenntnisse und Erfahrungen als geeignet und vertrauenswürdig " galt. Die Schweizer stellten für die Abwicklung des "Geheimvertrages" nur eine Bedingung.

"Aus Gründen strengster (S.221)

Vertraulichkeit legt die Wehrli-Bank entscheidenden Wert darauf, das Geschäft so aufzuziehen, dass weder ihre Angestellten noch sonstige Dritte in den Aufzeichnungen der Bank irgendwelche Berührungspunkte mit deutschen Firmen oder Privatpersonen finden; dem entspricht, dass die Wehrli-Bank daher nur mit schweizerischen Firmen, nämlich mit der Asfag AG einerseits und mit der Cuprus AG andererseits, kontrahiert", berichtete Bemberg. Wie heute hatten auch damals viele Tarngesellschaften ihren Sitz in Glarus.

[Beteiligung retten: Firma "Helmuth Voss" in Hamburg mit80% der Firma "Jungmann & Co." in New York - Versuch der Installierung eines Zwischenkontos in der Schweiz kommt nicht zustande - Überschreibung der Beteiligung auf einen "amerikanischen" Anwalt]

In anderen Fällen ging die Sicherung des amerikanischen Besitzes nicht ganz so reibungslos über die Bühne. Die schweizer Banken lehnten zwar solche Geschäfte nicht ab, stellten aber gelegentlich restriktive Bedingungen. So besass der Hamburger Unternehmer Helmuth Voss 80 Prozent des Aktienkapitals der New Yorker Firma Jungmann & Co. Voss brauchte dieses Unternehmen für die Abwicklung von Transitgeschäften, woraus jährlich 300.000 Reichsmark in Devisen nach Deutschland zurückflossen. Die Reichsbank war daher der Ansicht, dass diese Beteiligung nicht liquidiert werden durfte. Allerdings musste der deutsche Besitz verschleiert werden.

"Es wurde Voss (...) nahegelegt, die Tarnung der Beteiligung zu versuchen, und zwar dergestalt, dass die Anteile auf eine Bankverbindung im neutralen Ausland treuhänderisch übertragen werden unter Einzahlung des Gegenwertes durch die betreffende Bank auf ein Sperrkonto", hiess es in einer vertraulichen Notiz des Reichsbankdirektoriums vom 4. Dezember 1939. Das "neutrale Ausland" war nur ein Synonym für die Schweiz.

"Die diesbezüglichen Verhandlungen mit einer schweizerischen Bank haben ergeben, dass diese zwar bereit ist, die Anteile zu übernehmen, jedoch mit dem Vorbehalt, die Übertragung nach ihrem Ermessen jederzeit rückgängig machen zu können." Voss wollte die Bedingungen der Eidgenössischen Bank, so hiess die schweizerische Bank, nicht akzeptieren. Seine Beteiligung wurde schliesslich zum Schein auf den amerikanischen Anwalt von Jungmann & Co. überschrieben.

[Die Rettung von deutschen Patenten durch schweizer Scheinfirmen und oder durch schweizer Eigentümer]

[Die Firma Krupp will Patente retten - und versucht in der Schweiz Firmengründungen]

[Die Firma Krupp rettet in der Schweiz ihre Patente - es braucht eine Firma A und eine Firma B]

Die deutschen Firmen hatten für die schweizer Firmenkonstruktionen noch andere Verwendungszwecke. Neben der Tarnung amerikanischer Beteiligungen stand die Verwertung von Patenten im Vordergrund. Damit allfällige Beschlagnahmungen während des Krieges verhindert werden konnten, brauchte es schweizer Eigentümer. Zu diesem Schluss kam auch der deutsche Stahlgigant Krupp.

"Wir beabsichtigen seit (S.222)

längerer Zeit, in der Schweiz eine Holding-Gesellschaft zu errichten, die rechtlich nicht von uns beherrscht wird und die Aufgabe haben soll, Vermögenswerte - gedacht ist in erster Linie an Patente von der Firma Krupp - regulär zu kaufen und nach aussen hin als Eigentümerin dieser Werte aufzutreten", teilte Krupp dem Reichswirtschaftsministerium am 30. Dezember 1939 mit.

Auf Empfehlung eines schweizerischen Vertrauensmannes hatten sich die Finanzspezialisten von Krupp mit Dr. Walter Keller-Staub in Verbindung gesetzt. Wie viele seiner Kollegen war der Zürcher Rechtsanwalt auf geheime Transaktionen spezialisiert. Krupps Bedingung war klar:
"Die Gründung der schweizerischen Gesellschaft muss natürlich nach aussen hin vollständig getarnt sein, und eine kapitalmässige Beherrschung durch uns darf nur indirekt bestehen."

Keller-Staub schlug eine Konstruktion mit drei Gesellschaften vor. Alle Firmen sollten ihren Sitz in Glarus haben. Das Kapital der Firma A betrug 500.000 Schweizer Franken. Gemäss Plan würden die Patente von Krupp an die Firma A verkauft. Gleichzeitig würden deren gesamte Inhaberaktien an eine Firma B übergeben, die in keiner Weise in Erscheinung treten durfte. Firma B würde wiederum zu hundert Prozent im Besitz einer dritten Firma, der bereits existierenden Wolframers AG Glarus, sein.

Für die konkrete Abwicklung der Operation empfahl Keller-Staub die Schweizerische Bankgesellschaft [heute UBS AG]. Das Aktienkapital von 500.000 Schweizer Franken sollte von Krupp zuhanden des Rechtsanwaltes an die SBG überwiesen werden. Davon würden zwecks Gründung der Firma B 50.000 Franken an die Glarner Kantonalbank überwiesen. Die Blanko-Namen-Aktien der Firma B mussten in einem Safe der Wolframers AG verschwinden.

"Nach Gründung der Gesellschaft B stellt diese Gesellschaft die Summe von sfrs. 50.000.- und Herr Dr. Keller den Betrag von sfrs. 450.000.-, zussammen also sfrs. 500.000.-, den Gründern der Gesellschaft A zur Verfügung. Die Gesellschaft A hat dann nach der Gründung ein Barguthaben von sfrs. 500.000.-, wovon sie sfrs. 450.000..- in Patenten, Beteiligungen usw. anlegen kann."

Kanonenbauer [und Panzerbauer] Krupp wollte seine amerikanischen Schnelldrehstahl-Patente in schweizer Besitz übergehen lassen. Der Wert lag bei 900.000 Franken, womit die Firma A gegenüber Krupp eine Schuld von 450.000 Franken hatte.

Um der Transaktion eine perfekte Tarnung zu geben, brauchte es für den Verwaltungsrat der Firma A prominente Schweizer. auch das war (S.223)

kein Problem. "Als Gründer dieser Gesellschaft sollen folgende Personen auftreten:
1) Herr Nationalrat Dr. Hans Trümpy von und in Ennenda, Kt. Glarus
2) Herr Dr. Walter Boveri von Baden in Zürich,
3) Herr Generaldirektor Carl Bühler von und in Winterthur, Bühlhalde (Vizepräsident des SBG-Verwaltungsrates, d.Verf.),
4) die Schweizerische Bankgesellschaft Zürich, vertreten durch einen noch zu benennenden Herrn,
5) die Privatbank und Verwaltungsgesellschaft Zürich, vertreten durch einen noch zu benennenden Herrn."

Krupp erachtete den mit Keller ausgearbeiteten Plan als absolut wasserdicht, weil die Verwaltungsräte jederzeit eidesstattlich versichern könnten, dass sie ihren Aktienanteil an der Firma A treuhänderisch für eine schweizerische Gesellschaft halten. Diese Gesellschaft war niemand anders als die Firma B, "die nach aussen hin überhaupt nicht in Erscheinung tritt und bekannt wird". Hitlers Rüstungsfabrikanten waren überzeugt, dass es sehr schwer sein würde, "die wirklichen Zusammenhänge herauszufinden". Krupp hatte schliesslich zur Firma A weder eine direkte noch eine indirekte Kapitalverbindung. "Die Gesellschaft A wird (...) durch die Gesellschaft B beherrscht, und die Namens-Aktien der Gesellschaft B liegen im Safe der Wolframers-Gesellschaft, Glarus. Wie Ihnen bekannt, haben wir eine Option auf die Aktien der Wolframers-Gesellschaft, so dass wir über den Weg der Ausübung dieser Option an die Gesellschaft B und von dort an die Gesellschaft A herankönnen."

[Der Krupp-Plan ist "Geheime Reichssache" - Hitler bewilligt den Plan - zwei schweizer Verwaltungsräte springen ab - Schwierigkeiten mit dem Clearing]

Im Reichswirtschaftsministerium wurde der Krupp-Plan als "geheime Reichssache" klassiert. Hitlers Beamte bewilligten die Operation und damit auch den entsprechenden Devisenbedarf. Doch die Durchführung stiess auf Schwierigkeiten. Bühler und Boveri waren für den Verwaltungsrat plötzlich nicht mehr zu haben und mussten ersetzt werden. Zudem gab er Probleme mit der Verrechnungsstelle. Erlöse aus Patentkäufen mussten über das Clearing gezahlt werden, was Krupp nicht wollte. Der wahre Zweck der Operation durfte nicht bekanntwerden. Der Plan wurde folglich geändert und der Ankauf der Patente vorerst auf ein Minimum reduziert.

In einem ersten Schritt sollen für die Gründung der Gesellschaften nur 75.000 Franken in die Schweiz geschickt werden, damit die Verrechnungsstelle keine "Schwierigkeiten" machen konnte. Als zusätzliche Sicherung schaltete Krupp im neuen (S.224)

Plan eine neu zu gründende Firma Homeric dazwischen, die zu hundert Prozent ihrem Zürcher Anwalt Walter Keller gehören sollte.
Sicher ist, dass Krupp zumindest einen Teil des Planes in die Tat umsetzte. Laut Handelsregister liess Keller die Homeric am 4. August 1942 in Arosa eintragen. Adresse: Oberseepromenade 7a. Zweck: Treuhandgeschäfte.


[Das Netz von deutschen Tarngesellschaften: Nazi-Grössen kaufen Firmen im Ausland auf und lassen sie für sich "arbeiten" - Beispiel Heydrich]

[Aufgekaufte Firmen fungieren als "Informationsbüro" -Hauptsturmführer Wolfgang Sanner installiert Firmen in Holland und in der Schweiz - ein Informationsbüro der AEG- eine Filmgesellschaft in Basel - Sanners Grössenwahn und Bereicherung gegen die SS - 5 Jahre KZ für Sanner]

Nach dem Krupp-Muster spannen die Deutschen in der Schweiz ein Netz von Tarngesellschaften. Diese geheime Infrastruktur bestand jedoch nicht nur aus Ablegern der Industriekonzerne, sondern auch aus Gebilden, die von den NS-Behörden direkt kontrolliert wurden. Insbesondere liess Himmlers Stellvertreter Reinhard Heydrich, der als Chef des gefürchteten Reichssicherheitshauptamtes die Sicherheitspolizei und die Gestapo kontrollierte, im Ausland zahlreiche Firmen aufkaufen. Die gegen aussen harmlos wirkenden Aktiengesellschaften fungierten als "Nachrichten-Apparate" im Dienste des Reiches.

SS-Hauptsturmführer Wolfgang Sanner war einer der Männer, die für Heydrich diese geheimen Transaktionen abwickelten. Offiziell war Sanner Prokurist bei der AEG und leitete dort das Informationsbüro, eine getarnt Dienststelle des Sicherheitsdienstes der AEG. Inoffiziell arbeitete er am Aufbau der Firmennetze in der Schweiz und in Holland mit, deren Infrastruktur 1940 ihre optimale Grösse fast erreicht hatte. Nur in der Schweiz sollte für die Abwicklung geheimer Transaktionen noch eine zusätzliche Firma unter die Kontrolle der Nazis gebracht werden. Zielobjekt war die Basler Filmgesellschaft Fofiag an der Freien Strasse 74. Laut Handelsregister fungierte bei der 1935 gegründeten Firma Fridolin Saladin als einziger Verwaltungsrat.

Doch auch im straff organisierten Nazi-Apparat gab es Pannen, wie ein Bericht des Reichssicherheitsauptamtes vom 6. März 1942 an den persönlichen Stab Heinrich Himmlers zeigt:

"SS-Hauptsturmführer Sanner (...) hat durch ausgesprochen betrügerische Machenschaften dem Amt VI gegenüber Geldbeträge veruntreut und unterschlagen oder im Sinne strafrechtlicher Untreue nicht ihrem Bestimmungszweck zugeführt, die ihm zu nachrichtendienstlichen Zwecken in Devisen anvertraut waren."

Für die Übernahme der Tofiag hatte Sanner 26.000 Dollar, also über 100.000 Schweizer Franken erhalten. Die Gelder stammten hauptsächlich aus Vermögen von Juden, die man ausgeraubt hatte. "S. hat (S.225)

hier gemeinsam mit (...) Julius einen erheblichen Teil dieser Gelder zu persönlichen Bereicherungen, wie zur Anschaffung von Wäsche, Anzügen, Wertgegenständen, wie z.B. goldene Uhren für sich und Julius, verwendet." Die Einkaufstour der beiden war aber nur ein Vorgeschmack. Sanner wollte sich im grossen Stil an der SS-Kasse vergreifen und das ganze Netz der Tarngesellschaften übernehmen, wie ein entsprechender Bericht belegt.

"Der nicht mehr zur Ausführung gekommene Plan zum Ankauf von Sommervillen am Züricher See für sich und Julius in Verbindung mit dem Geständnis des Sanner zeigt hierbei weiterhin Absicht und Ziel auf: letzten Endes auf Kosten des Amtes möglichst viel Kapitalien nach der Schweiz zu bringen, um dort durch weiteren Ausbau des Filmunternehmens Tofiag in erster Linie sich selbst, Julius und auch SS-Sturmbannführer Naujocks eine Existenzgrundlage für die Zukunft zu schaffen, da auch nach den Angaben des Naujocks geplant war, alle derartigen Unternehmen eines Tages ohne Abschlagszahlung vom SD [NS-Sicherheitsdienst] zu lösen und persönlich privat zu übernehmen", hiess es im streng vertraulichen Papier an Himmler. Sanner wurde für fünf Jahre ins KZ geschickt.


[Die schweizer Hilfe für die Flucht der Nazi-Grössen und eines beträchtlichen Teils des Nazi-Geldes nach Süd-"Amerika"]
[Diese Nazi-Vermögen gehören eigentlich der deutschen Bevölkerung].

Die Affäre Sanner liefert einen weiteren Beweis dafür, wie wichtig die Schweiz im finanztechnischen Kalkül der Nazis war. Durchzogen mit SS-Firmen, Tarngesellschaften und Geheimkonten von Nazi-Bonzen war das neutrale Land der ideale Ort, um in aller Ruhe verdeckte Transaktionen durchzuführen [wofür es immer wieder willige, schweizer Helfer gab, vor allem von Seiten der SVP]. Daran änderte auch der sich abzeichnende Untergang des Dritten Reiches nichts. Im Gegenteil, ab 1944 waren die Nazis mehr denn je auf ihr Netz angewiesen. Über den schweizer Finanzplatz konnten sie grosse Teile ihrer Vermögen vor den Alliierten retten [und schweizer Anwälte und die Fremdenpolizei unter Rothmund taten alles, um Personen und Nazi-Gelder nach Süd-"Amerika" zu ermöglichen]. Ein Weg war der Bezug von Bargeld.

[Vermögen "in Noten" beziehen und mit einem Botenüberbringen - in den Balkan, oder bis nach Argentinien]

Ende November 1944 gab der Chef der Eidgenössischen Bundespolizei der Nationalbank "vertraulich davon Kenntnis", dass verschiedene Deutsche im Ausland durch das Auswärtige Amt in Berlin die Weisung bekommen hätten, ihre Guthaben in der Schweiz in Noten abzugeben, um sie so gegebenenfalls einer Blockierung der deutschen Guthaben zu entziehen. Die Nationalbank hatte bereits vorher festgestellt, dass versucht worden war, beispielsweise vom Balkan her "schweizerische Guthaben in Noten zu beziehen". Solche Versandaufträge waren für die schweizer Banken nichts Ungewöhnliches. Während der (S.226)

gesamten Zeit des Krieges verschicken sie per Post jeden Monat mehrere hunderttausend Franken in bar in deutsch beherrschte Länder. Zwar reduzierten Institute wie die Bankgesellschaft (SBG, heute UBS AG] oder der Bankverein ]heute der führende Teil der UBS AG] in der Endphase des Krieges ihre Lieferungen stark, doch ging der Versandhandel bei der SKA [heute CS] und der Nationalbank ungebremst weitere. Laut einer internen Statistik der Nationalbank wurden im November 1944 total 363.790 Schweizer Franken in bar ins Ausland verschickt. Davon lieferte allein die SKA 125.000 Franken nach Deutschland und 110.000 Franken nach Ungarn. Die Nationalbank schickte 115.000 Franken nach Deutschland.

Die verhältnismässig kleinen Beträge der verschickten Noten zeigen jedoch, dass die Bargeldlieferungen in den Kapitalverschiebungen der Deutschen eine eher unbedeutende Rolle spielten. Laut den Alliierten floss das Gros der Gelder auf andere Weise durch helvetische Kanäle. 1944 kam deshalb die Schweiz in der angelsächsischen Presse massiv unter Beschuss. Immer wieder meldeten amerikanische und englische Medien, dass Nazi-Bonzen ihre Vermögen mit Hilfe der Schweizer in Sicherheit brachten. So sollen diplomatische Kuriere die Nazi-Gelder unter anderem nach Argentinien verschoben haben. Auch Schweizer Zeitungen griffen die geheimen Transaktionen auf. Als beispielsweise der "Démocrate" am 17. Juli deutsche Goldverschiebungen und Fluchtgelder zur Schlagzeile machte, sah sich sogar die Nationalbank veranlasst, nachzufragen. Man beschloss, "der Schweizerischen Bankiervereinigung nahezulegen, bei den Banken Umfrage zu halten, um zu erfahren, ob tatsächlich solche Geldverschiebungen stattgefunden habe."

Weil jedoch auch das Eidgenössische Politische Departement [EPD, Schweizer Aussenministerium] von der Bankiervereinigung erfahren wollte, welche Banken "mit dem Ersuchen um Begünstigung solcher Kapitalverschiebungen" konfrontiert worden waren, wurde die Anfrage der Nationalbank fallengelassen. Das EPD, das diese Transaktionen für "wenig wahrscheinlich"  hielt, schaltete auch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement ein. Es sollte vom "Démocrate"-Journalisten "näheren Aufschluss über die ihm zur Verfügung stehenden realen Unterlagen" verlangen.


[Schweizer als Mehrheitsaktionär für deutsche Scheinfirma gesucht - und deutsche Fluchtgeldaktionen]

[Der gesuchte, schweizer Mehrheitsaktionär]

Das EPD bekam aber auch aus den eigenen Reihen laufend Hinweise. Den Behörden kam beispielsweise immer wieder zu Ohren, dass Deutsche ganz hektisch nach Schweizern suchten, um sie in ihren Aktiengesellschaften als Mehrheitsaktionäre einzusetzen und damit (S.227)

den deutschen Besitz zu verschleiern. Zudem hörten die diplomatischen Vertretungen des öftern von Fluchtgeldaktionen.

[Die Fluchtgeldaktion von Heine und Delius aus Wien darf nicht stattfinden - wegen Einreiseverweigerung]

So meldete das schweizer Generalkonsulat in Wien am 21. Dezember 1944, "dass die Herren Erich Heine und Dr. Delius vom Spionageabwehrdienst in Wien, Oberregierungsrat Hoffeller und Herr Bucher vom Sicherheitsdienst sowie die Direktoren Storm und Stelzmüller von der Intercontinentale um Einreisevisa in die Schweiz ansuchen werden." Laut dem Informanten des schweizer Konsuls beabsichtigte die illustre Gruppe, "grössere Beträge in Gold und ausländischen Währungen, die auf unrechtmässige Art erworben sein solle, ins neutrale Ausland zu verbringen". Kurze Zeit später stellten die genannten Personen tatsächlich ein Einreisegesuch. Die Anträge von Stelzmüller und Hoffeller wurden abgelehnt.

[Das schweizerische Aussenministerium wertet Berichte über NS-Fluchtgeldaktionen als "Schauermärchen" -die Grossbanken wollen nichts wissen]

Was mit den übrigen Personen passierte ist unklar. Jedenfalls sorgten solche Vorfälle und Meldungen für keine Unruhe im EPD. Die Fluchtgeldtransaktionen der Nazis galten als "Schauermärchen der Alliierten". Zudem behaupteten die Banken, von nichts zu wissen. Die Nationalbank gab intern noch im Februar 1945 Entwarnung. "Das I. Departement hat im übrigen inzwischen bereits Veranlassung genommen, wegen der behaupteten Kapitalverschiebungen mit Vertretern von drei Grossbanken Rücksprache zu nehmen. Das Resultat war vollständig negativ, indem von den befragten drei Banken übereinstimmend erklärt wurde, dass ihnen von solchen Schiebungen nichts bekannt sei", heisst es im SNB-Direktionsprotokoll vom 2. Februar 1945. Eine erstaunliche Naivität: Zumindest Generaldirektor Alfred Hirs wusste, dass die Wirklichkeit anders aussah.
[Hinsichtlich des Drucks der"USA" auf die Schweiz war das Verschweigen der Fluchtgeldaktionen verständlich, da die Generaldirektionen der grossen schweizer Banken mit allen möglichen Nazi-Geschenken geschmiert waren. Moralisch war das Schweigen der schweizer Banken katastrophal, weil das NS-Fluchtgeld dem deutschen Volk gehörte und bis heute eigentlich Deutschland gehört. Die schweizer Bankiers halfen also mit, die deutsche Bevölkerung weiter zu verarmen. Ausserdem haben viele Nazi-Grössen den Weg über die Schweiz gewählt, um nach Süd-"Amerika" auszuwandern.Die Nazi-Grössen jeweils festzunehmen und den Alliierten zu übergeben waren die "neutralen" schweizer Behörden mit der Fremdenpolizei unter Rothmund scheinbar "einfach nicht imstande". Scheinbar war die Bestechung einfach zu gross...]

[Der Fall Schöni: Fluchtgeld 3.450.000 Franken -Provision für Schöni: 69.000 Franken]

Bereits vier Monate zuvor gab es im eigenen Haus einen Fall, über den er seine Kollegen allerdings erst drei Tag nach Kriegsende informierte. "Das III. Departement teilt folgendes mit: Gemäss telegraphischem Auftrag der deutschen Reichsbank vom 24. Oktober 1944 hat die Nationalbank einen Betrag von Fr. 3.450.000.- Herrn Rechtsanwalt Fritz Schöni, in Zurich, zur Verfügung gestellt", heisst es im Protokoll No. 572 vom 11. Mai 1945. Im Herbst 1944 war aber sogar Hirs vorsichtig geworden. Schöni wurde damals mitgeteilt, dass die Nationalbank keine Konten für Privatpersonen führe. Der Anwalt, dem laut eigenen Aussagen ein Betrag von 69.000 Franken zustand, liess daraufhin 19.000 Franken an die Volksbank überweisen. [Die Schweizerische Volksbank SVB war eine Tochter der SBG / UBS und wurde 1993 von der SKA/CS übernommen]. Die Nationalbank buchte die restlichen 3.431.000 Franken auf das Konto der Reichsbank (S.228)

bei der SNB [Schweizerische Nationalbank] zurück. Dabei vergassen die Schweizer nicht, den deutschen Kollegen Tips zu geben, wie sich solche Transaktionen dennoch durch führen liessen. "Am 19. Dezember wurde der Reichsbank telegraphiert, dass der Nationalbank Auszahlungen dieses Ausmasses an Privatpersonen nicht genehm seien und dass sie deshalb bitte, den Betrag in eine Banküberweisung zu kleiden.!


[Kontenfunde nach der Sperrung deutscher Konten in der Schweiz: Franz von Papens - Hjalmar Schacht - Walter Funk - Ribbentrop - Goebbels]

[Das Konto von Franz von Papen bei der SKA / CS]

Spätestens die Untersuchungen der durch die Currie-Verhandlungen gesperrten deutschen Guthaben gaben wenige Monte danach erste bescheidene Aufschlüsse über die Frage, wie und worin die Deutschen ihre Beträge "kleideten". Die Unschuldsbeteuerungen der Banken wurden als Falschaussagen entlarvt. Unter den gesperrten Vermögen in der offiziellen Höhe von rund einer Milliarde Franken fand die Schweizerische Verrechnungsstelle unter anderem Gelder von mehreren prominenten Mitgliedern des NS-Regimes. Bei der Schweizerischen Kreditanstalt in Zürich [SKA, heute CS] tauchte das Depot des ehemaligen Vizekanzlers Franz von Papen auf. Von Papen, der zuletzt deutscher Botschafter in der Türkei war, hatte über 1,1 Millionen Franken in die Schweiz verschoben. Das auf seinen Namen deponierte Vermögen bestand aus einem Konto-Korrent von 120.852 Franken, aus fünf versiegelten Couverts mit je 50.000 Dollar in bar und einem plombierten Sack mit holländischen Goldmünzen im Wert von 121.761,25 Franken. Im Zusammenhang mit diesem Fall mussten die schweizer Behörden auch zur Kenntnis nehmen, mit welcher Selbstverständlichkeit Grossbanken wie die SKA während des Krieges mit Nazi-Grössen verkehrt hatten [als Gegenleistung für Arisierungsgeschenke]. In einem "streng vertraulichen" Brief teilte das EPD [Aussenministerium der Schweiz] der Verrechnungsstelle am 26. März 946 mit:

"Die Schweizerische Gesandtschaft in Ankara hat von der türkischen Post, vermutlich irrtümlicherweise, einen Flugpostbrief zugestellt erhalten, den die Schweizerische Kreditanstalt [SKA], Zürich, am 9. November 1944 an den damaligen deutschen Botschafter von Papen gerichtet hat. (...) Aufgrund der uns zugestellten Photokopien des Briefumschlages ist festzustellen, dass das Schreiben von den britischen Behörden zensuriert und über ein Jahr zurückbehalten worden ist."

Im Brief der SKA war seiner "Excellenz" wie jedes Jahr die Depotgebühr mitgeteilt worden. Für das schweizer Geldversteck hatte Papen 1944 exakt 1196,10 Franken hinblättern müssen.

[Konto von Hjalmar Schacht teilweise bei der SKA / CS]

Auch Hjalmar Schacht, der ehemalige Präsident der Reichsbank (S.229),
hatte 50.000 Franken in der Schweiz gelagert, davon einen Teil bei der Kreditanstalt. Die Entdeckung der Schacht-Gelder war purer Zufall. Die schweizer Bundesanwaltschaft hatte der Verrechnungsstelle den Tip gegeben, den chinesischen Konsul Hans Klein genauer unter die Lupe zu nehmen. Der deutsch-chinesische Doppelbürger wurde verdächtigt, in Verschiebungen von Nazi-Geldern verwickelt zu sein. "Anlässlich von Erhebungen (...) sind unsere Beamten bei einer bei der Schweizerischen Kreditanstalt Luzern vorgenommenen Safekontrolle u.a. auch auf ein versiegeltes, Dr. Hjalmar Schacht gehörendes Paket gestossen, das sich im Schrankfach von Klein bzw. seiner Ehefrau, Elly Klein geb. von Gerhardt, befand. Die Öffnung des Paketes ergab, dass dasselbe neben verschiedenen Korrespondenzen auch 27.000 Franken in schweizer Banknoten enthielt", meldete die Verrechnungsstelle dem EPD [schweizer Aussenministerium] am 3. Juni 1946.

[Das Konto von Reichswirtschaftsminister Walther Funk beider ZKB - der Informant nimmt sich das Leben]

Schachts Nachfolger, Reichswirtschaftsminister Walther Funk, unterhielt ebenfalls private Bankbeziehungen in die Schweinz. Der Reichsbankpräsident, der im Gegensatz zu Schacht und von Papen im Nürnberger Prozess zu einer lebenslänglichen Gefängnisstrafe verurteilt wurde, besass ein Konto bei der Zürcher Kantonalbank. Laut Informationen der Alliierten und des ehemaligen schweizer Bankdirektors Hugo Moritz soll ein Direktor der Dresdner Bank für Funk "Millionenbeträge" nach Zurich geschafft haben. Die ZKB verweigerte zuerst jede Auskunft. Erst nach erheblichem Druck durch die Verrechnungsstelle bestätigt die Bank immerhin die Existenz einer entsprechenden Geschäftsbeziehung. Informant Hugo Moritz, der im Zusammenhang mit der Funk-Affäre in ein Verfahren verwickelt wurde, nahm sich kurz darauf mit Zyankali [Blausäurekapsel] das Leben.

[Aussenminister Ribbentrop und PropagandaministerGoebbels mit Konto in der Schweiz bei der Privatbank Wehrli & Co. - und Geldtransfers nach Argentinien zum Atlántico]

Hitlers Aussenminister Joachim von Ribbentrop war der vierte Prominente, dessen Bankverbindungen nach dem Krieg aufgedeckt wurde. Im Gegensatz zu seinen Kollegen hatte er sich die kleine Privatbank Johann Wehrli& Co. ausgesucht. Die ausgesprochen nazifreundliche Zürcher Bank war während des Krieges nicht nur auf die Konstruktion von Tarngesellschaften spezialisiert. Wehrli wickelte für Ribbentrop jahrelang Vermögensverschiebungen ab, die oft in Argentinien endeten. [All diese Nazi-Fluchtgelder gehören eigentlich der deutschen Bevölkerung!!!] Im Gegensatz zu von Papen und Schacht benutzte Ribbentrop bei diesen Verschiebungen nicht seinen eigenen Namen. Wehrli soll laut Informationen der Alliierten die Vermögen in der Höhe von mehreren (S.230)

Millionen unter dem falschen Namen Pedro Rodriguez Panchino bei dem Banco Alemán Transatlántico (BAT), einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bank (DB), deponiert haben. Die Gelder von Propagandaminister Joseph Goebbels sollen denselben Weg genommen haben.


[Der Banco Alemán Transatlántico (BAT) in Argentinien - direkte Verbindungen zur SKA / CS in Zürich]

Dass erhebliche Summen von Nazi-Grössen via Schweiz unter falschem Namen im BAT gelandet sind oder zumindest landen sollten, ist höchstwahrscheinlich. Einerseits wurde Argentinien nach dem Krieg zum bevorzugten Asylland für Nazis [wie auch für Juden, die sich dort mit den Nazis wieder trafen]. Andererseits unterhielten beinahe alle prominenten schweizer Banken enge Kontakte zum BAT; sie besassen dort entsprechend Konten. Im Gegenzug hatte der BAT Konten in der Schweiz, so bei der SKA Zürich. BAT-Direktor Leopoldo Lewin unterhielt zudem bei der Schweizerischen Bankgesellschaft in Zürich ein privates Depot mit 11.000 Aktien der Compania Huanchaca de Bolivia. Das bestätigte am 23. November 1945 auch die Verrechnungsstelle gegenüber dem EPD [schweizer Aussenministerium]:

"Dem Schreiben des Banco Alemán Transatlántico, Buenos Aires vom 23. Dezember 1941 an die Schweizerische Bankgesellschaft [heute UBS AG] in Zürich ist zu entnehmen, dass die Aktien im Jahre 1937 durch diese Bank für Rechnung von Herrn Lewin persönlich gekauft worden sind und dass sie Ende 1941 auf ein direktes Depot dieses chilenischen Staatsangehörigen übertragen wurden." Trotz massiver Proteste der alliierten sperrten die Schweizer Lewins Depot nicht.

Um die Kontakte zwischen der Schweiz und Argentinien kümmerte sich jedoch nicht Lewin, sondern seine prominenten Vorgesetzten. Neben dem mächtigen Nazi-Bankier Hermann J. Abs, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank und Aufsichtsratsvorsitzender des BAT, zog vor allem DB-Geschäftsführer Alfred Kurzmeyer hinter den Kulissen die Fäden. Kurzmeyer war in der Auslandsabteilung tätig und besass beste Beziehungen zu schweizer Chefetagen. 1943 liess er sich sogar einbürgern und operierte danach mit dem Status eines Neutralen - für Kapitalverschiebungen eine optimale Voraussetzung.


[Der Banco Germánico de la América del Sud - ebenfalls in Argentinien]
[Bei diesem Namen "BancoGermánico de la América del Sud" wurde scheinbar bei derÜbersetzung geschlampt, denn korrekt müsste es "BancoGermánico del América del Sur" heissen. Als dieser Fehlerbemerkt wurde, war der Titel aber scheinbar schon imHandelsregister eingetragen].

Neben dem BAT hatte das Reich noch eine zweite Bank in Argentinien. Der Banco Germánico de la América del Sud oder Deutsche Südamerikanische Bank (DSB), eine Tochter der Dresdner Bank, war zwar deutlich kleiner, aber für die Schweizer ebenfalls Interessant.

Den erdrückenden Beweis für die äusserst engen Bankverbindungen mit den strategisch entscheidenden Bankfilialen des Reichs liefern Akten der Bankiervereinigung. Diese reagierte im Juli 1945 auf (S.231)

ein Schreiben des EPD [schweizer Aussenministerium], worin mitgeteilt wurde, dass das argentinische Finanzministerium die Beschlagnahme und öffentliche Versteigerung der aktiven und Passiven der beiden Institute plane. Die Bankiers hatten festgestellt, "dass eine Reihe von Wertsendungen, die von schweizer Banken im Verlaufe des Krieges an den Banco Germánico und den Banco Alemán Transatlántico aufgegeben worden sind, gegenwärtig von den englischen Zensurbehörden auf den Bermudas noch zurückgehalten werden. Es wäre uns (...) angenehm, wenn Sie sich durch Ihre diplomatischen Vertretungen über die Einzelheiten des gegenüber den beiden deutsch-argentinischen Bankinstituten geplanten Enteignugsverfahrens erkundigen wollten." Eine bis heute unbekannte schweizer Bank plante zeitweilig sogar die Übernahme der DSB.

Welche Rolle die Chefs und die argentinischen Ableger der deutschen Banken sowie die schweizer Institute in den Kapitalverschiebungen Ende des Krieges spielten, konnte die Verrechnungsstelle mindestens in einem Fall konkret zurückverfolgen. Dabei wurde schnell klar, wie perfekt die deutschen Netze funktionierten und wie breit sich die Nazis auf die Infrastruktur des schweizer Finanzplatzes - inklusive Nationalbank . abstützen konnten.


[Die Schweizerische Bodenkreditanstalt (SBK) in Zürich mit Direktor Willy Schulthess - ein Hauptpunkt für deutsche NS-Fluchtkapitalien]

Ausgangspunkt war eine Durchleuchtung der Schweizerischen Bodenkreditanstalt (SBK) in Zürich. Die der Schweizerischen Kreditanstalt "nahestehende" Bank galt als eines der wichtigsten Zahnräder in der deutschen Fluchtgeldmaschine. SBK-Direktor Willy Schulthess liess "Kapitalien in erheblichem Umfange in die Schweinz verschieben, und zwar von Persönlichkeiten, die im Nazi-Regime eine bedeutende Rolle spielten oder diesem zum mindesten nahe standen", schrieb die Verrechnungsstelle. Schulthess unterhielt Kontakte zu Wilhelm Frick, dem Anwalt des deutschen Generalkonsulates in Zürich, und zu Mitgliedern des persönlichen Stabes von Göring. Daneben verkehrte er regelmässig mit prominenten deutschen Privatbankiers sowie einflussreichen Persönlichkeiten deutscher Konzerne.

Schulthess und Frick waren aufgrund eines Lecks bei der Verrechnungsstelle im Voraus über die im Herbst 1945 angelaufene Untersuchung informiert. Neben deutschen Vermögen, die unter den Namen der schweizer Strohmänner deponiert waren, entdeckten die Beamten dennoch insbesondere Geschäftskontakte von Schulthess zu Rudolf Siedersleben. Der Mitinhaber des Otto-Wolff-Konzerns hatte während (S.232)

des Krieges auch via SBK den Juden gestohlene Wertpapiere in der Schweiz abgesetzt und die Erlöse regelmässig an die Genfer Firma Rodopia überweise. Die Fahnder der Verrechnungsstelle entdeckten sogar "eine Operation, mit der sich die Bodenkreditanstalt zwar befasst, in ihren Büchern aber nicht festgehalten hat", schrieben sie in ihrem Revisionsbericht vom 1. Februar 1946.

[1944: Eine Zahlung der Firma Otto Wolff - die"Kanäle" wurden gewechselt]

Die Firma Otto Wolff hatte der Direktion der SBK [Schweizerische Bodenkreditanstalt] im Juli 1944 mitgeteilt, dass demnächst "namhafte Einzahlungen" auf ihr Konto eingehen würden. "In der Folge hielt die Schweizerische Nationalbank der Bodenkreditanstalt eine Summe von Fr. 11.058.957.- zur Verfügung, die ihr im Auftrag des Instituto Español de Moneda Extranjera, Madrid, in 3 verschiedenen Teilbeträgen zugeflossen war." Die Verantwortlichen der SBK lehnten die Annahme dieser Gelder am 10. August 1944 jedoch ab. Angeblich war die Überweisung ohne ihr Einverständnis erfolgt. Zudem behaupteten sie nach dem Krieg, man habe die Transaktion aufgrund einer Warnung der Schweizerischen Bankiervereinigung abgelehnt. Vermutlich eine Ausrede, denn die streng vertraulichen Verhaltensregeln gegenüber deutschen Fluchtgeldern waren von der Bankiervereinigung erst am 19. September 1944 an ihre Mitglieder verteilt worden.

Tatsächlich hatte Wolff die Kanäle gewechselt. "Nachdem wir vermuteten, dass der vorerwähnte Betrag trotzdem nach der Schweiz vergütet wurde, und in der Annahme, dass es sich hier um deutsche Fluchtkapitalien handelt, setzten wir uns (...) mit der Schweizerischen Nationalbank in Verbindung, wo wir feststellen konnten, dass der Betrag von Fr. 11.058.957.- in den letzten Tagen des Monats August 1944 in 6 verschiedenen Teilbeträgen dem Konto des Spanischen Clearing-Institutes belastet wurde und dass Fr. 5.586.319.- an die Schweizerische Kreditanstalt in Zürich und Fr. 5.472.638.- an die Schweizerische Bankgesellschaft in Zürich überwiesen wurden", hiess es im Bericht der Verrechnungsstelle. Die SKA hatte die über 5,5 Millionen Franken auf das Konto des Banco Alemán Transatlántico gebucht.

[1944: Eine Auszahlung der SKA von 5,2 Millionen Franken an Hermann Abs von der Deutschen Bank - um einerSperre deutscher Guthaben zuvorzukommen]

[1944 ist Hermann Abs ist
Vorstandsmitglied der Deutschen Bank und Aufsichtsratsvorsitzender des BAT, siehe oben].

Am 29. September 1944 kam die deutsche Bankenprominenz gleich persönlich bei der SKA vorbei. Hermann Abs liess sich vom BAT-Konto 5,2 Millionen Franken in bar auszahlen. Fast der gesamte Rest des Kontos wurde nach Argentinien verschoben. Allerdings ahnten die Deutschen bereits, dass die dortige BAT-Filiale kein sicherer Ort mehr war. Die SKA überwies daher (S.233)

250.000 Franken an die Zentralbank in Buenos Aires. Der Transfer diente zum Kauf argentinischer Pesos.

Von dem bei der Schweizerischen Bankgesellschaft lagernden Vermögen gingen rund drei Millionen an die SKA[Schweizerische Kreditanstalt, heute CS], die sie in Tranchen auf Konten in Portugal, Spanien und auf das Reichsbankkonto bei der Nationalbank verteilte. Knapp 1,7Millionen Franken überwies die SBG [heute UBS AG] direkt der SNB zugunsten des Reichsbankdirektoriums. Um den Rest kümmerte sich der Auslandschef der Deutschen Bank. Hermann Abs hob in der Schalterhalle der SBG 835.750 Franken in bar ab.

Die Geldtransporte des einflussreichen Bankiers des Dritten Reiches interessierten auch die Verrechnungsstelle. "Was die Barabhebungen von Direktor Abs bei der Schweizerischen Bankgesellschaft und der Schweizerischen Kreditanstalt anbelangt im Gesamtbetrag von rund 6 Millionen Fr., so können wir (...) mitteilen,dass uns Herr Dir. Kurzmeyer von der Deutsch-Überseeischen Bank (BAT, d. Verf.) Quittungen vorgewiesen hat, wonach er eine Summe von Fr. 4.700.000.- am 23.1.45 dem deutschen Generalkonsulat in Zürich übergeben hat, das ihm bestätigte, dass der gesamte Betrag in der Schweiz verbleibt und dazu bestimmt war, Verpflichtungen zu erfüllen, die deutscherseits gegenüber schweizerischen Firmen eingegangen worden sind. Die restlichen 1,3Millionen habe er in einem seiner Safes bei der Schweizerischen Kreditanstalt [heute CS] deponiert."

Der deutsche Bankier mit schweizer Pass verstand es, die eidgenössischen Beamten um den Finger zu wickeln. Dass es bei den Barabhebungen in erster Linie darum gegangen sein könnte, einer allfälligen Sperre deutscher Guthaben zuvorzukommen, kam den Schweizern nicht in den Sinn. Auf den Zweck des 11-Millionen-.Geschäfts angesprochen, hatte Kurzmeyer sofort eine plausibel klingende Geschichte zur Hand. Es habe sich dabei um Vorauszahlungen deutscher Firmen für Wareneinkäufe in Spanien gehandelt, die zu folge der Verhältnisse in diesem Lande nicht mehr verwendet werden konnten. Sie seien daher in die Schweiz transferiert worden, meinte Kurzmeyer.
Das Beispiel der 11-Millionen-Transaktion beweist, wie willig die Schweizer den Deutschen ihre Dienstliestungen bis zum Schluss zur Verfügung stellten. Auch die massiven Vorwürfe der Alliierten, dass die helvetische Kollaboration selbst vor den Diplomaten nicht haltmache,bestätigten sich. Im Gepäck der diplomatischen Kuriere,die den Verkehr (S.234)

der Gesandtschaften mit der Heimat abwickelten, reisten immer wieder Fluchtkapitalien mit.> (S.235)


Quellen
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Seite 242 - Bericht von Krupp: Krupp plante, seine Stahlpatente in einer schweinzer (schweizer) Holding zu sichern 01: Verschleierte Besitzverhältnisse und prominente Verwaltungsräte: In Absprache mit dem Reichswirtschaftsministerium plante der deutsche Rüstungskonzern Krupp die Auslagerung seiner Stahlpatente in eine schweinzer (schweizer) Holding.  Seite 243: - Bericht von Krupp: Krupp plante, seine Stahlpatente in einer schweinzer (schweizer) Holding zu sichern 02: Verschleierte Besitzverhältnisse und prominente Verwaltungsräte: In Absprache mit dem Reichswirtschaftsministerium plante der deutsche Rüstungskonzern Krupp die Auslagerung seiner Stahlpatente in eine schweinzer (schweizer) Holding.
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Verschleierte Besitzverhältnisse und prominente Verwaltungsräte: In Absprache mit dem Reichswirtschaftsministerium plante der deutsche Rüstungskonzern Krupp die Auslagerung seiner Stahlpatente in eine schweinzer (schweizer) Holding.

Seite 244: Die deutsche Firma Bemberg tarnt ihre "US"-Tochter in der Schweinz (Schweiz) als "schweizer" Firma 
Seite 245: Ribbentrop und Schacht mit Konten in der Schweinz (Schweiz): Seite 245a: Auch Reichsaussenminister Joachim von Ribbentrop liess seine Finanzgeschäfte über die Wehrli-Bank abwickeln. Seite 245b: Der ehemalige Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht hatte bei der Schweinzerischen (Schweizerischen) Kreditanstalt in Luzern 27.000 Schweinzer (Schweizer) Franken deponiert.
Seite 244: Die deutsche Firma Bemberg tarnt ihre "US"-Tochter in der Schweinz (Schweiz) über die Bank Wehrli in Zureich (Zürich) als "schweizer" Firma: "Geheimvertrag": Mit Hilfe der Zürcher Bank Johann Wehrli & Co. tarnte die deutsche Firma Bemberg ihre amerikanische Tochter als schweizer Besitz.
 
Seite 245: Ribbentrop und Schacht mit Konten in der Schweinz (Schweiz):
Seite 245a: Auch Reichsaussenminister Joachim von Ribbentrop liess seine Finanzgeschäfte über die Wehrli-Bank abwickeln.
Seite 245b: Der ehemalige Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht hatte bei der Schweinzerischen (Schweizerischen) Kreditanstalt in Luzern 27.000 Schweinzer (Schweizer) Franken deponiert.

Seite 248: Dokument von 1945: Die Schweinzer Nationalbank verweigert im Mai 1945 einem Anwalt Schöni eine grosse Barauszahlung: "In eine Banküberweisung zu kleiden": Die Schweinzerische (Schweizerische) Nationalbank gab der Reichsbank noch im Herbst 1944 Ratschläge für die Abwicklung einer dubiosen Kapitalverschiebung.
Seite 248: Dokument von 1945: Die Schweinzer Nationalbank verweigert im Mai 1945 einem Anwalt Schöni eine grosse Barauszahlung: "In eine Banküberweisung zu kleiden": Die Schweinzerische (Schweizerische) Nationalbank gab der Reichsbank noch im Herbst 1944 Ratschläge für die Abwicklung einer dubiosen Kapitalverschiebung. 

Seite 246: Bericht der Schweinzerischen (Schweizerischen) Verrechnungsstelle von 1946 über das Vermögen von Franz von Papen bei der Schweinzerischen (Schweizerischen) Kreditanstalt (SKA)  Seite 247: Franz von Papen 1934: Franz von Papen mit seiner Frau Martha und Adolf Hitler im Jahr 1934: Der Reichs-Vizekanzler und spätere Botschafter in der Türkei besass bei der Schweinzerischen (Schweizerischen) Kreditanstalt in Zureich (Zürich) ein Vermögen von über 1,1 Millionen Schweinzer (Schweizer) Franken.
Seite 246: Bericht der Schweinzerischen (Schweizerischen) Verrechnungsstelle von 1946 über das Vermögen von Franz von Papen bei der Schweinzerischen (Schweizerischen) Kreditanstalt (SKA)

Seite 247: Franz von Papen 1934: Franz von Papen mit seiner Frau Martha und Adolf Hitler im Jahr 1934: Der Reichs-Vizekanzler und spätere Botschafter in der Türkei besass bei der Schweinzerischen (Schweizerischen) Kreditanstalt in Zureich (Zürich) ein Vermögen von über 1,1 Millionen Schweinzer (Schweizer) Franken.





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